Was Ford-Mitarbeiter jetzt wissen müssen
Die Entscheidung des Ford-Managements für Valencia als E-Auto-Produktionsstandort wird weitreichende Folgen für die Ford-Beschäftigten in Saarlouis und ihre Familien haben. Wie könnte deren Zukunft aussehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
SAARLOUIS Wenn bei Ford in Saarlouis zahlreiche Arbeitsplätze verloren gehen, was durch den Beschluss für die künftige E-Auto-Fertigung in Valencia wahrscheinlich geworden ist, kann der Autobauer den Menschen nicht einfach kündigen. Arbeitgeber und Betriebsrat müssen einen Sozialplan verhandeln und abschließen, schreibt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor. Ein Sozialplan ist eine „schriftliche Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile für die Beschäftigten“, so Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Was ist der Unterschied zwischen einem Sozialplan und einem Interessenausgleich
Voraussetzung eines Sozialplans ist, dass eine Betriebsänderung im juristischen Sinn ansteht. Eine Betriebsänderung liegt dann vor, wenn sich ein Unternehmen grundlegend neu ausrichtet, die bisherige Fertigung einschränkt oder das Werk komplett schließt, wie das für den Ford-Standort Saarlouis zu befürchten ist. Diese angestrebte Änderung definiert der Arbeitgeber schriftlich in einem Interessenausgleich. „Der Sozialplan regelt dann, wie die negativen Folgen dieser geplanten Änderungen für die Belegschaft abgemildert werden können“, heißt es im BetriebsratLexikon des Poko-Instituts.
Was gleicht ein Sozialplan aus
Die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer, die ein Sozialplan ausgleichen soll, können eine drohende Arbeitslosigkeit sein, aber auch, wenn dem Beschäftigten ein neuer, möglicherweise lausig bezahlter Arbeitsplatz zugewiesen wird, an dem seine bisher erworbene Qualifikation verkümmert. Sozialplan-Ansprüche haben auch Ford-Mitarbeiter, denen womöglich ein Arbeitsplatz im Kölner Werk angeboten wird.
Was kann in einem Sozialplan geregelt werden
Welche Verabredungen in einem Sozialplan stehen, ist Verhandlungssache. Sollte eine Abfindung vereinbart werden, richtet sich deren Höhe nach Alter, Betriebszugehörigkeit und dem Monats-Bruttolohn. Hat jemand Kinder und/oder er ist schwerbehindert, wirkt es sich ebenfalls auf die Höhe der Abfindung aus. Auch Umzüge können unterstützt werden, beispielsweise mit einer Pendlerpauschale.
Was passiert, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf einen Sozialplan einigen
Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf einen Sozialplan verständigen, können sie eine Einigungsstelle anrufen. Dies ist eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle, die aus Vertretern des Arbeitgebers und des Betriebsrats besteht. Hinzu kommt ein neutraler Vorsitzender, in der Regel ein Arbeitsrichter. Da die Einigungsstelle ein „erzwingbares Verfahren“ist, kann sie keine der beiden Parteien verhindern. Ihre Entscheidung ersetzt die nicht zustande gekommene Sozialplan-Regelung. Die Kosten der Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber. Geregelt ist das Verfahren im Betriebsverfassungsgesetz.
Voraussetzung eines Sozialplans ist, dass eine Betriebsänderung im juristischen Sinn ansteht.
Wie funktioniert eine Transfergesellschaft
Im Sozialplan kann auch eine Transfergesellschaft verabredet werden, die von der Bundesagentur für Arbeit (BA) gefördert wird. Im Prinzip schließt der betroffene Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber – hier also Ford – einen Aufhebungsvertrag ab und mit der Transfergesellschaft einen befristeten Arbeitsvertrag. Die Mitarbeiter verzichten dabei auf ihre Kündigungsfrist. Wie lange der Beschäftigte in der Transfergesellschaft bleibt, orientiert sich an der Kündigungsfrist des Einzelnen. In der Regel wird die
Kündigungsfrist des Mitarbeiters in der Transfergesellschaft verdoppelt. Die Mindestdauer dort beträgt drei Monate, die Höchstdauer ein Jahr. Der Arbeitnehmer erhält das gleiche Geld wie bei Kurzarbeit, entweder 67 Prozent, wenn Kinder zu versorgen sind, oder 60 Prozent des letzten Netto-Entgelts. In den Sozialplan-Verhandlungen einigen sich die Partner meist auf eine Entgelt-Aufstockung. Die Monate in der Transfergesellschaft werden nicht mit der Anspruchszeit auf Arbeitslosengeld verrechnet. Wenn jemand in der Transfer-Zeit keinen neuen Job gefunden hat, orientiert sich das Arbeitslosengeld nach dem Gehalt, das der Arbeitnehmer vor dem Eintritt in die Transfergesellschaft bezogen hat. Geregelt ist das Ganze im Sozialgesetzbuch (SGB) III.
Welche Maßnahmen werden während der Zeit in einer Transfergesellschaft gefördert
Die Bundesagentur für Arbeit fördert etliche Maßnahmen bei Leuten, die in einer Transfergesellschaft sind. So können Qualifizierungsprofile ermittelt und Unternehmen gefunden werden, die genau solche Leute suchen. Wenn Qualifizierungsmodule fehlen, übernimmt die BA passende Weiterbildungsmaßnahmen. Sie arbeitet mit spezialisierten Beratungsunternehmen zusammen – wie beispielsweise mit der Nalbacher Gesellschaft für Personalmanagement im Strukturwandel (PiS). Deren Seniorchef Theo Bilsdorfer hat gute Erfahrung mit Betriebspraktika gemacht. „Dabei können sich der Arbeitgeber und die potenziellen Mitarbeiter schnell kennenlernen und sehen, ob es passt.“