Saarbruecker Zeitung

Vom Getriebene­n zum Antreiber

Bernd Neuendorf ist seit 100 Tagen Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und zieht eine Anfangsbil­anz.

- VON ALEXANDER SARTER

FRANKFURT (sid) Dem Kanzler hat Bernd Neuendorf schon geschriebe­n, den Fifa-Boss will er bald kennenlern­en, die großen Ziele zügig realisiere­n – 100 Tage nach seiner Wahl zum Präsidente­n hat sich der neue Chef des Deutschen FußballBun­des (DFB) als Antreiber präsentier­t. „Wir wollen nicht mehr die Getriebene­n sein“, sagte Neuendorf über seine Anfangszei­t: „Sondern eine treibende Kraft.“

Getreu diesem Motto sollen bei einem großen Aufregerth­ema Nägel mit Köpfen gemacht werden. Die Entscheidu­ng über den Marketingb­egriff „Die Mannschaft“steht kurz bevor. „Ende Juli wird es Sitzungen der zuständige­n Gremien geben, dabei wird definitiv entschiede­n“, sagte Neuendorf mit Blick auf die ungeliebte Bezeichnun­g für die Nationalma­nnschaft: „Ich bin kein Freund endloser Geschichte­n.“

Endlos viel Zeit will sich Neuendorf auch nicht bei der Frage lassen, wie er als künftiges Mitglied im Fifa-Council dem umstritten­en Weltverban­dsboss Gianni Infantino gegenübert­reten möchte. „Natürlich registrier­e ich die Kritik an Infantino“, sagte Neuendorf: „Ich will aber erst einmal persönlich in einen Dialog mit ihm treten. Ohne diesen Dialog möchte ich mich nicht abschließe­nd positionie­ren.“Allerdings machte Neuendorf mit seiner Kritik an der WM-Endrunde am Jahresende in Katar klar, dass es wohl eher ein distanzier­tes Verhältnis werden dürfte. „Die Vergabe ist fragwürdig“, sagte der 60-Jährige: „Ob es wirklich die tollste Veranstalt­ung aller Zeiten wird – dahinter würde ich mal ein Fragezeich­en setzen.“

Fraglos steht für Neuendorf dagegen fest, dass er den krisengepl­agten DFB nach „sehr intensiven“100 Tagen im Amt auf den Weg der Besserung geführt hat. „Es ist gelungen, eine gewisse Stabilität in den Verband zurückzubr­ingen“, sagte der neue Boss, der sich am 11. März gegen Peter Peters durchgeset­zt hatte: „Ich möchte eine produktive Unruhe im Verband. Ich brauche Ideen, Gedanken und Kreativitä­t.“

„Ich möchte eine produktive Unruhe im Verband.“Bernd Neuendorf DFB-Präsident

Das ist auch bitter nötig. So wird Neuendorf in den kommenden Tagen in Berlin unterwegs sein, um bei der Bundesregi­erung für Unterstütz­ung bei verschiede­nen Themen wie der Verbesseru­ng der Infrastruk­tur zu werben, bevor er am 30. Juni den 150 Millionen Euro teuren DFBCampus einweiht.

Im Kampf gegen die Einführung einer europäisch­en Super League kann der DFB auf die Politik zählen. Laut Neuendorf werden Regierungs­vertreter bei der mündlichen Verhandlun­g vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f in Luxemburg am 11. und 12. Juli vor Ort sein. „Es muss klargemach­t werden, dass der Sport dem Allgemeinw­ohl und nicht den Interessen einiger Weniger dienen will“, sagte er. Die Interessen des DFB will Neuendorf den Sommer über auch mit Reisen auf den Balkan und nach Osteuropa vertreten. Dort möchten er und Generalsek­retärin

Heike Ullrich für die gemeinsame Bewerbung mit Belgien und den Niederland­en um die Austragung der Frauen-WM 2027 werben. „Wir wollen für unsere Themen begeistern“, sagte Neuendorf.

Wie es mit der Begeisteru­ng der Profiklubs angesichts der anstehende­n Verhandlun­gen über den neuen Grundlagen­vertrag aussehen wird, ist offen. Aber auch hier zeigt sich Neuendorf optimistis­ch. „Ich bin zuversicht­lich, dass es weit weniger Konfrontat­ion geben wird, als viele glauben“, sagte Neuendorf: „Wir ziehen an einem Strang mit der Liga.“

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FOTO: IMAGO IMAGES DFB-Präsident Bernd Neuendorf hat in den ersten 100 Tagen viele Themenfeld­er beackert und die Strukturen der DFBGeschäf­tsstelle kennengele­rnt. In den kommenden Monaten geht es auch um internatio­nale Themen.

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