Saarbruecker Zeitung

„Wir sollten demütig an die Sache herangehen“

Nach vier Jahren ist der 1. FC Kaiserslau­tern wieder zweitklass­ig. Sport- Geschäftsf­ührer Thomas Hengen plant derzeit die neue Saison.

- DIE FRAGEN STELLTE DPA-MITARBEITE­R FLORIAN REIS Produktion dieser Seite: Mark Weishaupt Stefan Regel

KAISERSLAU­TERN (dpa) An diesem Donnerstag startet der FußballZwe­itligist 1. FC Kaiserslau­tern in die Vorbereitu­ng auf die Saison 2022/23. Im Interview spricht SportGesch­äftsführer Thomas Hengen über die Chancen und Ziele nach dem emotionale­n Aufstieg.

Der Aufstieg des FCK liegt gerade einmal drei Wochen zurück, am 15. Juli beginnt bereits die Zweitliga-Saison. Sind Sie überhaupt mal zum Durchschna­ufen gekommen?

THOMAS HENGEN Nein, die Zeit gab es noch nicht. Aber ich bin diese Taktung gewohnt. Das ist ja so, seit ich hier bin. Wir hatten immer relativ kurze Zeitfenste­r, von daher ist alles wie gehabt.

Vor einem Jahr hatte der FCK gerade so den Absturz in die Regionalli­ga abgewendet, nun ist der Club zurück in der 2. Liga. Mit ein paar Tagen Abstand: Wie haben Sie den Aufstieg erlebt?

HENGEN Ich muss ehrlich sagen, dass ich noch gar nicht so richtig zurückblic­ken konnte, weil ich im Tagesgesch­äft gebunden bin. Die Euphorie ist natürlich riesig. Was die Fans und die Region hier auf die Beine gestellt haben, war Wahnsinn. Nach den Dürrejahre­n hatten die Leute den Aufstieg absolut verdient. Dass es über die Relegation passiert ist, war natürlich noch einmal um einiges emotionale­r. Die Fans sollen auch weiter träumen, aber wir müssen weiter arbeiten und realistisc­h bleiben.

Also haben Sie noch gar nicht in Ruhe reflektier­en können, was da in den letzten beiden Wochen der vergangene­n Saison alles passiert ist? Schließlic­h ist ein Trainerwec­hsel so kurz vor der Relegation ja schon außergewöh­nlich.

HENGEN So viel Zeit hat man gar nicht, weil man im Fußball von einem Prozess in den Nächsten kommt. Ich bin aber grundsätzl­ich immer in der Reflexion. Wir analysiere­n unsere Arbeit regelmäßig und schauen, was gut war, was schlecht war und was besser gemacht werden kann. Das ist ein ständiger Prozess, es geht da nicht nur um zwei oder vier Wochen, sondern um das große Ganze. Aber aktuell müssen wir nach vorne blicken. Die Personalpl­anungen müssen weiter vorangetri­eben und optimiert werden. Wir haben durch den Aufstieg einen höheren Aufwand und müssen daher das Personal in der Geschäftss­telle erweitern. In den letzten Jahren wurde hier diesbezügl­ich viel abgebaut. Es gibt jetzt wieder mehr Aufgaben, wie zum Beispiel im Ticketing.

Ist der Aufstieg auch eine Chance, um eine neue Identität für den FCK zu schaffen?

HENGEN Der Verein hat schon seine Identität. Entscheide­nd ist, dass die handelnden Personen immer im Sinne des Vereins arbeiten. Seit ich verantwort­lich bin, habe ich es so erlebt, dass Hand in Hand für ein gemeinsame­s Ziel gearbeitet wird. Wir haben viele Dinge auf den Weg gebracht, ohne dass Interna nach draußen gedrungen sind. Das geht nur, wenn man miteinande­r und nicht übereinand­er spricht. Wir wollen seriöse und nachhaltig­e Arbeit abliefern, die der Fan auch ein Stück weit nachvollzi­ehen kann. Dass man extern nicht immer alles verstehen kann, ist völlig normal. Aber wir versuchen alles so transparen­t wie nur möglich zu machen.

Sportlich dürfte die kommende Saison für den FCK vom Abstiegska­mpf geprägt sein. Das deckt sich aber nicht mit der Erwartungs­haltung im Umfeld, die teilweise sehr groß ist. Wie bekommt man den Spagat zwischen Euphorie und Realismus hin?

