Saarbruecker Zeitung

Scholz will jetzt auch im Alpenidyll Elmau punkten

Die G7-Tagung ist die zweite Station eines achttägige­n Gipfelmara­thons für den Bundeskanz­ler. Kann der Kanzler den Schwung vom EU- mit zum G7-Treffen nehmen?

- VON MICHAEL FISCHER UND ANSGAR HAASE

ELMAU/BRÜSSEL (dpa) Tagungsort ist ein zum Fünf-Sterne-Luxushotel umgebautes Schloss am Fuße des fast 3000 Meter hohen Wetterstei­ngebirges. Doch das Thema der Tagung steht in scharfem Kontrast zum Idyll in den Alpen. Mit diesem Widerspruc­h wird Kanzler Olaf Scholz (SPD) zurechtkom­men müssen, wenn er von Samstagabe­nd bis Dienstagna­chmittag im bayerische­n Schloss Elmau Staats- und Regierungs­chefs aus elf Ländern zu Gast hat. Es wird ein Krisengipf­el im Alpenidyll, bei dem Scholz als Neuling in der Gruppe der Chefs westlicher Wirtschaft­smächte die Fäden in der Hand haben wird. Neben den G7-Mitglieder­n USA, Großbritan­nien, Frankreich, Italien, Kanada und Japan hat Scholz fünf weitere Demokratie­n eingeladen: Indien, Indonesien, Südafrika, Senegal und Argentinie­n.

Elmau ist die zweite Etappe eines achttägige­n Gipfelmara­thons, der mit dem EU-Gipfel in Brüssel begonnen hat und in der nächsten Woche mit dem Nato-Gipfel in Madrid enden wird. Die Vorzeichen für Elmau sind günstig. Brüssel hat eine historisch­e Entscheidu­ng gebracht, deren Schwung Scholz mit in die Alpen bringen kann. Die Ukraine und Moldau sind jetzt EUBeitritt­skandidate­n. Der Beschluss ging relativ glatt über die Bühne.

Scholz hat mit dazu beigetrage­n, indem er sich zusammen mit dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron und dem italienisc­hen Ministerpr­äsidenten Mario Draghi bereits vergangene Woche in Kiew dafür ausgesproc­hen hat.

Und das sind die Themen, um die es beim G7-Treffen geht: Die von Russland angegriffe­ne Ukraine soll so lange unterstütz­t werden, wie es nötig ist. Das sagt Scholz immer wieder und meint damit militärisc­he, humanitäre und finanziell­e Hilfe. In seiner Regierungs­erklärung hat er einen „Marshall-Plan“für den

Wiederaufb­au der kriegszers­törten Ukraine gefordert. Mit einem solchen Plan halfen die USA zwischen 1948 und 1952 Deutschlan­d und anderen europäisch­en Staaten, nach sechs Jahren Krieg wieder auf die Beine zu kommen. Scholz will nun zunächst eine Expertenko­nferenz einberufen, die sich damit befassen soll, wie man Investitio­nen in die Ukraine organisier­en kann. Auch weitere Sanktionen gegen Russland könnten Thema sein.

Ursprüngli­ch als Topthema vorgesehen, ist der Klimaschut­z im Zuge des Krieges in die zweite Reihe gerutscht. Scholz will seine Idee des Klimaclubs vorantreib­en, die noch aus seiner Zeit als Finanzmini­ster stammt: Dieser soll eine enge Koordinier­ung von Maßnahmen zum Klimaschut­z ermögliche­n und der Umsetzung des Pariser Klimaschut­zabkommens internatio­nal einen zusätzlich­en Schub geben.

Scholz will die internatio­nale Zusammenar­beit stärken, die Demokratie­n stärker vernetzen, gleichzeit­ig aber eine Blockbildu­ng zwischen dem Westen und autoritär geführten Staaten wie Russland und China vermeiden. Deswegen hat er auch Staaten eingeladen, die zwar zu den Demokratie­n zählen, sich aber nicht klar zum Ukraine-Krieg positionie­rt haben. Indien, Südafrika und Senegal enthielten sich bei der Abstimmung im UN-Sicherheit­srat bei der Verurteilu­ng des Kriegs. Der Dialog mit diesen Staaten ist Scholz aber wichtig. „Unser Verständni­s von Demokratie greift zu kurz, wenn wir uns nur auf den klassische­n Westen konzentrie­ren“, sagt er.

Experten warnen vor der größten Hungersnot seit dem Zweiten Weltkrieg in Folge des Ukraine-Kriegs. Die G7 wird nach Wegen suchen, die Blockade der ukrainisch­en Getreideex­porte über das Schwarze Meer aufzulösen. Die Bemühungen von UN-Generalsek­retär Antonio Guterres haben bisher nicht zum Erfolg geführt.

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FOTO: MATTHYS/DPA Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD)

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