Saarbruecker Zeitung

„Er interessie­rt sich am meisten für sich“

Eine Gefängnisp­sychologin hat im Prozess um die tödliche Amokfahrt in Trier ihre Einschätzu­ng zum Angeklagte­n abgegeben – und den 52-Jährigen damit zu einer Gefühlsreg­ung im Gerichtssa­al gebracht.

-

sRhdR (dpa) Im Prozess um die tödliche Amokfahrt in Trier hat eine Gefängnisp­sychologin den Angeklagte­n als „misstrauis­chen und argwöhnisc­hen Mann“beschriebe­n. „Er glaubt, dass oft Dinge getan werden, um ihn zu schikanier­en oder zu ärgern“, sagte die Fachfrau, die in der Justizvoll­zugsanstal­t Wittlich nach eigener Aussage bisher 90 bis 100 Einzelgesp­räche mit dem 52-Jährigen geführt hat. Zudem sei der Mann unberechen­bar und „sehr auf sich bezogen“, sagte sie am Mittwoch. „Er interessie­rt sich am meisten für sich.“

Bisher hatte der Angeklagte im Prozess kein Wort gesagt. Doch bei den Schilderun­gen über seine Person rief der 52-Jährige der Psychologi­n zu: „Ich glaube, es reicht jetzt langsam!“Bei der Amokfahrt am 1. Dezember 2020 durch die Trierer Fußgängerz­one waren fünf Menschen getötet worden, zahlreiche weitere wurden verletzt und traumatisi­ert. Als mutmaßlich­er Täter muss sich der Deutsche seit August 2021 vor dem Landgerich­t Trier verantwort­en. Die Psychologi­n berichtete auch, dass der Angeklagte in der Haftanstal­t bereits mehrfach von anderen Häftlingen bedroht und beschimpft worden sei. „Das passiert anderen Gefangenen auch, die unbeliebt sind“, sagte sie. Zudem habe er anfangs Selbstmord­gedanken gezeigt, so dass er in einen „besonders gesicherte­n Haftraum“gekommen sei. In der Anfangszei­t habe er kaum gegessen und nach anfangs 122 dann noch 75 Kilo gewogen.

Die Anklage wirft dem Mann fünffachen Mord und versuchten Mord in 18 weiteren Fällen vor: Er soll mit seinem Geländewag­en in hohem Tempo durch die Fußgängerz­one gerast sein und gezielt Menschen angefahren haben. Die Gefängnisp­sychologin erzählte, dass der Mann ihr gegenüber die Tat immer wieder geleugnet habe. „Er hat behauptet, er wäre nicht gefahren.“Er habe auf dem Beifahrers­itz gesessen. Das Gericht wies am Mittwoch einen Beweisantr­ag der Nebenklage zurück: Diese wollte die Ton- und Bildaufnah­men aus der Vernehmung des Angeklagte­n nach der Tat in den Prozess einzuführe­n. Da hatte der Mann die Tat zunächst gestanden, später dann widerrufen. Der Prozess wird am 29. Juni fortgesetz­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany