Wie sich eine kleine Gemeinde für den großen G7-Gipfel wappnet
KRÜN (dpa) Der Ort liegt idyllisch in einem schwer zugänglichen Tal, die Berg-Kulisse ist perfekt auch für Fotos und TV-Bilder – und 2015 lief alles bilderbuchmäßig. Zum zweiten Mal lädt Deutschland die Staatsund Regierungschefs von sieben führenden Industrienationen vom 26. bis zum 28. Juni auf Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen ein. Die Welt hat sich seitdem freilich verändert.
Nach den Pandemie-Jahren, vor allem aber angesichts des Krieges in der Ukraine sei es besonders wichtig, sich persönlich zu begegnen und auf Schloss Elmau in vertrauter Atmosphäre miteinander zu sprechen, warb der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, im Mai bei den Einheimischen um Verständnis. „Uns ist sehr bewusst, dass diese Entscheidung hier vor Ort nicht nur Begeisterung ausgelöst hat.“
Polizeikontrollen, gesperrte Straßen, der Nahverkehr eingestellt, Bankautomaten, die kein Geld ausspucken, Demonstranten in Zelten – viele Dixi-Klos: So war es 2015 und ähnlich dürfte es wieder werden.
Für das Sicherheitskonzept sind nach Angaben von Ende April Haushaltsmittel in Höhe von 180 Millionen Euro veranschlagt – die Bayern vom Bund als Gipfel-Veranstalter zurückfordern will.
Seit Wochen kreisen lärmend Hubschrauber, die Gegend ist voll mit Polizei. Teils meterhohe Zäune sperren in Garmisch-Partenkirchen Liegenschaften ab, wo Presse und Polizei, aber auch Staatsanwälte und Richter untergebracht sind, zur Bearbeitung möglicher Gewalttaten.
Anwohnerinnen und Anwohner im Ortsteil Klais der Gemeinde Krün, zu der Schloss Elmau gehört, werden teils nicht zu ihren Häusern können, sofern Gipfel-Teilnehmer auf der Straße anreisen – diese würde dann gesperrt. „Für den, der es möglich machen kann, würde ich empfehlen, ein paar Tage freizunehmen und wegzufahren“, rät Krüns Bürgermeister Thomas Schwarzenberger (CSU) Anwohnern direkt an der Protokollstrecke. „Ansonsten: Ausweis mitnehmen und Geduld mitbringen. In zwei Wochen ist das vorbei. Da müssen wir jetzt durch.“
Für die Region bringt der Gipfel auch Geld, Feuerwehren bekommen neues Material. Die Bilder aus der Bergidylle 2015 mit dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama und der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kurbelten nachträglich auch den Tourismus an.
Bereits für die Gipfelzeit berichten Hoteliers und Vermieter von Gästebetten von fantastischen Buchungszahlen. Polizei, Delegationen und Presse haben reserviert. Allerdings stornierten viele andere Gäste – entspannter Urlaub scheint mitten im Trubel kaum möglich.
Geschäftsleute erwarten Umsatzeinbußen. Die Vorsitzende der Werbegemeinschaft Garmischer Zentrum, Michaela Nelhiebel, erzählt, 2015 habe es 25 bis 49 Prozent Verluste gegeben. Polizeibeamte und Journalisten sind keine guten Kunden. „Die gehen ja nicht einkaufen, die kommen her zum Arbeiten“, sagt Nelhiebel, die ein Optik-Geschäft betreibt. Auch die Restaurants seien fast leer. „Und es wird von Tag zu Tag weniger.“Teils sei auf Zäunen Stacheldraht. „Das macht nicht so den gemütlichen Eindruck. Auch wegen der angekündigten Kontrollen überlegt jeder zweimal, ob er zu uns in die Region kommt.“
Für Schlossherr Dietmar MuellerElmau, für den sich schon mit dem G7-Treffen 2015 ein ehrgeiziger Traum erfüllte, ist der erneute Gipfel in seinem Haus etwas „ganz Tolles“. Die Sicherheit sei umfassend und nachhaltig gewährleistet. Kein Baum werde gefällt. Die ums Schloss errichtete Absperrung – von der man vom Schloss aus nichts sieht – störe nicht. „Es ist absolut ohne Auswirkung. Weder für die Region noch für uns. Niemand ist dadurch beeinträchtigt.“
Seit Sonntag gilt um das Schloss eine Sperrzone. 2015 hatten sich
Demonstranten zu Fuß Richtung Schloss aufgemacht, waren aber mangels Erfahrung an der gebirgigen Landschaft gescheitert. Den anreisenden Gegnern raten die Organisatoren des Protestcamps dieses Mal, solides Schuhwerk mitzubringen und mahnen: „Garmisch liegt in den Bergen.“
Dieses Mal könnten die Gegner es etwas leichter haben. Eine Delegation von 50 Demonstranten soll laut der Aktionsplattform „Stop G7 Elmau“in der Nähe des Hotels protestieren dürfen. Polizeibusse sollen die Gegner demnach zur Demo bringen.
Rund 18 000 Polizeibeamte werden wie 2015 im Einsatz sein. Damals reisten 4000 bis 5000 Gegner an. Krawalle wie 2007 beim G8Gipfel in Heiligendamm blieben aus. Manche sprachen vom „friedlichsten Gipfel aller Zeiten“. Daran wolle man anknüpfen, sagt der Polizeipräsident von Oberbayern Süd, Manfred Hauser, als ein Leiter des Planungsstabs. Man halte Einschränkungen für die Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich.