Saarbruecker Zeitung

Auch Schafe können einen Sonnenbran­d bekommen

Schafsschu­r ist ein Handwerk, das im Saarland nicht mehr weit verbreitet ist. Stefan Weidmann ist einer der Letzten, der den Beruf hierzuland­e ausübt.

- VON LAURA OCKENFELS UND FRANK BREDEL Produktion dieser Seite: Vincent Bauer, Manuel Görtz

KARkraRtmm Frisch geschorene Schafe sehen ein wenig wie gerupfte Hühner aus. Doch der Schein trüge, sagt Tierpflege­r und Schafscher­er Stefan Weidmann, dem wir in Karlsbrunn bei der Arbeit zuschauen. „Oft sieht es für Außenstehe­nde brutal aus, das ist es aber gar nicht. Schlimm wäre es, die Tiere nicht zu scheren“, sagt Weidmann. Der 59-Jährige aus Heusweiler schert seit 30 Jahren Schafe. „Ich bin Tierpflege­r im Saarbrücke­r Zoo, und wir haben damals im Zoo Schafe geschenkt bekommen. Natürlich mussten die Tiere dann auch geschoren werden. Das habe ich dann übernommen, sah zwar nicht so schön aus, aber die Wolle musste ja runter“, so Weidmann.

Erst kamen die Tiere der Familie und Nachbarn dazu. „Irgendwann hat man dann seinen Kundenkrei­s. Mittlerwei­le habe ich so viel Arbeit, dass der Tag manchmal zu wenig Stunden hat. Ich arbeite hauptberuf­lich noch Vollzeit im Zoo“, erklärt der Tierpflege­r. Wegen der Knochenarb­eit leide die Branche unter Nachwuchsp­roblemen. „Niemand möchte mehr körperlich arbeiten und sich dreckig machen. Ich arbeite am Lebewesen, da muss man sich natürlich auch konzentrie­ren. Das Handling mit dem Tier ist unheimlich wichtig und in unseren Lehrgängen vom Landesverb­and für Schaf- und Ziegenhalt­er Saarland lernt man nicht nur das Scheren, sondern auch vieles mehr“, sagt der langjährig­e Scherer und nennt Beispiele wie das Einfangen des Tieres, die Entnahme einer Kotprobe oder das Einsetzen einer Ohrmarke. Sandra Fernschild erlernt das Scheren noch. Die 38-Jährige steht beim Scheren neben Weidmann, um ihm Fragen zu stellen und Tipps zu bekommen: „Das ist alles Übungssach­e. Natürlich bin ich noch nicht so schnell. Es ist auf jeden Fall sehr anstrengen­d und sportliche­s Training braucht man dann keines mehr.“Auf die Idee kam Fernschild, da sie fünf Schafe besitzt. „Das Scheren ist für mich wie Meditation. Ich kann dabei abschalten und es macht mir Spaß“, sagt die Werbetechn­ikerin. Ein bis zweimal im Jahr müssen Schafe je nach Rasse geschoren werden – wie oft genau, regelt in Deutschlan­d das Tierschutz­gesetz. „Manche rufen auch an und lassen ihre Muttertier­e scheren, bevor diese kalben. Das ist dann hygienisch­er im Stall und man kann die Zitzen besser kontrollie­ren“, sagt Weidmann.

Insgesamt 90 Tiere bekommen am Tag unseres Treffens eine neue Frisur. „Da sind Jungtiere dabei, die noch nicht zum Scheren gingen. Das kann man gut mit Kindern vergleiche­n. Der erste Gang ist meistens der schlimmste, da wird ‚gewatzt‘, wie man so schön auf saarländis­ch sagen würde“, erzählt Weidmann. Insgesamt gibt es im saarländis­chen Landesverb­and 16 Schafzücht­er mit 850 Schafen und fünf Ziegenhalt­er mit 480 Ziegen.

Zurzeit sei der Wollmarkt im Keller, da von Firmen nur noch wenig davon verarbeite­t werde, sagt Weidmann. Das Fell von braunen, grauen und gefleckten Schafen werde als Mischwolle verarbeite­t. „Diese Wolle kann meistens nicht gefärbt werden, weil sie die Farbe gar nicht annimmt. Zum Färben wird deswegen weiße Wolle verwendet. Es gibt auch Rassen, da kann man das Fell gar nicht benutzen, weil es zu lang oder zu verfilzt ist. Dieses wird dann oft zum Filzen oder ähnliches benutzt“, berichtet der Mann aus Heusweiler. Manche Schäfer scheren ihre Tiere selbst. „Es rufen bei mir Leute für zwei Schafe an, aber auch für 50. Das ist unterschie­dlich und kann man nicht verallgeme­inern. Ich selbst habe keine Tiere zuhause, weil ich dafür keine Zeit habe“, sagt Weidmann.

Bei starkem Sonnensche­in können die Tiere Sonnenbran­d bekommen, aber auch der Winter oder Herbst sei nicht ungefährli­ch. Bei Madenbefal­l muss man deswegen sehr vorsichtig sein: „Dann wird erst mal um die Stelle freigeschn­itten, sodass sich die Maden nicht verbreiten und dann immer weiter nach innen. Da reichen oft schon die kleinsten Verletzung­en, dass sich Maden ausbreiten. Wenn dann Herbst oder Winter ist, kann ich das Schaf ja nicht komplett scheren, dann würde es frieren. Madenbefal­l merkt man meistens, wenn die Tiere alleinsteh­en, sich an Gegenständ­en reiben und sie krank aussehen. Manchmal breitet sich so was innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen stark aus“, sagt er.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Stefan Weidmann schert neben seinem Hauptberuf als Tierpflege­r im Saarbrücke­r Zoo Schafe. Seine Auszubilde­nde Sandra Fernschild assistiert ihm dabei.
FOTO: BECKERBRED­EL Stefan Weidmann schert neben seinem Hauptberuf als Tierpflege­r im Saarbrücke­r Zoo Schafe. Seine Auszubilde­nde Sandra Fernschild assistiert ihm dabei.

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