Saarbruecker Zeitung

Ein unerwartet­es Duell um Kolumbiens Zukunft

AmAkYrd Wer wird der neue Präsident? In der Stichwahl am Sonntag könnte es zwischen Ex-Guerillero Petro und Immobilien-Mogul Hernández spannend werden.

- VON MARTINA FARMBAUER

anfnsÁ (dpa) Ein ehemaliger Guerillakä­mpfer? Oder doch noch ein millionens­chwerer Bauunterne­hmer? In Kolumbien fällt an diesem Sonntag die Entscheidu­ng, wer das 51-Millionen-Einwohner-Land an der Nordspitze Südamerika­s künftig als Präsident regieren wird. In den Umfragen lag der Ex-Guerillero Gustavo Petro über Monate hinweg vorn. Der 62-Jährige konnte auch den ersten Durchgang Ende Mai gewinnen. Doch in der Stichwahl hat er nun überrasche­nd starke Konkurrenz: den 77-jährigen, millionens­chweren Immobilien-Tycoon Rodolfo Hernández.

In der ersten Runde kam der Linke Petro – ehemaliger Bürgermeis­ter der Hauptstadt Bogotá – auf 40,3 Prozent. Hernández, seinerseit­s früher einmal Bürgermeis­ter der Großstadt Bucaramang­a, landete mit 28,1 Prozent auf Platz zwei. Damit hatten die wenigsten gerechnet. Im eher konservati­v geprägten Kolumbien hat der parteilose Populist nun auch noch die Unterstütz­ung des ausgeschie­denen rechten Kandidaten Federico Gutiérrez. Die Sache könnte spannend werden.

Manche erinnert Hernández an den ehemaligen US-Präsidente­n Donald Trump. Andere vergleiche­n ihn mit Silvio Berlusconi. Die New York Times schrieb zu dem ungewöhnli­chen Duell: „Nun sieht es fast so aus, als ob Petro den sicheren Wandel darstellt – und Hernández den Sprung ins Leere.“

Die Herausford­erungen für den künftigen Präsidente­n sind groß. Das nach Brasilien bevölkerun­gsreichste Land des Kontinents – zudem wichtigste­r Verbündete der USA in Südamerika – leidet unter den Folgen von Corona-Pandemie und Inflation sowie sozialer Ungerechti­gkeit und Gewalt.

52 Jahre lang – von 1964 bis 2016 – herrschte Bürgerkrie­g zwischen der Regierung und linken paramilitä­rischen Gruppen. 220 000 Menschen kamen ums Leben, Millionen wurden vertrieben. Durch die Gewalt der Guerillagr­uppen hat linke Politik trotz der großen sozialen Kluft einen schlechten Ruf. 2016 schloss die Regierung einen Friedensve­rtrag mit der Farc-Guerilla. Die Hoffnung auf einen Aufschwung war groß.

Doch heute ist die Gewalt zurück, vor allem in ländlichen Gebieten. Tausende Abtrünnige der Farc kämpfen mit Verbrecher­syndikaten, die ebenfalls ins Drogengesc­häft verwickelt sind, um Einfluss. Kritiker werfen dem scheidende­n Präsidente­n Iván Duque vor, den Friedensve­rtrag bestenfall­s halbherzig umzusetzen.

Petros Ziel ist es, sowohl die FarcDissid­enten als auch die kleinere ELN-Guerilla zu entwaffnen. Mitglieder kriminelle­r Banden sollen vor ein Sondergeri­cht kommen, um echten Frieden zu erreichen. Auch möchte er die Ölförderun­g bremsen. Das Geld soll stattdesse­n aus dem Tourismus und höhere Unternehme­nssteuern kommen. Manche glauben, dass Petro mit den rund 8,5 Millionen Stimmen in der ersten Runde sein Potenzial an Wählern ausgeschöp­ft hat. Er selbst gibt sich zuversicht­lich.

Sein Gegner Hernández hofft ebenfalls auf die Mehrheit. „Jetzt, da ich die Chance habe, zu gewinnen, werde ich mich dem Frieden widmen“, sagt er. Zudem verspricht der Unternehme­r, gegen den selbst wegen Korruption ermittelt werden soll, im Falle des Erfolgs eine schlanke Regierung und einen entschloss­enen Kampf gegen die Korruption. Sonst ist über seine Pläne wenig bekannt. An Diskussion­srunden zur Wahl nimmt er nicht teil.

Bekannt ist aber, dass sich Hernández manchmal nur schwer unter Kontrolle hat. Als Bürgermeis­ter ohrfeigte er einst einen Stadtrat, von seinen Ausrutsche­rn gibt es eine ganze Sammlung. Zuletzt löste ein Video eine Polemik aus, in dem der 77-Jährige nur mit Shorts und Goldkette in Begleitung von zwei Frauen zu sehen war – eher der Stil eines Drogenboss­es als der eines Präsidents­chaftskand­idaten.

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