Weltweit fast 5000 Affenpocken-Infektionen gemeldet
GENF (dpa) Die Zahl der Affenpocken-Nachweise steigt in Deutschland und mehr als 40 anderen Ländern. Weltweit sind in diesem Jahr inzwischen fast 5000 Infektionen gemeldet worden. Die Weltgesundheitsorganisation ( WHO) hat deshalb einen Affenpocken-Notfallausschuss einberufen. Am Donnerstag begannen die in den Ausschuss berufenen unabhängigen Fachleute mit einer Lagebeurteilung. Sie prüfen, ob die öffentliche Gesundheit in größerem Umfang bedroht ist. Dann würden sie die Ausrufung einer „Notlage von internationaler Tragweite“empfehlen. Letztlich liegt die Entscheidung bei der WHO. Das Ergebnis der Beratungen wird nach WHO-Angaben nicht vor Freitag erwartet.
Die WHO zeigt sich wegen der Häufung der gemeldeten Fälle besorgt. Das Virus verhalte sich ungewöhnlich und es seien immer mehr Länder betroffen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Bis Mitte Juni wurden der WHO gut 2100 Fälle gemeldet. Seitdem hat sich die Zahl aber allein in Deutschland schon verdoppelt. Beunruhigend für die WHO ist, dass 98 Prozent der Fälle in Ländern entdeckt wurden, in denen das Virus bislang praktisch unbekannt war. „Wir wollen nicht warten, bis die Situation außer Kontrolle geraten ist“, sagte WHO-Spezialist Ibrahima Socé Fall zur Einberufung des Ausschuss.
Die Erklärung einer Notlage (Public Health Emergency of International Concern) ist die höchste Alarmstufe, die die WHO zünden kann. Unmittelbare praktische Auswirkungen hat das nicht. Vielmehr soll dies die Aufmerksamkeit der 194 Mitgliedsländer erhöhen. Der Expertenrat gibt Empfehlungen und begutachtet auch „das Risiko einer internationalen Ausbreitung und Risiken für den internationalen Verkehr“, sagt WHOSprecherin Carla Drysdale.
Gesundheitsexperten in Genf halten es für eher unwahrscheinlich, dass der Ausschuss schon bei seinem ersten Treffen die Erklärung einer Notlage empfiehlt. Dagegen spricht, dass die Infektionszahlen nicht so explosiv steigen. Bisher werden in der Regel auch keine schweren und tödlichen Krankheitsverläufe beobachtet. Außerdem handelt es sich beim Affenpocken-Erreger um ein DNA- und kein RNA-Virus wie Sars-CoV-2: DNA-Viren sind träger und mutieren kaum. Ansteckendere Varianten werden daher nicht so schnell erwartet wie bei Corona. Es gibt auch bereits einen Impfstoff. Der wurde gegen Menschenpocken entwickelt, wirkt aber auch gegen Affenpocken.
Was den Experten aber Sorgen bereitet: Das Virus verhält sich anders als bislang bekannt war. Affenpocken sind eigentlich eine Krankheit bei Nagetieren in West- und Zentralafrika. Vereinzelt springen sie dort auf Affen und auch auf den Menschen über. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bei engem Kontakt möglich. Dass sich das Virus auch in Europa ausbreitet, ist neu.
Bis Donnerstag wurden in Deutschland rund 592 Fälle gemeldet. Eine weitere Zunahme wird erwartet. „Es scheint weiterhin möglich, den aktuellen Ausbruch in Deutschland zu begrenzen, wenn Infektionen rechtzeitig erkannt und Vorsichtsmaßnahmen umgesetzt werden“, schreibt das Robert KochInstitut.