Abzocke? So viel Geld bringen Blitzer der Stadt
67 000 Temposünder wurden im Vorjahr in Saarbrücken geblitzt, kürzlich gab es in der neuen 30er-Zone in der Paul-Marien-Straße Fotos ohne Ende, über 1400 in einer Woche.
SAARBRÜCKEN Auch geblitzt worden in den vergangenen Tagen in Saarbrücken? Da sind Sie nicht allein. Gerade in der neuen 30erZone in der Paul-Marien-Straße war zuletzt richtig viel los. Einer der beiden städtischen „Enforcement Trailer“( wörtlich übersetzt: Vollstreckungsanhänger), auch Panzerblitzer oder Blitzeranhänger genannt, hat ganze Arbeit geleistet. Nach aktuellen Zahlen aus dem Rathaus löste er Anfang des Monats in Höhe der Bismarckstraße in Richtung Bismarckbrücke innerhalb von nur gut einer Woche über 1400 Mal aus. In einer Woche!
Genau 1443 Fahrzeuge wurden geblitzt – hat das nicht für eine Welle der Empörung der Autofahrer in Stadt und Land gesorgt? Die Verwaltung hat davon keine Kenntnis. Man habe den Eindruck, dass die TempoDrosselung akzeptiert werde, heißt es: „Beschwerden sind hier nicht bekannt.“Anders sieht das mal wieder in den „sozialen Netzwerken“aus, wo die Volksseele teilweise hochkocht. Dort wird Saarbrücken unter anderem als die „Abzockerstadt Nr. 1“beschimpft.
Abzocke – ist da was dran? Fest steht, dass sich speziell die beiden Blitzeranhänger für die Stadt – im wahrsten Sinne – ausgezahlt haben. Der erste ist seit Januar 2020 im Einsatz, der zweite seit Anfang 2021. Im Hauptausschuss des Stadtrates hat das Ordnungsamt kürzlich Bilanz gezogen. Titel der Präsentation: „Der Enforcement Trailer – ein wertvoller Beitrag zur Verkehrssicherheit“. Demnach erfassten die Blitzeranhänger im Vorjahr fast 24 000 Temposünder. Die Einnahmen aus Verwarngeldern lagen bei knapp 470 000 Euro. Dem stehen Mietausgaben von rund 150 000 Euro gegenüber.
Dazu kommen die stationären Blitzersäulen in der Landeshauptstadt. Acht an sechs Standorten gibt es. 2021 blitzten sie über 43 000 Mal, was zu Einnahmen von fast 740 000 Euro führte. Insgesamt flossen im vergangenen Jahr durch Temposünder somit mindestens 1,2 Millionen Euro in die Stadtkasse. Weitere Einnahmen werden beispielsweise durch Fallkostenpauschalen der Zentralen Bußgeldbehörde des Saarlandes erzielt, das waren 2020 annähernd 100 000 Euro, neuere Zahlen liegen noch nicht vor.
Was sagt die Stadt zum AbzockeVorwurf? „Bei der Verkehrsüberwachung steht die Sicherheit an erster Stelle, nicht das Streben nach Gewinn“, betont Stadtpressesprecher Thomas Blug. „Die Aufgabe ist sehr personal- und kostenintensiv. Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren zeigt, dass wir mit Verkehrsüberwachung keinen Überschuss erzielen.“Das gilt für die Verkehrsüberwachung insgesamt, also auch fürs Falschparken. Blug rechnet vor:
Im Jahr 2020 habe die Stadt Einnahmen aus Verkehrskontrollen (Ordnungswidrigkeiten) in Höhe von rund 2,45 Millionen Euro erzielt. Falschparker mussten rund eine Million zahlen, Temposünder rund 1,4 Millionen Euro. Andere Vergehen wie das Überfahren von roten Ampeln brachten zusätzlich nochmals gut 23 000 Euro.
„Die Ausgaben für die Verkehrsüberwachung der Landeshauptstadt lagen im gleichen Jahr bei rund 4,6 Millionen Euro“, so Blug. Über drei Millionen davon seien Personalkosten gewesen. Unterm Strich zahle die Stadt also drauf, 2020 rund zwei Millionen Euro. Blug räumt jedoch ein: „Richtig ist aber auch, dass sich mit stationären Blitzern und den mobilen Geräten alleine betrachtet ein Überschuss erzielen lässt, der den Verlust im Gesamtbereich der Verkehrsüberwachung reduziert.“
Grundsätzlich, so betonte die Stadt, zeigen die Tempo-Kontrollen Wirkung: „Die Fallzahlen sind rückläufig.“Es sei bundesweit bekannt und auch gewollt, dass nach der Inbetriebnahme von stationären Anlagen die Verkehrsübertritte zurückgehen und die Verkehrssicherheit entsprechend zunimmt. „Das ist auch in Saarbrücken so.“2016 habe es rund 160 000 Fälle gegeben, 2017 waren es 125 000 Fälle, 2021 dann wie erwähnt „nur“noch 43 000. Auch bei den Blitzeranhängern lag die Zahl der Fälle in den Jahren 2020 und 2021 nahezu konstant bei 24 000, obwohl 2021 zwei Geräte im Einsatz waren. Die Bilanz könnte 2022 mit Blick auf 1400 Tempoverstöße an einem einzigen Ort in nur einer Woche anders ausfallen.
„Bei der Verkehrsüberwachung steht die Sicherheit an erster Stelle, nicht das Streben nach Gewinn.“Thomas Blug Pressesprecher der Stadt Saarbrücken