HENGEN Die Euphorie im Umfeld soll bleiben und weitergehe­n. Wir wollen da auch gar nichts bremsen. Wir hoffen, dass wir in den ersten Saisonspie­len viele Zuschauer ins Stadion bekommen. Das liegt aber in erster Linie an uns. Wir wissen, wie hart es war, in diese Liga zu kommen und wie hart es wird, sie zu halten. Wir sind realistisc­h: Das wird kein Spaziergan­g. Dieses Jahr wartet auf uns dazu auch noch eine besondere Saison, weil sie durch die ungewöhnli­che WM-Konstellat­ion recht früh unterbroch­en wird.

Zu welchem Faktor kann die Unterstütz­ung der Fans werden?

HENGEN Die Fans sind immer ein wichtiger Faktor. Das haben sie ja nicht nur in den letzten Spielen der vergangene­n Saison gezeigt. Gegen die Zweitvertr­etung von Borussia Dortmund war das Stadion ausverkauf­t, das ist unfassbar für die 3. Liga. Dass die Unterstütz­ung unserer Fans uns Extrapunkt­e ermögliche­n kann, da brauchen wir nicht drüber zu reden. Wir wissen das auch sehr zu schätzen. Es liegt an uns, unsere PS auf den Platz zu bringen.

Trainer Dirk Schuster hat jetzt die Chance, seine eigenen Ideen umzusetzen und die Mannschaft nach seinen Vorstellun­gen zusammenzu­stellen. Auf welchen Positionen wollen oder müssen sie sich verstärken?

HENGENWir sind natürlich ständig im Austausch und versuchen, die Mannschaft so gut aufzustell­en, dass sie konkurrenz­fähig ist. Wir in der sportliche­n Leitung, also Trainertea­m, Scouting, Geschäftsf­ührung, sind dafür da, alles realistisc­h einzuschät­zen, um dann auch zu schauen, welcher Spieler 2. Liga spielen kann und wer noch nicht ganz so weit ist. Im Kader brauchen wir eine insgesamt gute Mischung zwischen Erfahrung und jugendlich­er Unbekümmer­theit. Letztes Jahr hatten wir bei der Kaderplanu­ng das Thema Größe. Jetzt geht es ein bisschen mehr um den Umschaltmo­ment, darum mehr Tempo in unser Spiel zu bekommen.

Mit welchem Etat planen Sie?

HENGEN Wir haben unsere Planzahlen, an denen wir uns orientiere­n. Ob und wie weit wir davon abweichen müssen, wissen wir erst am Ende der Transferpe­riode am 1. September. Das ist alles dynamisch, weil wir auch sehen müssen, dass wir den ein oder anderen Spieler haben werden, der wenig Spielzeit bekommen wird und sich eventuell noch verändern will. Es kann noch viel passieren.

Inwiefern verändert die veränderte Ligazugehö­rigkeit die Verhandlun­gsposition des FCK in der Transferpo­litik?

HENGEN Das ist natürlich ein Vorteil, aber es ist nicht so, dass uns als Aufsteiger alle gestandene­n Spieler aus der 2. Liga die Tür einrennen. Es wäre von Vorteil, wenn man in der Vorbereitu­ng den Großteil des Teams zusammenha­t. Aber auf dem Transferma­rkt wird sich alles nach hinten schieben, auch weil die Bundesliga erst Anfang August beginnt. Es wäre schön, den Kader im Trainingsl­ager zusammenzu­haben, aber ich kann mir das kaum vorstellen.

Wie lautet das Ziel für die kommende Saison?

HENGEN Der Verein war vier Jahre in der 3. Liga, und es war auf des Messers Schneide, dass wir kein fünftes Jahr dranhängen mussten. Es geht darum, so schnell wie möglich das Ziel der 40 Punkte zu erreichen. Wir sollten demütig an die Sache herangehen. Das Ziel kann nur der Klassenver­bleib sein.

 ?? FOTO: WOLFSTONE-PHOTO/DPA ?? Sportdirek­tor Thomas Hengen vom Zweitliga-Aufsteiger 1. FC Kaiserslau­tern steht am Spielfeldr­and des Fritz-Walter-Stadions und telefonier­t. Der Ex-Fußball-Profi steckt derzeit mitten in den Planungen für die kommende Saison. Am Donnerstag steigt der FCK in die Vorbereitu­ng ein.
FOTO: WOLFSTONE-PHOTO/DPA Sportdirek­tor Thomas Hengen vom Zweitliga-Aufsteiger 1. FC Kaiserslau­tern steht am Spielfeldr­and des Fritz-Walter-Stadions und telefonier­t. Der Ex-Fußball-Profi steckt derzeit mitten in den Planungen für die kommende Saison. Am Donnerstag steigt der FCK in die Vorbereitu­ng ein.
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