Der Hampelmann-Held aus Australien
Eingewechselter Ersatztorwart Andrew Redmayne bringt sein Land im Elfmeterschießen zur Fußball-WM nach Katar.
AR-RAYYAN (dpa) Vor ein paar Jahren war Australiens neuer Fußball-Held von der WM weit entfernt wie seine Heimat vom Rest der Welt. Andrew Redmaynes Karriere stockte, er wollte mit dem Kicken aufhören und stattdessen Lehrer werden. Selbstzweifel plagten den Torhüter. Fünfeinhalb Jahre später wird dieser 1,94 Meter große Mann mit dem mächtigen Vollbart in ganz Australien gefeiert – und vom Rest der Welt vermutlich mit Ausnahme Perus als der Elfmeter-Hampelmann bewundert. „Das ist ziemlich surreal“, sagte er.
„Ich würde mich nicht als Held bezeichnen.“Andrew Redmayne Ersatztorwart von Australien
Freudenschreie auf dem Feld im Ahmad Bin Ali Stadion. Ob bei Redmayne, der nur für das Elfmeterschießen im Playoffspiel am Montagabend gegen den Südamerika-Fünften in der 120. Minute eingewechselt worden war, oder bei Eintracht Frankfurts Ajdin Hrustic, St. Paulis Jackson Irvine oder dem ehemaligen Herthaner Matthew Leckie. „Nicht viele haben an uns geglaubt. Aber Außenseiter kämpfen, die kämpfen, die kämpfen. Bis zur letzten Sekunde. Genau das haben wir gemacht“, sagte Hrustic. 26 Tage nach dem sensationellen Triumph in der Europa League mit der Eintracht erlebte er die nächste Emotionsexplosion. „Wovon ich als Kind geträumt habe, das habe ich nun erreicht.“
Zu verdanken hatten sie es sich allen, aber ganz besonders jenem
Andrew Redmayne und Trainer Graham Arnold, der das Wagnis mit der Hereinnahme des international eher unerfahren Torhüters für Kapitän und Stammtorwart Mathew Ryan von Real Sociedad San Sebastian einging. „Wie sich herausstellte, erwies sich Arnolds mutiger Wechsel als Meisterleistung“, schrieb der „Sydney Morning Herald“.
Bevor Redmayne Sieges-Selfies mit den Fans schoss, hatte er mit seiner äußerst eigenwilligen Hampelmann-Strategie die Peruaner so durcheinandergebracht, dass zwei Elfmeterversuche nicht im Tor landeten. Ein Ball klatschte an den Pfosten, den letzten und entscheidenden parierte Redmayne. Vorher rannte er dabei von links nach rechts, von rechts nach links, er drehte sich, er ging in die Hocke, breitete die Arme aus. Angst, die Orientierung dabei zu verlieren, habe er nicht, versicherte Redmayne. Es sei nur wichtig, unmittelbar vor dem Schuss wieder in der Mitte zu sein. „Es bringt den Spieler aus dem Konzept. Du verlierst die Konzentration“, sagte Hrustic.
Für Redmayne war es erst der zweite Einsatz für die Socceroos in einem Pflichtspiel, gegen Nepal, aktuell 168. der Weltrangliste, hatte er im Juni 2021 mal rangedurft. Als es in einem der wichtigsten Spiele der Australier in der jüngeren Vergangenheit drauf ankam, durfte er wieder ran. „Ich würde mich nicht als Held bezeichnen. Ich habe nur einen kleinen Teil dazu beigetragen“, sagte er. Spielen werden die Australier bei ihrer insgesamt sechsten WM-Teilnahme und der fünften nacheinander in der Gruppe D mit Frankreich, Dänemark und Tunesien. Ihr bestes Abschneiden bei einer WM war das Erreichen der Runde der besten 16, 2006 in Deutschland war das. Nun wollen sie mehr. „Wir wollen zeigen, wie gut wir wirklich sind“, sagte Hrustic.