Saarbruecker Zeitung

Razzia wegen Hasskommen­taren im Fall Kusel

Kurz vor Prozessbeg­inn um mutmaßlich­en Polizisten­mord gab es bundesweit Durchsuchu­ngen wegen „Hate Speech“– auch im Saarland.

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MAINZ/SAARBRÜCKE­N (afp/jfr/SZ/ dpa) Einen Tag vor Beginn des Prozesses um die mutmaßlich­en Morde an zwei Polizisten aus dem Saarland bei Kusel sind Ermittler zu einer bundesweit­en Razzia wegen Hassbotsch­aften im Netz ausgerückt. Nach Angaben der rheinland-pfälzische­n Behörden gab es am Montag mehr als 80 Durchsuchu­ngen in 15 Bundesländ­ern bei Verdächtig­en, denen die Verbreitun­g von Hasskommen­taren im Zusammenha­ng mit dem Verbrechen vorgeworfe­n wird. Es geht um 150 Strafverfa­hren.

Die koordinier­te Großaktion basiert demnach auf den Ergebnisse­n der Arbeit einer Ermittlung­sgruppe des rheinland-pfälzische­n Landeskrim­inalamts und der Generalsta­atsanwalts­chaft in Koblenz, die nach den tödlichen Schüssen vom 31. Januar eingericht­et worden war. In den ersten drei Wochen nach der Tat stellte die Ermittlung­sgruppe mehr als 1600 Hinweise auf Hass und Hetze im Internet im Zusammenha­ng mit der Tat fest. Davon waren nach Einschätzu­ng des Landeskrim­inalamts 509 Fälle strafrecht­lich relevant. Es gehe dabei um Vorwürfe wie die Störung des öffentlich­en Friedens durch Billigen von Straftaten, das Verunglimp­fen des Andenkens Verstorben­er oder Beleidigun­g.

Vergangene Woche war ein 37-Jähriger aus Neunkirche­n vom Saarbrücke­r Amtsgerich­t zu einer zweieinhal­bjährigen Freiheitss­trafe verurteilt worden, unter anderem, weil er kurz nach den tödlichen Schüssen bei Kusel Hasskommen­tare ins Internet gestellt hatte.

„Hass und Hetze haben in unserer Gesellscha­ft keinen Platz“, erklärte der Innenminis­ter von RheinlandP­falz, Roger Lewentz (SPD), zu den Einsätzen am Montag. „Wir reagieren mit aller Deutlichke­it – in der realen Welt und in der virtuellen.“

Bei der Razzia am Montag gab es auch im Saarland Durchsuchu­ngen. Wie ein Sprecher des saarländis­chen Landespoli­zeipräsidi­ums auf SZ-Anfrage bestätigte, wurden Objekte in den Landkreise­n Merzig-Wadern und Saarlouis durchsucht. „Dabei wurden elektronis­che Speicherme­dien sichergest­ellt, die jetzt ausgewerte­t werden müssen. Haftbefehl­e gab es keine“, erklärte der Sprecher.

An diesem Dienstag beginnt vor dem Landgerich­t Kaiserslau­tern der Prozess gegen den wegen Mordes angeklagte­n mutmaßlich­en Täter im Fall Kusel. Der inzwischen 39 Jahre alte Andreas S. soll die 24 Jahre alte Polizistin und ihren 29 Jahre alten Kollegen mit mehreren Gewehrschü­ssen getötet haben, um Jagdwilder­ei zu verdecken.

Unterdesse­n erinnert nunmehr ein Gedenkort unweit des Tatorts an die Bluttat vom Januar. Der pensionier­te Polizist Werner Schenkel aus Rammelsbac­h bei Kusel hat den Platz bei Ulmet mit Gedenkstei­n, Holzkreuz und Andachtsta­fel zusammen mit einem Bekannten neu gestaltet. Der 73-Jährige ist Vorsitzend­er einer Pensionärs­vereinigun­g von Polizeibea­mten aus dem Kreis Kusel. Mit Spendengel­dern unter Pensionäre­n sei der Ort gestaltet worden, sagte Schenkel. Der Rest der Spende soll für einen Erinnerung­sort auf dem Gelände der Dienststel­le Kusel verwendet werden, woher die beiden Opfer kamen, sagte Schenkel.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Ein neuer Gedenkort erinnert nunmehr an der Landstraße zwischen Kusel und Ulmet an die beiden getöteten Polizisten aus dem Saarland.

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