Die Grünen wollen die Wartehäuschen zurück
Aber die Häuschen sind bereits recycelt – und der Bezirksrat Mitte möchte erst mal sehen, was sich derzeit an der Johanneskirche tut.
SAARBRÜCKEN Absolut zu spät kam der Antrag der Grünen im Bezirksrat Mitte, „sofern möglich, die original Unterstände“von der Saarbahnhaltestelle Johanneskirche dort wieder aufzubauen. Denn zum Zeitpunkt der jüngsten Bezirksratssitzung am Mittwoch, 15. Juni, waren die Unterstände bereits seit rund vier Wochen recycelt. Das teilte die Stadt-Pressestelle auf SZ-Anfrage mit.
In ihrer Beschlussvorlage für den Bezirksrat hatten die Grünen vorgeschlagen, an der Johanneskirche „künstlerisch ansprechende Unterstände“aufzubauen – „mit Bänken, die zum Verweilen einladen“. Die sollten nach Vorstellung der Grünen „in Richtung Johannisstraße an der Ecke zur Saarbahnlinie aufgestellt werden“.
Und am liebsten hätten die Grünen dafür auf die „original Unterstände zurückgegriffen“. Denn für die Grünen waren die alten Unterstände „wertvolle Objekte im öffentlichen Raum“und der Abbau „ein Fehler“. Daher wünschten sich die Grünen in ihrem Antrag „sofern möglich die Originalunterstände“zurück – „oder wenigstens“, falls die alten „bereits zerstört sein sollten“, einen „adäquaten Ersatz an der Johanneskirche“.
Die Grünen meinen, solche künstlerisch gestalteten Unterstände
„kommen der generellen Aufenthaltsqualität vor der Johanneskirche zugute“, und „der Wiederaufbau der Unterstände bedeutet, der örtlichen Szene ihren Aufenthaltsort weiter zuzubilligen“. Weiter erklären die Grünen, sie seien sich der „angespannten Situation vor Ort bewusst“– trotzdem seien sie davon überzeugt, dass „der Abbau der Unterstände nicht der richtige Weg war, um der Situation zu begegnen“.
Allerdings fand sich der Bezirksrat Mitte am 15. Juni nicht dazu bereit, über die Ideen der Grünen zu diskutieren. Auf Antrag der SPD stimmten alle Bezirksratsmitglieder – außer den Grünen – dafür, den Antrag von der Tagesordnung zu nehmen. Begründung: Vor einer Diskussion über „künstlerisch ansprechende Unterstände“wollten die anderen Bezirksratsmitglieder erst mal sehen, was sich derzeit an der Haltestelle tut.
Bereits am Samstag, 7. Mai, hatte die Saarbahn ihre alten Wartehäuschen an der Johanneskirche abbauen lassen – zwei Tage nach der Mai-Sitzung des Bezirksrates. Und als der Bund Deutscher Architekten (BDA) Saar das am 19. Mai als „Aktionismus“und „kurzsichtige Radikallösung“geißelte, da waren die Häuschen längst recycelt (SZ vom 20. Mai).
Denn Saarbahn und Stadtverwaltung beurteilten die Häuschen und deren Wirkung an der Johanneskirche völlig anders als die Grünen und der BDA. Saarbahn-Chef Peter
Edlinger erklärte, die alten Unterstände seien „nach 25 Jahren sanierungsbedürftig“gewesen, und die
Saarbahn habe sehr viel Aufwand treiben müssen, um die Unterstände zu pflegen.
Außerdem wisse die Saarbahn, dass viele ihrer Fahrgäste regelrecht Angst davor hatten, an der Johanneskirche ein- und auszusteigen. Und die Saarbahn hoffe, dass der Abbau der alten Wartehäuschen dazu beitrage, die Situation dort zu ändern. Schließlich hätten normale Fahrgäste die Unterstände schon „seit Jahren gar nicht mehr“nutzen können.
Die Stadtverwaltung ergänzte, dass die alten Wartehäuschen „vergleichsweise weit weg von den Gleisen“waren, und das sei „aus heutiger Sicht ungünstig“, vor allem für Fahrgäste, die „nicht gut zu Fuß sind“. Aber „für jene Menschen, die sich dort getroffen haben, um Alkohol oder illegale Drogen zu konsumieren“– so hält die Stadtverwaltung fest – „haben die massiven und großräumigen Unterstände einen guten Treffpunkt geboten. Das ist aber nicht Zweck der Warteanlagen.“Daher kam die Stadt zu dem Ergebnis, „dass sich die einstige Planung und Umsetzung der ehemaligen Warteanlagen an der Johanneskirche als nicht zielführend entpuppt haben“.
Die Unterstände erfüllten „ihren Zweck schon sehr lange nicht mehr“und verschärften „die Nutzungskonflikte um die Johanneskirche“. Das habe viele Menschen über Jahre verunsichert und dazu geführt, dass Saarbahn-Fahrgäste die Unterstände „nur noch selten genutzt“hätten.
„Wir wissen von vielen Kunden, dass sie die Situation an der Haltestelle Johanneskirche verängstigt und sie diese sogar meiden.“Peter Edlinger, Saarbahn-Geschäftsführer
„Die Unterstände waren wertvolle Objekte im öffentlichen Raum.“Antrag der Grünen im Bezirksrat Mitte
Saarbahn und Stadtverwaltung waren sich einig, dass es wichtiger sei, an der Johanneskirche eine funktionierende Haltestelle zu haben, als zwei künstlerisch gestaltete Unterstände. Daher wollen Saarbahn und Stadtverwaltung dort nun also eine „Haltestelle mit Wartemöglichkeit schaffen, an der Kunden sich möglichst ohne Angst aufhalten können“. Die Entscheidung, so erklärte die Stadt-Pressestelle, gehe auf eine Initiative von Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) zurück. Er habe diese Pläne bereits im Wahlkampf angekündigt.