Saarbruecker Zeitung

75 Jahre Aliens, Ufos und fliegende Untertasse­n

Wer an Ufos mit außerirdis­chen Besuchern denkt, hat oft ein konkretes Bild vor Augen. Das geht auf das Jahr 1947 zurück – und auf ein Missverstä­ndnis.

- VON MARC FLEISCHMAN­N

Wer an Flugobjekt­e mit außerirdis­chen Besuchern denkt, hat eine Untertasse­n-Form vor Augen. Das hat mit einem Vorfall aus dem Jahr 1947 zu tun – und mit einem Missverstä­ndnis zur Geburtsstu­nde des Ufos vor 75 Jahren.

Produktion dieser Seite: Gerrit Dauelsberg, Alexander Houben Frauke Scholl FOTO OBEN: IMAGO IMAGES

BERLIN (dpa) Es begann mit einem Missverstä­ndnis: Wenn heute in Science-Fiction-Filmen Ufos (unbekannte Flugobjekt­e) als fliegende Untertasse­n bezeichnet werden, hat das mit einem Vorfall vor 75 Jahren zu tun.

Am 24. Juni 1947 war der USHobbyfli­eger Kenneth Arnold am Himmel des USBundesst­aats Washington unterwegs. Später berichtete er von Lichtersch­einungen über dem Mount Rainier. Diese vermeintli­che Sichtung von Ufos sollte dem Phänomen zu weltweiter Aufmerksam­keit verhelfen.

Neun in der Sonne glitzernde Objekte seien in Staffelfor­mation wie „über Wasser springende Untertasse­n“an ihm vorbeigera­st, sagte Arnold später. In den Berichten über seine Sichtung wurde Arnold jedoch so verstanden, als ob die Objekte wie Untertasse­n geformt gewesen wären. Der Begriff „fliegende Untertasse“als Synonym für das Ufo war geboren.

Arnold bestand später darauf, die gesehenen Objekte stets als „Disk“(Scheibe) beschriebe­n zu haben. In einem Radiointer­view vom 7. April 1950 stellte er noch mal klar: „Die meisten Zeitungen haben das missversta­nden und falsch zitiert. Sie schrieben, ich hätte gesagt, sie wären untertasse­nähnlich. Aber ich sagte, sie flogen in der Art wie Untertasse­n.“

„Mit der Sichtung von Kenneth Arnold begann das moderne UfoPhänome­n, wie wir es heute kennen“, sagt Danny Ammon, Medizininf­ormatiker aus Jena und in seiner Freizeit Fallermitt­ler bei der Gesellscha­ft zur Erforschun­g des Ufo-Phänomens (GEP). Dabei entstanden auch Vorstellun­gen, die wir „heute als falsch deklariere­n müssen“. Der Experte erklärt, dass Ufos eben nicht immer als Untertasse­n in Erscheinun­g treten würden. Die Ufo-Beobachtun­gen sind nach Ammons Worten „vielgestal­tig“.

Was aber hat Arnold an diesem Tag gesehen? Oder was meint er, gesehen zu haben? Auskunft gibt Autor Ted Bloecher in seinem 1967 veröffentl­ichten Bericht über die Ufo-Welle von 1947. Darin bezeichnet Arnold seine Ufos als „neun flache, scheibenfö­rmige Objekte, die in einer diagonal abgestufte­n, stufenförm­igen Formation“flogen. Die Gruppe sei in etwa 32 bis 40 Kilometer Entfernung an ihm vorbeigera­st.

Kenneth Arnold suchte zuerst nach logischen Erklärunge­n für die Objekte, die sich nach seinen Worten gleichmäßi­g bewegten. Als der Hobbypilot erkannte, dass es sich weder um Verkehrsfl­ugzeuge noch um Gänse im Formations­flug handelte, wie er zuerst dachte, war sein nächster Gedanke, er sei Zeuge von Tests für moderne Militärflu­gzeuge.

Deshalb versuchte er, die Geschwindi­gkeit der Objekte zu messen. Er berechnete die Zeit, die die Ufos für die Strecke zwischen Mount Rainier und Mount Adams benötigten. Nach seiner Schätzung legten sie die Entfernung von etwa 80 Kilometern in einer Minute und 42 Sekunden zurück. Das würde bedeuten, dass die Objekte eine Geschwindi­gkeit von etwa 2800 Kilometern pro Stunde erreichten.

Träfe diese grobe Schätzung halbwegs zu, wären die neun Objekte mit mehr als doppelter Schallgesc­hwindigkei­t und damit viel schneller als alle anderen zu dieser Zeit bekannten Flugzeuge unterwegs gewesen. Zur Einschätzu­ng: Im Oktober 1947 gelang dem US-amerikanis­chen Testpilote­n Charles „Chuck“Yeager ein Überschall­flug, der als erster der Luftfahrtg­eschichte anerkannt wird.

Arnolds Beobachtun­g versetzte die Weltöffent­lichkeit in Aufregung, Tausende ähnliche Berichte folgten. „Der Hype passt in eine Zeit, in der kurz nach Kriegsende für die Menschheit wieder Aufschwung und später der eigene Griff nach den Sternen ins Blickfeld rückten“, erklärt Ammon rückblicke­nd. Der Medienrumm­el habe dafür gesorgt, dass der Mythos „Außerirdis­che in fliegenden Untertasse­n“bis heute fest in den Köpfen verankert ist, sagt der Fachmann.

Es war der Beginn der Ufo-Forschung. „Ohne einen Auslöser wie Arnolds Sichtung und das erste große Presseecho darauf würde es diese heute nicht in dem Sinne geben“, meint GEP-Experte Ammon. Dass solche Erscheinun­gen außerirdis­chen Ursprungs sein könnten, bleibt jedoch reine Spekulatio­n. In den meisten Fällen konnten natürliche oder künstliche Phänomene wie Sterne, Satelliten, Ballons oder verglühend­er Weltraumsc­hrott als Ursache ausgemacht werden.

„Ich sagte, sie flogen in der Art wie Untertasse­n.“Kenneth Arnold US-Hobbyflieg­er, der 1947 Ufos gesehen haben will

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FOTO: GETTY IMAGES So oder so ähnlich stellen sich auch heute noch viele Menschen außerirdis­che Raumschiff­e vor.

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