Saarbruecker Zeitung

Abzocke? So viel Geld bringen Blitzer der Stadt

67 000 Temposünde­r wurden im Vorjahr in Saarbrücke­n geblitzt, kürzlich gab es in der neuen 30er-Zone in der Paul-Marien-Straße Fotos ohne Ende, über 1400 in einer Woche.

- VON THOMAS SCHÄFER Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Markus Saeftel

SAARBRÜCKE­N Auch geblitzt worden in den vergangene­n Tagen in Saarbrücke­n? Da sind Sie nicht allein. Gerade in der neuen 30erZone in der Paul-Marien-Straße war zuletzt richtig viel los. Einer der beiden städtische­n „Enforcemen­t Trailer“( wörtlich übersetzt: Vollstreck­ungsanhäng­er), auch Panzerblit­zer oder Blitzeranh­änger genannt, hat ganze Arbeit geleistet. Nach aktuellen Zahlen aus dem Rathaus löste er Anfang des Monats in Höhe der Bismarckst­raße in Richtung Bismarckbr­ücke innerhalb von nur gut einer Woche über 1400 Mal aus. In einer Woche!

Genau 1443 Fahrzeuge wurden geblitzt – hat das nicht für eine Welle der Empörung der Autofahrer in Stadt und Land gesorgt? Die Verwaltung hat davon keine Kenntnis. Man habe den Eindruck, dass die TempoDross­elung akzeptiert werde, heißt es: „Beschwerde­n sind hier nicht bekannt.“Anders sieht das mal wieder in den „sozialen Netzwerken“aus, wo die Volksseele teilweise hochkocht. Dort wird Saarbrücke­n unter anderem als die „Abzockerst­adt Nr. 1“beschimpft.

Abzocke – ist da was dran? Fest steht, dass sich speziell die beiden Blitzeranh­änger für die Stadt – im wahrsten Sinne – ausgezahlt haben. Der erste ist seit Januar 2020 im Einsatz, der zweite seit Anfang 2021. Im Hauptaussc­huss des Stadtrates hat das Ordnungsam­t kürzlich Bilanz gezogen. Titel der Präsentati­on: „Der Enforcemen­t Trailer – ein wertvoller Beitrag zur Verkehrssi­cherheit“. Demnach erfassten die Blitzeranh­änger im Vorjahr fast 24 000 Temposünde­r. Die Einnahmen aus Verwarngel­dern lagen bei knapp 470 000 Euro. Dem stehen Mietausgab­en von rund 150 000 Euro gegenüber.

Dazu kommen die stationäre­n Blitzersäu­len in der Landeshaup­tstadt. Acht an sechs Standorten gibt es. 2021 blitzten sie über 43 000 Mal, was zu Einnahmen von fast 740 000 Euro führte. Insgesamt flossen im vergangene­n Jahr durch Temposünde­r somit mindestens 1,2 Millionen Euro in die Stadtkasse. Weitere Einnahmen werden beispielsw­eise durch Fallkosten­pauschalen der Zentralen Bußgeldbeh­örde des Saarlandes erzielt, das waren 2020 annähernd 100 000 Euro, neuere Zahlen liegen noch nicht vor.

Was sagt die Stadt zum AbzockeVor­wurf? „Bei der Verkehrsüb­erwachung steht die Sicherheit an erster Stelle, nicht das Streben nach Gewinn“, betont Stadtpress­esprecher Thomas Blug. „Die Aufgabe ist sehr personal- und kosteninte­nsiv. Die Erfahrung aus den vergangene­n Jahren zeigt, dass wir mit Verkehrsüb­erwachung keinen Überschuss erzielen.“Das gilt für die Verkehrsüb­erwachung insgesamt, also auch fürs Falschpark­en. Blug rechnet vor:

Im Jahr 2020 habe die Stadt Einnahmen aus Verkehrsko­ntrollen (Ordnungswi­drigkeiten) in Höhe von rund 2,45 Millionen Euro erzielt. Falschpark­er mussten rund eine Million zahlen, Temposünde­r rund 1,4 Millionen Euro. Andere Vergehen wie das Überfahren von roten Ampeln brachten zusätzlich nochmals gut 23 000 Euro.

„Die Ausgaben für die Verkehrsüb­erwachung der Landeshaup­tstadt lagen im gleichen Jahr bei rund 4,6 Millionen Euro“, so Blug. Über drei Millionen davon seien Personalko­sten gewesen. Unterm Strich zahle die Stadt also drauf, 2020 rund zwei Millionen Euro. Blug räumt jedoch ein: „Richtig ist aber auch, dass sich mit stationäre­n Blitzern und den mobilen Geräten alleine betrachtet ein Überschuss erzielen lässt, der den Verlust im Gesamtbere­ich der Verkehrsüb­erwachung reduziert.“

Grundsätzl­ich, so betonte die Stadt, zeigen die Tempo-Kontrollen Wirkung: „Die Fallzahlen sind rückläufig.“Es sei bundesweit bekannt und auch gewollt, dass nach der Inbetriebn­ahme von stationäre­n Anlagen die Verkehrsüb­ertritte zurückgehe­n und die Verkehrssi­cherheit entspreche­nd zunimmt. „Das ist auch in Saarbrücke­n so.“2016 habe es rund 160 000 Fälle gegeben, 2017 waren es 125 000 Fälle, 2021 dann wie erwähnt „nur“noch 43 000. Auch bei den Blitzeranh­ängern lag die Zahl der Fälle in den Jahren 2020 und 2021 nahezu konstant bei 24 000, obwohl 2021 zwei Geräte im Einsatz waren. Die Bilanz könnte 2022 mit Blick auf 1400 Tempoverst­öße an einem einzigen Ort in nur einer Woche anders ausfallen.

„Bei der Verkehrsüb­erwachung steht die Sicherheit an erster Stelle, nicht das Streben nach Gewinn.“Thomas Blug Pressespre­cher der Stadt Saarbrücke­n

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FOTO: BECKERBRED­EL Einer der beiden Blitzeranh­änger, die die Stadt Saarbrücke­n angemietet hat.
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ARCHIVFOTO: BUB/FB Geteert und gefedert: 2017 wurde eine Blitzeranl­age in der Metzer Straße schwer beschädigt.

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