Saarbruecker Zeitung

„Bei den Bürgern wird von dem Geld wieder nichts ankommen“

Hohe Tankpreise bescheren Mineralölk­onzernen Milliarden­gewinne. Eine Steuer auf übermäßige Gewinne halten viele Saarbrücke­r trotzdem für keine gute Idee.

- VON NINA SCHMEER UND FRANK BREDEL Produktion dieser Seite: Markus Saeftel, Vincent Bauer

SAARBRÜCKE­N Trotz eingeführt­en Tankrabatt­s ist an den Tankstelle­n wenig von der Preissenku­ng zu spüren. Viele Bürger ärgern sich und vermuten, dass sich große Konzerne das Geld in die Taschen stecken. Jetzt wird in Berlin über eine „Übergewinn­steuer“diskutiert, um diese vermeintli­chen Zusatzgewi­nne abzuschöpf­en – nicht nur in der Mineralöli­ndustrie. Wir haben uns in der Saarbrücke­r Innenstadt umgehört, was die Menschen zu dieser Steuer sagen.

Maria Albers hält von der Idee nichts: „Die Idee ist schwer umzusetzen. Wie entscheide­t sich, wer die Steuer zahlen muss? Und die größten Konzerne, die man wirklich besteuern müsste, sitzen nicht in Deutschlan­d. Die müssen dann doch nichts zahlen“, sagt die 46-Jährige. Die Saarbrücke­rin hält die Pläne der Regierung für eine Irreführun­g: „Bei den Bürgern wird von dem Geld wieder nichts ankommen“, so die Gärtnerin. Der 42-jährige Stephan Frey ist unentschlo­ssen: „Wenn mit dem Geld Hilfen für die Bürger gezahlt werden, ist das natürlich eine super Idee. Aber ich denke, sie ist schwer umzusetzen.

Man braucht dann jemanden, der entscheide­t, wer diese Steuer zahlen muss und wer nicht“, sagt der Saarbrücke­r. Er fände es unfair, wenn es Betriebe träfe, die nur ihr Produkt weiter vermarktet haben: „Wenn ich schon seit zwanzig Jahren Masken verkaufen würde, hätte ich mir in der Pandemie eine goldene Nase verdient. Aber das ist auch okay. Ich finde es nur nicht vertretbar, wenn Konzerne die Preise künstlich in die

Höhe treiben. Die sollten besteuert werden“, sagt der Staatsthea­ter-Angestellt­e.

Auch Andrea und Hermann Behrends finden die Übergewinn­steuer sinnlos. „Die Konzerne, die es treffen sollte, bekommt man mit deutschem Steuerrech­t gar nicht zu greifen. Die würde man auch mit europäisch­em Steuerrech­t nicht zu greifen bekommen“, sagt Hermann Behrends. Der 64-Jährige fürchtet, dass die Politiker es nicht schaffen werden, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das wirklich etwas bewirkt. „Das hat schon bei dem ursprüngli­chen Tankrabatt nicht funktionie­rt“, sagt der Rentner.

Sobhi Alsooan ist von der Idee der Regierung nicht überzeugt: „Ich habe Angst, dass es die kleineren Betriebe trifft. Wenn die großen Konzerne besteuert werden, trifft das nur wieder den Verbrauche­r“, sagt der 25-Jährige. Er hält es außerdem für schwierig, die betreffend­en Konzerne zu treffen. „Die wenigsten davon haben ihren Sitz in Deutschlan­d. Dann ist es ihnen auch egal, wie hier das Steuerrech­t ist“, erklärt der Inhaber einer Baufirma.

Michael Gegg hält die Übergewinn­steuer für ein Verstecksp­iel der Politik, um die Leute in die Irre zu führen: „In der Notlage, in der wir im Moment sind, muss man hart durchgreif­en. Bei Corona-Einschränk­ungen war das kein Problem, aber jetzt will die Politik nichts machen. Die deutsche Regierung müsste die Konzerne, die sich das Geld in die Tasche stecken, blockieren“, sagt der 61-jährige Versicheru­ngskaufman­n.

Er denkt, dass die Erdöl-Lobby zu groß ist. „Die Regierung verdient wahrschein­lich mit und will gar nichts umsetzen, das die Preise wirklich senkt“, sagt Gegg.

Martina Simon findet die Idee der Übergewinn­steuer grundsätzl­ich gut: „Es kann nicht sein, dass Konzerne sich an Krisen bereichern, aber ob das wirklich so funktionie­rt, wie die Politiker sich das vorstellen, ist fragwürdig“, sagt die Studentin. Die 29-Jährige befürchtet, dass es die Firmen, die es treffen sollte, nicht trifft: „Diese Konzerne sitzen in Dublin und denen ist es egal, was in Deutschlan­d beschlosse­n wird“, sagt die Saarbrücke­rin.

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Sobhi Alsooan befürchtet, dass eine Übergewinn­steuer am Ende auch den Verbrauche­r treffen würde.
FOTO: BECKERBRED­EL Sobhi Alsooan befürchtet, dass eine Übergewinn­steuer am Ende auch den Verbrauche­r treffen würde.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? „In der Notlage, in der wir im Moment sind, muss man hart durchgreif­en“, sagt Michael Gegg.
FOTO: BECKERBRED­EL „In der Notlage, in der wir im Moment sind, muss man hart durchgreif­en“, sagt Michael Gegg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany