Was bedeutet der Corona-Anstieg für den Festival-Sommer?
Saar-Virologe Jürgen Rissland sieht keinen Grund für eine Absage geplanter Veranstaltungen. Dennoch empfiehlt er eine einfache Vorsichtsmaßnahme.
SAARBRÜCKEN Nach zwei Jahren Zwangs-Pause wegen Corona feierten rund 90 000 Besucher am Pfingstwochenende beim großen Festival „Rock am Ring“am Nürburgring. Auch wenn ein FestivalSprecher auf SZ-Anfrage mitteilte, dass „über ein auffällig erhöhtes Infektionsgeschehen“bei Rock am Ring „nichts bekannt“sei, häufen sich in den sozialen Netzwerken Berichte über positive Fälle bei den Festivalrückkehrern. Auch im Saarland ist die Positivrate in der Altersklasse 20 bis 34 Jahre in der Woche nach dem Festival im Vergleich zu der Vorwoche leicht angestiegen, von 25,0 auf 29,6 Prozent. Dennoch lassen diese Zahlen keine eindeutigen Rückschlüsse auf einzelne Veranstaltungen zu, denn auch in den Altersgruppen 60 bis 79 Jahre und 80 Jahre und älter hat die Zahl der Positivfälle im gleichen Zeitraum zugenommen. Laut RKI liegt die Sieben-Tage-Inzidenz im Saarland derzeit bei 530,5 – Tendenz steigend.
Wird sich diese Entwicklung in den kommenden Wochen fortsetzen oder sich gar durch große Zusammenkünfte beschleunigen? Denn immerhin stehen im Saarland die großen Veranstaltungen erst bevor. Veranstalter Thilo Ziegler blickt dennoch optimistisch auf die kommende Auflage von Saarlands größtem Festival „Rocco del Schlacko“, das nach der CoronaZwangspause im August stattfindet. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Open-Air-Events zu Corona-Hotspots werden“, sagt er. Dort seien die Bedingungen vergleichbar mit einem Fußballspiel. „Das Länderspiel Deutschland-England wurde zum Beispiel auch nicht zum Corona-Cluster“, sagt Ziegler. Dass sich besonders viele Menschen bei den Konzerten von „Rock am Ring“angesteckt hätten, halte er für eher subjektiv. „In den vergangenen Wochen hat nicht nur ‚Rock am Ring‘ stattgefunden, sondern es laufen deutschlandweit Veranstaltungen, auch in Innenräumen, die Leute feiern wieder in den Diskos“, erklärt Ziegler. Der Veranstalter geht nicht davon aus, dass sich die Besucher abschrecken lassen oder dass sich die Corona-Lage so sehr verschlechtert, dass Festivals abgesagt werden müssen.
Auch der Homburger Virologe Jürgen Rissland sieht zum jetzigen
Zeitpunkt keinen Grund für eine Absage solcher Veranstaltungen. Nichtsdestotrotz warnt er davor, die Entwicklung der Pandemie auf die leichte Schulter zu nehmen. „Der Infektionsdruck ist nach wie vor hoch“, sagt er der SZ. „Wir erleben derzeit einen Wiederanstieg der Zahlen, der verschiedene Gründe hat. Zum einen die ansteckendere Omikron-Subvariante BA.5 und zum anderen die Vorsichtsmaßnahmen, die weniger konsequent eingehalten werden.“Laut Modellierungen könnte im Laufe des Sommers eine vierstellige Inzidenz erreicht werden, was dann eine schwierigere Ausgangslage für den Herbst bedeuten würde. Es sei aber keine automatische Entwicklung. „Wenn jeder im Alltag zum Selbst- und Fremdschutz vorsichtig handelt, kann der Anstieg der Fallzahlen auch gebremst werden“, so Rissland. Eine simple und effiziente Maßnahme sei zum Beispiel, eine Maske zu tragen, wenn man sich länger, auch draußen, in einer großen Menschenmenge aufhält. „Je mehr Menschen sich an solchen Vorsichtsmaßnahmen beteiligen, desto mehr können alle den Sommer genießen“, sagt der Virologe.