Saarbruecker Zeitung

Jicha plant seinen vierten Coup

Bereits zum achten Mal steht der Trainer des Handball-Rekordmeis­ters THW Kiel im Final Four der Königsklas­se.

- VON MORITZ LÖHR UND CHRISTOPH STUKENBROC­K Produktion dieser Seite: Mark Weishaupt, Stefan Regel

KÖLN (sid) Filip Jichas Lust ist ungezügelt, die blauen Augen stechen noch ein wenig mehr hervor als ohnehin schon. „Wir sind ein wenig Außenseite­r, das macht uns noch unberechen­barer“, sagt der Trainer des THW Kiel voller Vorfreude und Tatendrang im Gespräch. Wenn Jicha über das Final Four in Köln spricht, sprudelt es nur so aus ihm heraus. „Die Champions League ist die Crème de la Crème – das ist das, was immer unvergesse­n bleibt“, sagt der frühere Welthandba­ller. Er muss es schließlic­h wissen.

Sieben Mal war Jicha, der „Mister Final Four“, bereits beim Finalturni­er der Königsklas­se in der Lanxess-Arena dabei. Vier Mal stand er im Endspiel, drei Mal gewann er es – zweimal als Spieler, einmal als Trainer. Am Wochenende peilt er mit dem deutschen Rekordmeis­ter seinen vierten Coup an. Vor dem Halbfinale gegen Titelverte­idiger und Rekordsieg­er FC Barcelona an diesem Samstag (18 Uhr/DAZN) will sich der 40-Jährige jedoch nicht auf seine Köln-Routine verlassen. „Wenn man beim Final Four irgendetwa­s als Erfahrung bezeichnet, dann wirst du verlieren“, sagt der Tscheche. Das zweite Halbfinale bestreitet der polnische Topklub Vive Kielce mit Torhüter Andreas Wolff und Telekom Veszprem aus Ungarn (15.15 Uhr).

Mit seiner Unnachgieb­igkeit passt er perfekt zur Kieler Handball-DNA. „Er ist eine Person, die den maximalen Willen vorlebt und gleichzeit­ig in der Lage ist, alle anderen mitzuziehe­n. Das war als Kapitän auf dem Spielfeld so und ist jetzt als Trainer genauso“, schwärmt THWGeschäf­tsführer Viktor Szilagyi von seinem wichtigste­n Angestellt­en. Torhüter und Welthandba­ller Niklas Landin sagt: „Er hat diese Mentalität, dass es nur einen Weg gibt – und der geht nach vorne.“Jicha ist Antreiber und Taktikfuch­s zugleich. Der Coach stellt seine Mannschaft­en glänzend auf die Gegner ein, ist immer in der Lage auf neue Spielforme­n zu reagieren. Zugleich bremst er seine Spieler in Auszeiten ein, wenn diese mal über das Ziel hinausschi­eßen und die Linie verlieren.

„Er hat diese Mentalität, dass es nur einen Weg gibt – und der geht nach vorne.“THW-Torhüter Niklas Landin über die Arbeit seines Trainers Filip Jicha

Zwar wurde im deutschen Handball zuletzt – und das völlig zu Recht – vor allem über Magdeburgs Meister-Trainer Bennet Wiegert gesprochen. Doch Jicha ist in Kiel auf dem besten Weg, eine Ära wie vor ihm der heutige Bundestrai­ner, Jichas Lehrmeiste­r Alfred Gislason, zu prägen. Zwei Meistertit­el in seinen drei Jahren hat er schon gewonnen, jetzt winkt auch schon der zweite Königsklas­sentitel.

Allerdings, und das weiß auch Jicha, sprechen die Vorzeichen in diesem Jahr nicht für den THW. Mit Routinier Hendrik Pekeler und Ausnahmesp­ieler Sander Sagosen fallen sowohl sein Abwehr- als auch sein Angriffsch­ef verletzt aus. Doch Jicha und Kiel setzen bei der Jagd nach dem fünften Titel in der Königsklas­se auch auf die besondere Magie in der Kölner Arena. Beim

Mega-Event vor 19 750 Zuschauern eine Top-Leistung abzurufen, ist die große Kunst und „nicht so einfach“, wie Jicha weiß. Anders als 2020, als sich Jicha gleich bei seiner TrainerPre­miere in Köln vor einer Geisterkul­isse die europäisch­e Krone aufsetzte, werden wieder Fans dabei sein. „Ich frage mich, wie wir die zwei Jahre ohne Zuschauer durchmache­n konnten“, sagte Jicha, der nun umso mehr brennt: „Die Vorfreude und Spannung sind größer denn je.“

Durch seinen dritten Halbfinale­inzug auf der ATP-Tour in diesem Jahr wird Otte in der am Montag erscheinen­den Weltrangli­ste mindestens auf Platz 38 und damit so hoch wie nie geführt werden. Derzeit steht er auf Rang 51, den er mit seinem Einzug in die Vorschluss­runde von Stuttgart in der Vorwoche erreicht hatte. Otte ist der letzte deutsche Teilnehmer im Turnier. Zuvor waren Daniel Altmaier (Kempen), Jan-Lennard Struff ( Warstein) und Henri Squire (Duisburg) gescheiter­t. Der zweimalige Finalist Alexander Zverev (Hamburg) fehlt beim Vorbereitu­ngsturnier auf Wimbledon (ab 27. Juni) verletzt.

 ?? FOTO: ANSPACH/DPA FOTO: JASPERSEN/AFP ?? 2019 übernahm der Tscheche Filip Jicha (links) – hier im Gespräch mit THW-Spielmache­r Domagoj Duvnjak – das Kommando auf der Kieler Bank. Seitdem hat er die Zebras in jedem Jahr zu mindestens einem Titel geführt.
Tennisprof­i Oscar Otte hat sich beim Turnier in Halle zum Publikumsl­iebling gemausert.
FOTO: ANSPACH/DPA FOTO: JASPERSEN/AFP 2019 übernahm der Tscheche Filip Jicha (links) – hier im Gespräch mit THW-Spielmache­r Domagoj Duvnjak – das Kommando auf der Kieler Bank. Seitdem hat er die Zebras in jedem Jahr zu mindestens einem Titel geführt. Tennisprof­i Oscar Otte hat sich beim Turnier in Halle zum Publikumsl­iebling gemausert.
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