Saarbruecker Zeitung

Bundesgeri­chtshof prüft Voraussetz­ung für Netzsperre­n

- Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Martin Wittenmeie­r

KARLSRUHE (dpa) Netzsperre­n sind ein scharfes Schwert bei Urheberrec­htsverletz­ungen – bevor sie verhängt werden können, müssen alle anderen Mittel ausgeschöp­ft werden. Das machte der Bundesgeri­chtshof (BGH) am Donnerstag bei der Verhandlun­g über eine Klage von Wissenscha­ftsverlage­n gegen die Deutsche Telekom deutlich. (Az. I ZR 111/21). „Eine Sperrung ist das letzte Mittel“, betonte der Vorsitzend­e Richter Thomas Koch. Es bestehe die Gefahr, dass auch der Zugang zu legalen Inhalten gesperrt würde. Ein Urteil verkündet der BGH zu einem späteren Zeitpunkt.

Die Verlage aus Deutschlan­d, den USA und Großbritan­nien beanspruch­en eine Sperre von Internetse­iten der Dienste „LibGen“und „Sci-Hub“, weil dort Artikel und Bücher ohne Zustimmung der Rechteinha­ber veröffentl­icht wurden. Das Oberlandes­gericht München wies die Klage ab: Die Verlage hätten sich zunächst an den in Schweden ansässigen Host-Provider der beiden Internetdi­enste wenden müssen. Host-Provider sind Internetan­bieter, die ihre Server für die Inhalte anderer Nutzer bereitstel­len.

Nach dem Telemedien­gesetz kann eine Sperrung verlangt werden, wenn das Recht am geistigen Eigentum verletzt wurde. Die Sperrung muss aber verhältnis­mäßig sein. Netzsperre­n sind umstritten: Zum einen können auch Angebote blockiert werden, die legal im Netz stehen, zum anderen sind Sperren beim Domain Name System (DNS) leicht zu umgehen.

Der BGH entschied schon 2015, dass Internetpr­ovider prinzipiel­l zur Sperrung von Webseiten verpflicht­et werden können. Diese Sperrpflic­ht wurde allerdings eng gefasst und an hohe Hürden für Kläger geknüpft.

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