Auch Schafe können einen Sonnenbrand bekommen
Schafsschur ist ein Handwerk, das im Saarland nicht mehr weit verbreitet ist. Stefan Weidmann ist einer der Letzten, der den Beruf hierzulande ausübt.
KARkraRtmm Frisch geschorene Schafe sehen ein wenig wie gerupfte Hühner aus. Doch der Schein trüge, sagt Tierpfleger und Schafscherer Stefan Weidmann, dem wir in Karlsbrunn bei der Arbeit zuschauen. „Oft sieht es für Außenstehende brutal aus, das ist es aber gar nicht. Schlimm wäre es, die Tiere nicht zu scheren“, sagt Weidmann. Der 59-Jährige aus Heusweiler schert seit 30 Jahren Schafe. „Ich bin Tierpfleger im Saarbrücker Zoo, und wir haben damals im Zoo Schafe geschenkt bekommen. Natürlich mussten die Tiere dann auch geschoren werden. Das habe ich dann übernommen, sah zwar nicht so schön aus, aber die Wolle musste ja runter“, so Weidmann.
Erst kamen die Tiere der Familie und Nachbarn dazu. „Irgendwann hat man dann seinen Kundenkreis. Mittlerweile habe ich so viel Arbeit, dass der Tag manchmal zu wenig Stunden hat. Ich arbeite hauptberuflich noch Vollzeit im Zoo“, erklärt der Tierpfleger. Wegen der Knochenarbeit leide die Branche unter Nachwuchsproblemen. „Niemand möchte mehr körperlich arbeiten und sich dreckig machen. Ich arbeite am Lebewesen, da muss man sich natürlich auch konzentrieren. Das Handling mit dem Tier ist unheimlich wichtig und in unseren Lehrgängen vom Landesverband für Schaf- und Ziegenhalter Saarland lernt man nicht nur das Scheren, sondern auch vieles mehr“, sagt der langjährige Scherer und nennt Beispiele wie das Einfangen des Tieres, die Entnahme einer Kotprobe oder das Einsetzen einer Ohrmarke. Sandra Fernschild erlernt das Scheren noch. Die 38-Jährige steht beim Scheren neben Weidmann, um ihm Fragen zu stellen und Tipps zu bekommen: „Das ist alles Übungssache. Natürlich bin ich noch nicht so schnell. Es ist auf jeden Fall sehr anstrengend und sportliches Training braucht man dann keines mehr.“Auf die Idee kam Fernschild, da sie fünf Schafe besitzt. „Das Scheren ist für mich wie Meditation. Ich kann dabei abschalten und es macht mir Spaß“, sagt die Werbetechnikerin. Ein bis zweimal im Jahr müssen Schafe je nach Rasse geschoren werden – wie oft genau, regelt in Deutschland das Tierschutzgesetz. „Manche rufen auch an und lassen ihre Muttertiere scheren, bevor diese kalben. Das ist dann hygienischer im Stall und man kann die Zitzen besser kontrollieren“, sagt Weidmann.
Insgesamt 90 Tiere bekommen am Tag unseres Treffens eine neue Frisur. „Da sind Jungtiere dabei, die noch nicht zum Scheren gingen. Das kann man gut mit Kindern vergleichen. Der erste Gang ist meistens der schlimmste, da wird ‚gewatzt‘, wie man so schön auf saarländisch sagen würde“, erzählt Weidmann. Insgesamt gibt es im saarländischen Landesverband 16 Schafzüchter mit 850 Schafen und fünf Ziegenhalter mit 480 Ziegen.
Zurzeit sei der Wollmarkt im Keller, da von Firmen nur noch wenig davon verarbeitet werde, sagt Weidmann. Das Fell von braunen, grauen und gefleckten Schafen werde als Mischwolle verarbeitet. „Diese Wolle kann meistens nicht gefärbt werden, weil sie die Farbe gar nicht annimmt. Zum Färben wird deswegen weiße Wolle verwendet. Es gibt auch Rassen, da kann man das Fell gar nicht benutzen, weil es zu lang oder zu verfilzt ist. Dieses wird dann oft zum Filzen oder ähnliches benutzt“, berichtet der Mann aus Heusweiler. Manche Schäfer scheren ihre Tiere selbst. „Es rufen bei mir Leute für zwei Schafe an, aber auch für 50. Das ist unterschiedlich und kann man nicht verallgemeinern. Ich selbst habe keine Tiere zuhause, weil ich dafür keine Zeit habe“, sagt Weidmann.
Bei starkem Sonnenschein können die Tiere Sonnenbrand bekommen, aber auch der Winter oder Herbst sei nicht ungefährlich. Bei Madenbefall muss man deswegen sehr vorsichtig sein: „Dann wird erst mal um die Stelle freigeschnitten, sodass sich die Maden nicht verbreiten und dann immer weiter nach innen. Da reichen oft schon die kleinsten Verletzungen, dass sich Maden ausbreiten. Wenn dann Herbst oder Winter ist, kann ich das Schaf ja nicht komplett scheren, dann würde es frieren. Madenbefall merkt man meistens, wenn die Tiere alleinstehen, sich an Gegenständen reiben und sie krank aussehen. Manchmal breitet sich so was innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen stark aus“, sagt er.