Das ganze Spektrum der Lungenheilkunde
Das Knappschaftskrankenhaus in Sulzbach hat eine neue Fachabteilung für Lungenkrankheiten. Hier wollen die Ärzte auch Long- Covid-Patienten behandeln.
SULZBACH Die Knappschaftsklinik in Sulzbach weitet ihr medizinisches Angebot aus. Wie es im aktualisierten Krankenhausplan des Saarlandes vorgesehen ist, wurde jetzt eine neue Lungen-Fachklinik eingerichtet. „Wir decken das ganze Spektrum der Lungenheilkunde ab“, sagt der neue Chefarzt Dr. Özkan Kalem, „von Asthma über die chronische Lungenerkrankung COPD sowie die Lungenfibrose bis hin zu Lungenkrebs und Post-Covid-Syndrom.“Zwar wurden in den vergangenen
Jahren in der Abteilung für Innere Medizin auch Lungenpatienten behandelt, doch „wir setzen nun moderne Verfahren ein, die man sonst nur in großen Lungenzentren findet“, erklärt Kalem. Der Lungenfacharzt Dr. Ulf Such steht ihm als Leitender Oberarzt zur Seite.
Eine der Neuheiten ist eine Ultraschall-Sonde für Lungenspiegelungen. Bei einer herkömmlichen Lungenspiegelung wird ein dünner Schlauch, ein Bronchoskop, durch die Nase oder den Mund in die Luftröhre geschoben. Mithilfe einer Lichtquelle und einer kleinen Videokamera an der Spitze des Bronchoskops kann der Arzt Luftröhre und Bronchien betrachten. „Mit dieser Methode ist ein Tumor in Luftröhre und den Bronchien zu sehen. Wie es im Gewebe dahinter aussieht, ist jedoch nicht zu erkennen“, sagt Kalem. Das neuartige Bronchoskop, bei dem neben der Kamera noch ein Ultraschall-Kopf sitzt, erlaubt sozusagen einen Blick in die Tiefe des Gewebes. „Wir können somit Veränderungen in den Lymphknoten und verdeckte Tumore erkennen“, erläutert der Chefarzt.
In ein Bronchoskop ist neben Lampe und Kamera auch ein sogenannter Arbeitskanal integriert. Über diesen Kanal kann der Arzt mittels einer Zange Gewebeproben entnehmen, wenn er den Verdacht hat, dass das Lungengewebe krankhaft verändert ist. „Diese Methode wird klassisch angewendet und hat den Nachteil, dass das Gewebe beim Abknipsen oft zerquetscht wird. Der Pathologe ist dann oft mit der Qualität der Probe unzufrieden“, sagt Kalem.
Daher kommt in der Sulzbacher Lungenklinik neuerdings das Verfahren der Kryobiopsie zum Einsatz. Als Biopsie wird die Entnahme einer Gewebeprobe bezeichnet, mit Kryo ist Kälte gemeint. „Hier wird eine spezielle Sonde eingesetzt, die sogenannte Kryosonde, die auf minus 65 Grad Celsius heruntergekühlt wird. Bei Berührung wird das Lungengewebe vereist und kann leicht abgezupft werden. Das entnommene Gewebe bleibt dabei intakt“, sagt Özkan Kalem. „Die Pathologie erhält somit eine besonders hochwertige Probe für ein aussagekräftiges Ergebnis.“Da die Sonde maximal zwei Millimeter breit ist, können Proben auch aus der Lungenperipherie, den kleinen Atemwegen, entnommen werden.
Ein weiteres Verfahren, das in der neuen Sulzbacher Lungenfachklinik eingesetzt wird, ist die Argon-Plasma-Koagulase, kurz APC genannt. Damit können Blutungen in der Lunge zum Beispiel nach einer herkömmlichen Biopsie schnell gestillt und Tumore verkleinert werden. Dazu kommt ein Bronchoskop mit einer Spezialsonde zum Einsatz,
„Wir setzen nun moderne Verfahren ein, die man sonst nur in großen Lungenzentren findet.“Dr. Özkan Kalem Chefarzt
aus der das Edelgas Argon austritt und sozusagen als Leitstrahl für elektrischen Strom dient, der auf das Gewebe gerichtet wird. Dieses kann damit verödet (koaguliert) und krankes Gewebe zerstört werden. „Dieses Verfahren ist auch sinnvoll, wenn Tumore verkleinert werden müssen, die Luftröhre oder die Bronchien verschließen“, sagt Kalem.
Trotz aller Fortschritte in der Medizin, ist Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium noch nicht heilbar. „Dann geht es darum, den Patienten möglichst viel Lebensqualität zu erhalten“, sagt Kalem. Besteht die Gefahr, dass ein operativ verkleinerter Tumor erneut die Luftröhre oder Bronchien blockiert, kann ein Stent eingesetzt werden, ein röhrenförmiges Gittergerüst, das die Luftwege offen hält. „Nach dem Eingriff kann der Patient sofort aufstehen und alles machen“, sagt der Lungenspezialist.
Zum Konzept der neuen Lungenfachabteilung gehört die Tumorkonferenz. Hier treffen sich Spezialisten aus den verschiedenen Fachbereichen der Klinik, neben den Lungenfachärzten auch Pathologen, Onkologen, Radiologen und Bestrahlungstherapeuten, um gemeinsam eine maßgeschneiderte Therapie für einen Krebspatienten zu erarbeiten. Teil des Behandlungskonzepts ist auch eine individuelle Immuntherapie. „Statt einer klassischen Chemotherapie, mit der
Tumorzellen ungezielt abgetötet werden, setzen wir auf molekularbiologische Therapien, bei denen Medikamente und Infusionen eingesetzt werden, die individuell auf die krankhaften Zellen des Patienten zugeschnitten sind“, erläutert Kalem.
Die häufigste Lungenerkrankung ist COPD, die chronisch obstruktive Lungenerkrankung. „Die Hauptursache dafür ist das Rauchen. Es führt zu einer Zerstörung der Lungenarchitektur, einem sogenannten Lungenemphysem“, sagt Kalem. Bei einer chronischen Bronchitis, einer dauerhaften Entzündung der unteren Atemwege, werden in der Regel Medikamente verschrieben, die der Verengung der Bronchien entgegenwirken. „Bei einem Lungenemphysem sind die Lungenbläschen teilweise überdehnt oder sogar zerstört, sodass weder Sauerstoff richtig aufgenommen noch Kohlendioxid richtig abgeführt werden kann“, erklärt Kalem.
Der betroffene Bereich der Lunge wird auch als Totraumbereich bezeichnet. Um zu verhindern, dass weiterhin eingeatmete Luft in diesen Bereich gelangt, können mithilfe eines Bronchoskops kleine Ventile eingesetzt werden, die ähnlich wie Schirmchen aussehen und die Zugänge verschließen. Dadurch wird die eingeatmete Luft in die gesunden Bereiche der Lunge geleitet. Auch dieses Operationsverfahren wird jetzt in Sulzbach angeboten.