Feurige Jazz-Beats und mystische Klänge des Orients
Mit dem „Babylon Orchestra Berlin“erklang am Sonntag in der Hermann-Neuberger-Sportschule der Schlussakkord der Musikfestspiele Saar.
SAARBRÜCKEN Die Voraussetzungen hätten aufgrund der Hitze kaum schlechter sein können: Das Konzert des Babylon Orchestra aus Berlin (hat rein gar nichts mit der fast gleichlautenden Fernsehserie zu tun) fand am Sonntag bereits um 19 Uhr in der ältesten Halle der Hermann-Neuberger-Sportschule statt. Deren Fenster können so gut wie gar nicht geöffnet werden, und so herrschten Sauna-Temperaturen für die fleißig mit den Programmen wedelnden Zuhörer. Das Babylon Orchestra spielte zum Abschluss der Musikfestspiele Saar.
Deren Intendant Bernhard Leonardy erwähnte in seiner Ansprache, dass man tatsächlich überlegt habe, das Konzert ausfallen zu lassen. Die Musiker hätten sich aber dafür entschieden, zu spielen. Für das 14-köpfige Ensemble auf der
Bühne waren Ventilatoren aufgestellt worden, fürs Publikum gab’s kostenloses Wasser – und so konnte die musikalische Reise in den die Hitze gewohnten Orient beginnen.
Um es kurz zu machen: Die etwa 400 Zuhörer (500 Karten waren verkauft worden, einige blieben aber zuhause) wurden reichlich entlohnt für ihre Schweißperlen auf der Stirn.
Das von Geiger Mischa Tangian geleitete Orchester begeisterte das Publikum mit seinen treibenden Rhythmen, den meditativen Parts, den vielfältigen Klängen und den tollen Solisten. Traditionelle westliche Instrumente wie Geige, Klarinette, Saxofon, Trompete und Posaune trafen auf die östlichen Klänge des armenischen Duduk, der Kaval (einer Flöte vom Balkan), des persischen Streichinstruments Kamantsche, der arabischen Oud und der orientalischen Zither namens Santur. Die Basis lieferte eine moderne Rhythmusgruppe mit E-Bass, E-Gitarre, Schlagzeug und Percussion. Tangian selbst stammt aus Moskau und besitzt armenischjüdische Wurzeln. „Unsere Antwort auf die multikulturelle Krise – mehr Respekt, mehr Kultur und mehr Musik“, so heißt es auf der Homepage des Orchesters.
Wie Tangian im Pausengespräch erklärte, sei es ihm darum gegangen: Eine Auflösung des Nahost-Konflikts im friedlichen Miteinander des gemeinsamen Musizierens. 2016 habe er das Orchester hauptsächlich mit geflüchteten afghanischen, iranischen und syrischen Musikern gegründet. Andere Nationen und Einflüsse seien dann dazugestoßen. So war zum ersten Mal die japanische
Geigerin Nanaco Tarui dabei. Glanzlichter setzten auch der marokkanische Oudspieler Alaa Zouiten, der türkische Multiinstrumentalist Deniz Mahir Kartal und die Iranerin Azin Zahedi an der Santur. Gerade die Kombination aus treibenden Rockjazz-Beats und den mystischen Klängen des Orients riss die Zuhörer aus den Sitzen. Anderseits zeigte der Syrer Milad Khawam, wie arabisch eine Trompete klingen kann – ähnlich gestaltete das der Bulgare Vladimir Karparov am Saxofon. Im zweiten Teil des Konzerts sank zwar die Temperatur in der Halle. Das Feuer und die Leidenschaft des Orchesters übertrugen sich aber umso stärker auf die Zuhörer. Keine Frage, dass die am Ende stehend applaudierten.