Jobsharing auf der Führungsebene
Im Management die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen: Wie das Modell funktionieren kann.
BERLIN (dpa) Weniger arbeiten, aber Verantwortung behalten: Viele halten das für schwierig bis undenkbar. Die Lösung kann sein, dass sich zwei eine Position teilen. Bei diesem Modell des Jobsharings müssen aber jede Menge Fragen geklärt werden.
Janina Marks und Michael Hedinger etwa teilen sich die Position als Head of Global Trade Management Europe in der Seefracht bei DB Schenker. Janina Marks hatte die Stelle nach ihrer Elternzeit angeboten bekommen, wollte aber weiter Zeit für ihren Sohn haben. Deshalb fing sie an, sich in Absprache mit ihrer Vorgesetzten nach einem Tandempartner umzusehen. Auf die Suchanfrage meldete sich Michael Hedinger, den sie bereits als Geschäftspartner kannte.
Michael Hedinger war nicht nur aus fachlicher Sicht von der Stelle und dem Sharingmodell überzeugt. Auch seine Rolle als Familienvater spielte mit in die Entscheidungsfindung. „Während Corona habe ich deutlich gemerkt, dass es auch mal was anderes gibt, als nur von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends im Büro zu sein.“
Dass ein Führungsduo sich findet, indem ein externer Bewerber dazukommt, ist noch relativ ungewöhnlich. „Es ist auf jeden Fall von innen einfacher“, sagt Svenja Christen, Organisationspsychologin und Geschäftsführerin der Beratungsfirma The Jobsharing-Hub. Es gebe aber bereits einige große Unternehmen, die Positionen als Jobsharing-Stellen ausschreiben. Auch The Jobsharing-Hub arbeitet an einer digitalen Recruitinglösung, um Unternehmen und Bewerber optimal zusammenzubringen.
Wer sich für Jobsharing interessiert, braucht viel Eigeninitiative. Aus Sicht von Janina Marks ist es zum Beispiel sinnvoll, einen passenden Tandempartner zu finden, bevor man auf das Management zugeht oder die Vorgesetzten pusht.
Daneben sind gute Argumente und eine ausgefeilte Strategie wichtig. Marks empfiehlt einen möglichst genauen Plan, mit dem sich aufzeigen lässt, wo die Vorteile liegen: „Wir beide haben zum Beispiel in der Vergangenheit in verschiedenen Bereichen Erfahrungen gesammelt. Diese geballte Kompetenz ist unser Verkaufsargument.“
Außerhalb von Fach- oder Führungspositionen kann die Überzeugungsarbeit deutlich schwieriger werden. „Je umfangreicher eine Rolle ist, etwa weil sie sogar global oder international ist, desto interessanter ist Jobsharing auch aus Firmensicht“, sagt Hedinger. Laut Svenja Christen hat es gute Gründe, warum das Modell oft auf Führungsebene bleibt. Ihrer Forschung gemeinsam mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung ( WZB) zufolge findet Jobsharing zu drei Vierteln auf Führungs- und zu einem Viertel auf Fachkräfte-Ebene statt.
Es mache dann Sinn, wenn eine Stelle Komplexität mit sich bringt. Wo Aufgaben sich klar abgrenzen lassen und wenig verwoben sind, könne man Stellen zwar ebenfalls zeitlich aufteilen. „Das würde ich dann aber nicht Jobsharing nennen. Das sind ganz einfach zwei Teilzeitstellen nebeneinander“, sagt Christen. Jobsharing brauche es da, wo Workload und Aufgabenverdichtung hoch sind und Beschäftigte Verantwortung für andere Mitarbeiter haben. „Das ist eben meist auf Führungspositionen der Fall. Das können aber auch komplexe Fachpositionen sein.“Ein weiterer Grund, warum Jobsharing vor allem in Führungspositionen gepflegt wird: Es sind oft gut dotierte Stellen, auf denen man besser auf einen Teil des Gehalts verzichten kann.
Wird das Modell gut umgesetzt, profitieren beide Seiten. Laut Katharina Rath, Personalvorständin bei DB Schenker, müssen Unternehmen dann nicht den einen Kandidaten finden, der alles erfüllt, sondern die Anforderungen einer Position können aufgeteilt werden. Wichtig sei, so Rath, dass man Menschen mit Fähigkeiten findet, die sich „wie zwei Puzzleteile“perfekt ergänzen.
Michael Hedinger weiß als Neuzugang vor allem das „softe Landing“zu schätzen, weil er an der Seite einer langjährigen Mitarbeiterin einfacher Fuß fassen und sich integrieren konnte. Auch von ihrem großen Netzwerk habe er profitiert.
Für Janina Marks ist Jobsharing zunächst Grundvoraussetzung, damit sie ihre Position in Teilzeit ausüben und so Familie und Karriere vereinbaren kann. „Das Modell hat für mich aber auch den klaren Vorteil, dass mir Michael als Sparringspartner tagtäglich zur Seite steht.“Da gehe es nicht nur darum, sich über Entscheidungen auszutauschen. „Ich bekomme von ihm auch ad hoc Kritik, die nehme ich gerne an. Daran kann man nur wachsen.“
Auf der anderen Seite bringt ein geteilter Job Herausforderungen mit sich – etwa, sich zu etablieren. Gerade in den ersten vier bis sechs Monaten „muss man zusammenwachsen, man muss Abläufe finden, man muss sehr viel in Effizienzverbesserung investieren“, sagt Christen. Wer das gut meistert, gewinne durch das Modell enorm. Auch gegenüber einer einzelnen Vollzeitkraft.
Zudem sei es nicht immer für alle sofort nachvollziehbar, wie das Duo zeitlich aufgestellt ist, und wann beide gemeinsam erreichbar sind. Insbesondere wenn im Unternehmen vermehrt Tandems arbeiten, brauche es für solche Fragen gute Lösungen. In Zukunft, so glaubt Organisationspsychologin Christen, wird das Thema Jobsharing noch wachsen. Durch die Pandemie habe es aufseiten der Unternehmen viele neue Erkenntnisse gegeben. Gleichzeitig hätten sich viele Menschen damit auseinandergesetzt, wie sie eigentlich arbeiten wollen.