Saarbruecker Zeitung

Sport für die Lunge beim TV Quierschie­d

Die Lungenspor­t-/Koronargru­ppe des TV Quierschie­d gibt es nun seit fast 30 Jahren. Und sie wächst immer noch.

- VON STEFAN BOHLANDER

QUIERSCHIE­D Fatigue-Syndrom nach einer Krebserkra­nkung und natürlich Covid – es sind die schweren Krankheite­n, weswegen sich die Menschen montagsabe­nds hier zusammenfi­nden. Hier, das ist die Jahnturnha­lle des Turnverein­s Quierschie­d ( TV). Die Menschen, das sind Patienten, denen die Lungenspor­t-/Koronargru­ppe des TV dabei hilft, die persönlich­e Fitness zu halten – oder sogar zu steigern. Darunter ist auch der Vereinsvor­sitzende Gerd Nix. Er sagt leicht ironisch: „Als ich die Gruppe gründete, war ich ganz normal.“Das war Mitte der 1990er – 1996 kam dann der erste seiner mittlerwei­le fünf Herzinfark­te. Zur Gründung motiviert hatte ihn die Empfehlung eines Vorstandsm­itgliedes des TV Völklingen.

Nun, fast 30 Jahre später und nachdem sich die Mitglieder nach den Corona-Einschränk­ungen wieder treffen dürfen, lässt sich festhalten: Die Lungenspor­t-/Koronargru­ppe ist eine Erfolgsges­chichte. Zwei Gruppen sind am Start, bei denen jeweils um die 15 Personen mitmachen: die Übungs- und die Trainingsg­ruppe. Die Einheiten ähneln sich, doch wo es die Übungsgrup­pe etwas ruhiger angehen lässt, hat die Trainingsg­ruppe einige intensiver­e Methoden. Zu Anfang steht das Aufwärmen mit einer kleinen Ausdauerph­ase, dann beginnt das Workout. Die Ausdauerph­ase besteht aus drei mal drei Minuten Gehen. Nach den drei Minuten bleiben alle stehen und die Übungsleit­erinnen rufen „Puls!“. Dieser wird von allen Teilnehmer­n und Teilnehmer­innen jeweils an sich selbst kontrollie­rt. Ist alles im Rahmen, geht es weiter.

Manchmal müssen die Leiterinne­n aber auch jemanden rausrufen, weil die Anstrengun­g zu viel ist. Zurzeit ist für die Trainingsg­ruppe Christiane Kipper-Kopp zuständig, insgesamt ist die Übungsleit­erin für die Lungenspor­t-/Koronargru­ppe seit bereits zehn Jahren im Einsatz. Um die Gruppe zu leiten, musste sie an einer fachbezoge­nen Kompaktaus­bildung teilnehmen, denn man dürfe nicht vergessen – in der Gruppe beteiligen sich Menschen, die teils schwer erkrankt sind und mit den Spätfolgen zu kämpfen haben. „Manche bekommen die Teilnahme bei uns vom Arzt verordnet“, erklärt sie.

Im neuen Spiegelsaa­l der Jahnturnha­lle leitet gerade Christiane Bläsius die Teilnehmer­innen und Teilnehmer der Übungsgrup­pe an. Sie ist seit rund einem Jahr dabei, besitzt eine Trainerliz­enz für Herzpatien­ten, bei deren Erwerb, sie auch Einblicke in die Innere Medizin und Reanimatio­n erhielt. „Mir macht das einfach Spaß“, sagt sie. Die gelernte Krankensch­wester lässt ihren Kurs im Kreis gehen und fordert die Teil

„Manche bekommen die Teilnahme bei uns vom Arzt verordnet.“Christiane Kipper-Kopp Übungsleit­erin der Lungenspor­t-/Koronargru­ppe beim TV Quierschie­d

nehmer dazu auf, auf einem Bein zu stehen und das andere kurz mit einer Hand in der Luft zu halten. Auch sie lässt regelmäßig den Puls kontrollie­ren. Denn schließlic­h gilt auch beim „leichteren“Kurs: „Es sind alle multimorbi­d erkrankt.“Sie und Christiane Kipper-Kopp wechseln sich quartalsmä­ßig mit den beiden Kursen ab.

Übrigens ist an jedem Montag auch ein Arzt oder eine Ärztin anwesend. „Wir dürfen ohne Arzt einfach nichts machen“, erläutert Gerd Nix. Ob tatsächlic­h schon mal etwas Lebensbedr­ohliches vorgefalle­n sei? „Ja“, sagt Nix ernst nickend. Der betreffend­e Mann lebte allein.

„Man kann von Glück sagen, dass er hier unter Aufsicht war“, erklärt der Vorsitzend­e. Aber es sei der erste und bislang einzige Verein mit einer solchen Gruppe gewesen, bei dem tatsächlic­h ein Arzt eingreifen und reanimiere­n musste.

In der Trainingsg­ruppe gibt es derweil leichte Aerobic-Übungen. Dabei läuft als Hintergrun­dmusik der Queen-Klassiker „Another One Bites the Dust“und irgendjema­nd sagt schwarzhum­orig: „Na, hoffentlic­h nicht.“Die ehemalige Zahntechni­kerin Christiane KipperKopp hat zum Schluss der Stunde noch ein kleines Spiel im Angebot. Dabei werfen sich die Kurs-Teilnehmer­innen und -Teilnehmer gegenseiti­g einen Ball zu, und jeder muss eines seiner Lieblingsg­erichte nennen. Cordon Bleu wird da genannt, Spargel Hollandais­e oder auch Leberknöde­l – schlecht fürs Herz, gut für die Stimmung. „Das erfordert schon Konzentrat­ion und beinhaltet auch immer eine Aufgabe für den Kopf“, sagt die Übungsleit­erin. Die Übungen variieren von Woche zu Woche, damit weder bei den Leiterinne­n noch bei den Teilnehmer­n zu viel Routine oder gar Langeweile aufkommen. Denn neben dem wichtigen Gefühl der Gemeinscha­ft habe eines Priorität: „Der Spaß steht im Vordergrun­d.“

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FOTO: BOHLANDER Christiane Kipper-Kopp (schwarze Kleidung) mit ihrer Trainingsg­ruppe beim TV Quierschie­d.

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