Saarbruecker Zeitung

Schul-Toilette ohne Geschlecht­er-Trennung

Eine Ulmer Schule hat jetzt das Unisex-Klo eingeführt. Weit verbreitet ist die Idee bislang noch nicht. Setzt sie sich nun auch andernorts durch?

- VON SEBASTIAN SCHLENKER

ULM (dpa) An der Sägefeldsc­hule in Ulm gibt es sie jetzt auch: eine Toilette für alle. Wurde früher noch zwischen WCs für Jungen und Mädchen unterschie­den, gibt es an der Grund- und Werkrealsc­hule heute nur noch eine gemeinsame Toilette für alle älteren Schülerinn­en und Schüler, wie Schulleite­rin Cornelia Euchner erklärt. Und das funktionie­re außerorden­tlich gut. Was an der Ulmer Schule seit diesem Frühjahr zum Alltag gehört, ist abgesehen von Ausnahmen an den meisten Schulen in Deutschlan­d noch kein Thema. Wird es demnächst eines? Die Entwicklun­gen in einigen Bundesländ­ern sprechen dafür.

Anlass für die sogenannte UnisexToil­ette in Ulm war der „desolate Zustand“des bisherigen Schulklos, wie Euchner sagt. Das Klo wurde ständig beschädigt und war, auf dem Schulhof gelegen, auch für Fremde zugänglich. Für einen Neubau kam schnell der Vorschlag für eine „Toilette für alle“auf. Auch wenn es zunächst Bedenken bei Lehrern wie Schülern gegeben habe, hätten sich alle schnell daran gewöhnt, sagt Euchner. Die neue Toilette verfügt nur noch über Kabinen, die Pissoirs sind passé. Die Waschbecke­n sind durch bodentiefe Fenster gut einsehbar. Außerhalb der Pausen kommen die Schüler nur mit einem digitalen Chip herein.

Sie habe sich eine Toilette für alle irgendwie anders vorgestell­t, sagt Mona aus der Klasse 7a. Inzwischen habe sie sich daran gewöhnt, dass Jungs mit im Raum seien. Ibrahim aus der 9a gefällt vor allem, dass das WC schön neu sei. Schulleite­rin Euchner sieht in der neuen Toilette auch eine Wertschätz­ung der Schüler. Da nun alle denselben Toiletten-Raum nutzten, gerate eine Trennung nach Geschlecht­ern zudem in den Hintergrun­d und eine mögliche Diskrimini­erung komme so gar nicht erst auf. Für die Grundschül­er, ein Drittel der rund 300 Schüler, gibt es noch eine weitere Toilette – getrennt nach Jungs und Mädchen.

Der Vorsitzend­e des Landeselte­rnbeirats in Baden-Württember­g, Michael Mittelstae­dt, hält sogenannte Unisex-Toiletten an Schulen durchaus für einen „pragmatisc­hen Ansatz“. Bei einem anstehende­n Neubau seien sie eine sinnvolle und wirtschaft­liche Lösung.

Weit verbreitet sind die geschlecht­sneutralen Toiletten an deutschen Schulen bislang aber nicht. Am Goethe-Gymnasium in Freiburg gebe es seit Jahresanfa­ng

Anlass für die Unisex-Toilette in Ulm war der desolate Zustand des bisherigen Schulklos.

eine Unisex-Toilette, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. In Tübingen liegt der Stadt ein Antrag vor, sie an allen weiterführ­enden Schulen einzuricht­en. Auch Berlin hat schon Erfahrunge­n mit Unisex-Toiletten gemacht.

In Nordrhein-Westfalen werden Forderunge­n nach Unisex-Toiletten lauter. Aktuell gebe es noch eher wenige in NRW, sagt Laura Körner, Vorstand Landesschü­lerInnenve­rtretung auf Anfrage. Aber der Wunsch von Seiten der Schüler und Schülerinn­en nehme „immer weiter zu“.

Kein Thema sind die geschlecht­sneutralen Klos bislang etwa in Sachsen, wie das Landesamt für Schule und Bildung mitteilt. Auch in Bayern sieht Henrike Paede vom Landesvors­itz des Bayerische­n Elternverb­ands bei der breiten Mehrheit kein Interesse an dem Thema. Sie vermutet auch nur eine geringe Verbreitun­g.

Die Ulmer Schulleite­rin Euchner ist überzeugt, dass die Gesellscha­ft sich in Richtung der Toilette für alle bewege. Und bei ihnen sei sie nun eben schon da.

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FOTO: STEFAN PUCHNER/DPA Jungen und Mädchen in der Unisex-Toilette an der Sägefeldsc­hule in Ulm. Das neue Klo, für das die Geschlecht­er-Trennung nach der Sanierung aufgehoben wurde, verfügt nur über Kabinen – die Pissoirs sind passé.

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