„Zuschauen und nichts machen ist nicht richtig“
Angesichts des Krieges wird zurzeit ein EU-Beitritt der Ukraine diskutiert. In Saarbrücken gibt es dazu geteilte Meinungen.
SAARBRÜCKEN Nach über drei Monaten Krieg in der Ukraine hat sich die EU-Kommission in Brüssel dafür ausgesprochen, die Ukraine offiziell als EU-Beitrittskandidat anzuerkennen. Wir haben uns umgehört, was die Saarbrücker von einem EU-Beitritt der Ukraine halten.
Christian Prüm befürwortet einen Beitritt. Der 32-Jährige sagt, dass man die Ukraine dann besser unterstützen könne: „Ein Beitritt der Ukraine in die EU würde Putin ein klares Signal senden. Nämlich, dass wir geschlossen hinter der Ukraine stehen.“Der Saarbrücker hält ein Votum für den Beitritt für die einzige moralisch vertretbare Entscheidung. „Die Ukraine ist in einer Lage höchster Not. Jetzt nur zuschauen und nichts machen ist nicht richtig“, erklärt Prüm.
Sandra Hippchen ist bezüglich des EU-Beitritts zwiegespalten. „Es ist natürlich schön, wenn man den Menschen hilft, die unverschuldet in Not geraten, aber man muss auch an sein eigenes Land denken“, so die Saarbrückerin. Ob die Situation in der Ukraine besser werde, wenn das Land in die EU aufgenommen wird, sei für sie zweifelhaft: „Auch in Deutschland hat sich die Situation seit Beginn des Krieges verschlechtert. Lebensmittel und Benzinpreise sind in die Höhe gegangen. Das wird sich mit einem Beitritt der Ukraine in die Europäische Union nicht ändern.“
Frank Diener ist gegen das Vorhaben, die Ukraine aufzunehmen: „Wir müssen bedenken, was das für Deutschland kosten könnte. Das können unser Land und die EU gar nicht bezahlen.“Die Situation im Land findet er schlimm. „Die ukrainische Bevölkerung tut mir natürlich Leid, aber die Regierung des Landes ist auch nicht ganz unschuldig an der jetzigen Situation. Deutschland kann nicht für jedes Land bezahlen. Auch wenn das Land im Krieg ist“, erklärt der 58-Jährige.
Lisa Konradi hofft auf die EU-Aufnahme der Ukraine: „Natürlich wird das für die EU und auch Deutschland finanziell schwer, aber ich finde, wir befinden uns in einer besonderen Lage, in der der Ukraine geholfen werden muss. Wenn wir das durch einen Beitritt zur EU schaffen, sehe ich keinen Grund, dass die Ukraine nicht aufgenommen werden sollte.“Die 23-jährige Studentin sieht auch die Sorgen der Deutschen. „Natürlich befürchtet man mit einer Aufnahme der Ukraine in die Europäische Union den Zorn Russlands, aber wir müssen doch alle zusammenhalten und können das Geschehen im Osten nicht tatenlos verfolgen“, sagt die Saarbrückerin.
Josef Mauerhagen sieht den Beitritt kritisch: „Wenn die Ukraine alle Bedingungen erfüllt, um der EU beizutreten, dann kann sie das gerne machen. Da sehe ich dann kein Problem. Im Moment sind diese Bedingungen nicht erfüllt.“Der Rentner denkt auch, dass ein möglicher Beitritt noch sehr lange dauern kann. „Bei unserer Bürokratie und den Verfahrenslängen dauert das Ganze doch noch zehn Jahre. Ich bin nicht dafür, dass die Ukraine eine Extrawurst bekommt“, sagt der 71-Jährige. Die Hoffnung der ukrainischen Bevölkerung versteht er: „Natürlich tun mir die Menschen Leid und man würde ihnen gerne helfen, aber wir sind nicht für jedes Land verantwortlich. Der Krieg hat eigentlich nichts mit uns zu tun und wir werden mit hineingezogen.“