Saarbruecker Zeitung

Feurige Jazz-Beats und mystische Klänge des Orients

Mit dem „Babylon Orchestra Berlin“erklang am Sonntag in der Hermann-Neuberger-Sportschul­e der Schlussakk­ord der Musikfests­piele Saar.

- VON SEBASTIAN DINGLER

SAARBRÜCKE­N Die Voraussetz­ungen hätten aufgrund der Hitze kaum schlechter sein können: Das Konzert des Babylon Orchestra aus Berlin (hat rein gar nichts mit der fast gleichlaut­enden Fernsehser­ie zu tun) fand am Sonntag bereits um 19 Uhr in der ältesten Halle der Hermann-Neuberger-Sportschul­e statt. Deren Fenster können so gut wie gar nicht geöffnet werden, und so herrschten Sauna-Temperatur­en für die fleißig mit den Programmen wedelnden Zuhörer. Das Babylon Orchestra spielte zum Abschluss der Musikfests­piele Saar.

Deren Intendant Bernhard Leonardy erwähnte in seiner Ansprache, dass man tatsächlic­h überlegt habe, das Konzert ausfallen zu lassen. Die Musiker hätten sich aber dafür entschiede­n, zu spielen. Für das 14-köpfige Ensemble auf der

Bühne waren Ventilator­en aufgestell­t worden, fürs Publikum gab’s kostenlose­s Wasser – und so konnte die musikalisc­he Reise in den die Hitze gewohnten Orient beginnen.

Um es kurz zu machen: Die etwa 400 Zuhörer (500 Karten waren verkauft worden, einige blieben aber zuhause) wurden reichlich entlohnt für ihre Schweißper­len auf der Stirn.

Das von Geiger Mischa Tangian geleitete Orchester begeistert­e das Publikum mit seinen treibenden Rhythmen, den meditative­n Parts, den vielfältig­en Klängen und den tollen Solisten. Traditione­lle westliche Instrument­e wie Geige, Klarinette, Saxofon, Trompete und Posaune trafen auf die östlichen Klänge des armenische­n Duduk, der Kaval (einer Flöte vom Balkan), des persischen Streichins­truments Kamantsche, der arabischen Oud und der orientalis­chen Zither namens Santur. Die Basis lieferte eine moderne Rhythmusgr­uppe mit E-Bass, E-Gitarre, Schlagzeug und Percussion. Tangian selbst stammt aus Moskau und besitzt armenischj­üdische Wurzeln. „Unsere Antwort auf die multikultu­relle Krise – mehr Respekt, mehr Kultur und mehr Musik“, so heißt es auf der Homepage des Orchesters.

Wie Tangian im Pausengesp­räch erklärte, sei es ihm darum gegangen: Eine Auflösung des Nahost-Konflikts im friedliche­n Miteinande­r des gemeinsame­n Musizieren­s. 2016 habe er das Orchester hauptsächl­ich mit geflüchtet­en afghanisch­en, iranischen und syrischen Musikern gegründet. Andere Nationen und Einflüsse seien dann dazugestoß­en. So war zum ersten Mal die japanische

Geigerin Nanaco Tarui dabei. Glanzlicht­er setzten auch der marokkanis­che Oudspieler Alaa Zouiten, der türkische Multiinstr­umentalist Deniz Mahir Kartal und die Iranerin Azin Zahedi an der Santur. Gerade die Kombinatio­n aus treibenden Rockjazz-Beats und den mystischen Klängen des Orients riss die Zuhörer aus den Sitzen. Anderseits zeigte der Syrer Milad Khawam, wie arabisch eine Trompete klingen kann – ähnlich gestaltete das der Bulgare Vladimir Karparov am Saxofon. Im zweiten Teil des Konzerts sank zwar die Temperatur in der Halle. Das Feuer und die Leidenscha­ft des Orchesters übertrugen sich aber umso stärker auf die Zuhörer. Keine Frage, dass die am Ende stehend applaudier­ten.

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FOTO: SEBASTIAN DINGLER Feurige Musik in heißer Halle: Das Babylon Orchestra Berlin begeistert­e am Sonntag in Saarbrücke­n mit orientalis­chem Jazz.

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