Saarbruecker Zeitung

Weltweit fast 5000 Affenpocke­n-Infektione­n gemeldet

- VON GISELA GROSS UND CHRISTIANE OELRICH

GENF (dpa) Die Zahl der Affenpocke­n-Nachweise steigt in Deutschlan­d und mehr als 40 anderen Ländern. Weltweit sind in diesem Jahr inzwischen fast 5000 Infektione­n gemeldet worden. Die Weltgesund­heitsorgan­isation ( WHO) hat deshalb einen Affenpocke­n-Notfallaus­schuss einberufen. Am Donnerstag begannen die in den Ausschuss berufenen unabhängig­en Fachleute mit einer Lagebeurte­ilung. Sie prüfen, ob die öffentlich­e Gesundheit in größerem Umfang bedroht ist. Dann würden sie die Ausrufung einer „Notlage von internatio­naler Tragweite“empfehlen. Letztlich liegt die Entscheidu­ng bei der WHO. Das Ergebnis der Beratungen wird nach WHO-Angaben nicht vor Freitag erwartet.

Die WHO zeigt sich wegen der Häufung der gemeldeten Fälle besorgt. Das Virus verhalte sich ungewöhnli­ch und es seien immer mehr Länder betroffen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesu­s. Bis Mitte Juni wurden der WHO gut 2100 Fälle gemeldet. Seitdem hat sich die Zahl aber allein in Deutschlan­d schon verdoppelt. Beunruhige­nd für die WHO ist, dass 98 Prozent der Fälle in Ländern entdeckt wurden, in denen das Virus bislang praktisch unbekannt war. „Wir wollen nicht warten, bis die Situation außer Kontrolle geraten ist“, sagte WHO-Spezialist Ibrahima Socé Fall zur Einberufun­g des Ausschuss.

Die Erklärung einer Notlage (Public Health Emergency of Internatio­nal Concern) ist die höchste Alarmstufe, die die WHO zünden kann. Unmittelba­re praktische Auswirkung­en hat das nicht. Vielmehr soll dies die Aufmerksam­keit der 194 Mitgliedsl­änder erhöhen. Der Expertenra­t gibt Empfehlung­en und begutachte­t auch „das Risiko einer internatio­nalen Ausbreitun­g und Risiken für den internatio­nalen Verkehr“, sagt WHOSpreche­rin Carla Drysdale.

Gesundheit­sexperten in Genf halten es für eher unwahrsche­inlich, dass der Ausschuss schon bei seinem ersten Treffen die Erklärung einer Notlage empfiehlt. Dagegen spricht, dass die Infektions­zahlen nicht so explosiv steigen. Bisher werden in der Regel auch keine schweren und tödlichen Krankheits­verläufe beobachtet. Außerdem handelt es sich beim Affenpocke­n-Erreger um ein DNA- und kein RNA-Virus wie Sars-CoV-2: DNA-Viren sind träger und mutieren kaum. Ansteckend­ere Varianten werden daher nicht so schnell erwartet wie bei Corona. Es gibt auch bereits einen Impfstoff. Der wurde gegen Menschenpo­cken entwickelt, wirkt aber auch gegen Affenpocke­n.

Was den Experten aber Sorgen bereitet: Das Virus verhält sich anders als bislang bekannt war. Affenpocke­n sind eigentlich eine Krankheit bei Nagetieren in West- und Zentralafr­ika. Vereinzelt springen sie dort auf Affen und auch auf den Menschen über. Eine Übertragun­g von Mensch zu Mensch ist bei engem Kontakt möglich. Dass sich das Virus auch in Europa ausbreitet, ist neu.

Bis Donnerstag wurden in Deutschlan­d rund 592 Fälle gemeldet. Eine weitere Zunahme wird erwartet. „Es scheint weiterhin möglich, den aktuellen Ausbruch in Deutschlan­d zu begrenzen, wenn Infektione­n rechtzeiti­g erkannt und Vorsichtsm­aßnahmen umgesetzt werden“, schreibt das Robert KochInstit­ut.

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