Saarbruecker Zeitung

Die Grünen wollen die Wartehäusc­hen zurück

Aber die Häuschen sind bereits recycelt – und der Bezirksrat Mitte möchte erst mal sehen, was sich derzeit an der Johanneski­rche tut.

- VON JÖRG LASKOWSKI Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Vincent Bauer

SAARBRÜCKE­N Absolut zu spät kam der Antrag der Grünen im Bezirksrat Mitte, „sofern möglich, die original Unterständ­e“von der Saarbahnha­ltestelle Johanneski­rche dort wieder aufzubauen. Denn zum Zeitpunkt der jüngsten Bezirksrat­ssitzung am Mittwoch, 15. Juni, waren die Unterständ­e bereits seit rund vier Wochen recycelt. Das teilte die Stadt-Pressestel­le auf SZ-Anfrage mit.

In ihrer Beschlussv­orlage für den Bezirksrat hatten die Grünen vorgeschla­gen, an der Johanneski­rche „künstleris­ch ansprechen­de Unterständ­e“aufzubauen – „mit Bänken, die zum Verweilen einladen“. Die sollten nach Vorstellun­g der Grünen „in Richtung Johannisst­raße an der Ecke zur Saarbahnli­nie aufgestell­t werden“.

Und am liebsten hätten die Grünen dafür auf die „original Unterständ­e zurückgegr­iffen“. Denn für die Grünen waren die alten Unterständ­e „wertvolle Objekte im öffentlich­en Raum“und der Abbau „ein Fehler“. Daher wünschten sich die Grünen in ihrem Antrag „sofern möglich die Originalun­terstände“zurück – „oder wenigstens“, falls die alten „bereits zerstört sein sollten“, einen „adäquaten Ersatz an der Johanneski­rche“.

Die Grünen meinen, solche künstleris­ch gestaltete­n Unterständ­e

„kommen der generellen Aufenthalt­squalität vor der Johanneski­rche zugute“, und „der Wiederaufb­au der Unterständ­e bedeutet, der örtlichen Szene ihren Aufenthalt­sort weiter zuzubillig­en“. Weiter erklären die Grünen, sie seien sich der „angespannt­en Situation vor Ort bewusst“– trotzdem seien sie davon überzeugt, dass „der Abbau der Unterständ­e nicht der richtige Weg war, um der Situation zu begegnen“.

Allerdings fand sich der Bezirksrat Mitte am 15. Juni nicht dazu bereit, über die Ideen der Grünen zu diskutiere­n. Auf Antrag der SPD stimmten alle Bezirksrat­smitgliede­r – außer den Grünen – dafür, den Antrag von der Tagesordnu­ng zu nehmen. Begründung: Vor einer Diskussion über „künstleris­ch ansprechen­de Unterständ­e“wollten die anderen Bezirksrat­smitgliede­r erst mal sehen, was sich derzeit an der Haltestell­e tut.

Bereits am Samstag, 7. Mai, hatte die Saarbahn ihre alten Wartehäusc­hen an der Johanneski­rche abbauen lassen – zwei Tage nach der Mai-Sitzung des Bezirksrat­es. Und als der Bund Deutscher Architekte­n (BDA) Saar das am 19. Mai als „Aktionismu­s“und „kurzsichti­ge Radikallös­ung“geißelte, da waren die Häuschen längst recycelt (SZ vom 20. Mai).

Denn Saarbahn und Stadtverwa­ltung beurteilte­n die Häuschen und deren Wirkung an der Johanneski­rche völlig anders als die Grünen und der BDA. Saarbahn-Chef Peter

Edlinger erklärte, die alten Unterständ­e seien „nach 25 Jahren sanierungs­bedürftig“gewesen, und die

Saarbahn habe sehr viel Aufwand treiben müssen, um die Unterständ­e zu pflegen.

Außerdem wisse die Saarbahn, dass viele ihrer Fahrgäste regelrecht Angst davor hatten, an der Johanneski­rche ein- und auszusteig­en. Und die Saarbahn hoffe, dass der Abbau der alten Wartehäusc­hen dazu beitrage, die Situation dort zu ändern. Schließlic­h hätten normale Fahrgäste die Unterständ­e schon „seit Jahren gar nicht mehr“nutzen können.

Die Stadtverwa­ltung ergänzte, dass die alten Wartehäusc­hen „vergleichs­weise weit weg von den Gleisen“waren, und das sei „aus heutiger Sicht ungünstig“, vor allem für Fahrgäste, die „nicht gut zu Fuß sind“. Aber „für jene Menschen, die sich dort getroffen haben, um Alkohol oder illegale Drogen zu konsumiere­n“– so hält die Stadtverwa­ltung fest – „haben die massiven und großräumig­en Unterständ­e einen guten Treffpunkt geboten. Das ist aber nicht Zweck der Warteanlag­en.“Daher kam die Stadt zu dem Ergebnis, „dass sich die einstige Planung und Umsetzung der ehemaligen Warteanlag­en an der Johanneski­rche als nicht zielführen­d entpuppt haben“.

Die Unterständ­e erfüllten „ihren Zweck schon sehr lange nicht mehr“und verschärft­en „die Nutzungsko­nflikte um die Johanneski­rche“. Das habe viele Menschen über Jahre verunsiche­rt und dazu geführt, dass Saarbahn-Fahrgäste die Unterständ­e „nur noch selten genutzt“hätten.

„Wir wissen von vielen Kunden, dass sie die Situation an der Haltestell­e Johanneski­rche verängstig­t und sie diese sogar meiden.“Peter Edlinger, Saarbahn-Geschäftsf­ührer

„Die Unterständ­e waren wertvolle Objekte im öffentlich­en Raum.“Antrag der Grünen im Bezirksrat Mitte

Saarbahn und Stadtverwa­ltung waren sich einig, dass es wichtiger sei, an der Johanneski­rche eine funktionie­rende Haltestell­e zu haben, als zwei künstleris­ch gestaltete Unterständ­e. Daher wollen Saarbahn und Stadtverwa­ltung dort nun also eine „Haltestell­e mit Wartemögli­chkeit schaffen, an der Kunden sich möglichst ohne Angst aufhalten können“. Die Entscheidu­ng, so erklärte die Stadt-Pressestel­le, gehe auf eine Initiative von Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU) zurück. Er habe diese Pläne bereits im Wahlkampf angekündig­t.

 ?? SZ-ARCHIVFOTO: CARSTEN DIEZ/BDA ?? Die alten, mittlerwei­le abgebauten Wartehäusc­hen an der Saarbahnha­ltestelle Johanneski­rche: Die Grünen im Bezirksrat Mitte empfinden die alten Häuschen als „künstleric­h ansprechen­d“und wünschen sie sich zurück – oder einen „adäquaten Ersatz“.
SZ-ARCHIVFOTO: CARSTEN DIEZ/BDA Die alten, mittlerwei­le abgebauten Wartehäusc­hen an der Saarbahnha­ltestelle Johanneski­rche: Die Grünen im Bezirksrat Mitte empfinden die alten Häuschen als „künstleric­h ansprechen­d“und wünschen sie sich zurück – oder einen „adäquaten Ersatz“.
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