„Musikfestspiele haben ihre Form gefunden“
Gut 5000 Besucher hatten die Musikfestspiele Saar in diesem Jahr – nicht nur deshalb ist Intendant Bernhard Leonardy hochzufrieden. Allerdings kämpft das Festival mit massiv steigenden Kosten.
SAARBRÜCKENNoch steht der letzte Kassensturz aus, die Bilanz des Musikfestspiel-Intendanten Bernhard Leonardy aber fällt bereits vor der Endabrechnung positiv aus. „Wir hatten wunderbare Konzerte, und thematisch haben wir offenbar den Nerv der Zeit getroffen“, meint er. „Orientations – Orientierungen“klang zwar zunächst nach einem sperrigen Festivalmotto, der Austausch der Kulturen aber, das Wechselspiel zwischen Orient und Okzident, ist ein Thema, das die Gäste offenbar ansprach – Daniel Hopes ausverkauftes Konzert „West-östlicher Divan“in Saarlouis ist dafür das prominenteste Exempel.
Und dass die Musikfestspiele Saar zum Prolog im März ein Kiewer Orchester nach St. Ingbert holten, zeigte auch, dass die Festspiele, die ja mit reichlich Voraus planen müssen, auch mal fix (aufs Politische) reagieren können. Das Publikum hat all das honoriert, ist sich Leonardy sicher: „80 Prozent Auslastung“hatte man über alle Veranstaltungen hinweg, was rund 5000 Besucher bedeutet (die Gäste bei Kostenlos-Terminen wie dem „Orientalischen Markt“in Burbach sind da nicht mitgerechnet). Und das in Zeiten, in denen unter Kulturmachern längst der Spruch kursiert: „50 Prozent Auslastung ist das neue ausverkauft.“Andauernde CoronaÄngste und steigende Preise lassen das Publikum beim Kartenkauf eben merklich zögern.
Kurz vor dem Festivalstart am 22. Mai trieb das auch Bernhard Leonardy die Sorgenfalten auf die Stirn. Doch mit den Festspielen kamen auch die Besucher. Auf deren Kurzentschlossenheit müsse man sich aber à la longue wohl einstellen, befürchtet Leonardy, die Leute legen sich nicht mehr so lange im Voraus fest. Trotzdem wolle man, wo möglich, gegensteuern. Das Programm für die Ausgabe 2023 „muss deshalb vor Weihnachten raus“, meint der Festivalchef, damit die Tickets auch als Präsent zum Fest verkauft werden können.
Ansonsten aber ist der 59-Jährige überzeugt, dass „die Musikfestspiele Saar nun ihre Form gefunden haben“. Als jährliches Festival, nicht wie früher als Biennale. Dazu kompakt mit vier Wochen Dauer im Frühsommer, „das ist ein guter Zeitpunkt, schließlich haben wir die Pandemie noch nicht hinter uns; im Herbst müsste man mit Absagen rechnen“.
Dazu habe man zwar großen Namen im Programm (wie dieses Mal Daniel Hope, Chen Reiss, Christoph Prégardien und Fazil Say), aber „wir wollen nicht nur einfach Stars hierherholen“. Also setzen er und die künstlerische Projektleiterin Eva Karolina Behr auch stark auf das inhaltliche Profil, ergänzt um ein attraktives Angebot für Kinder sowie die dezidierte Förderung junger Musiker mit Auftrittsmöglichkeiten wie
„Wir können und wollen die steigenden Kosten beim nächsten Festival nicht einfach auf die Kartenpreise aufschlagen, die Tickets müssen bezahlbar bleiben.“Bernhard Leonardy Intendant der Musikfestspiele Saar
kürzlich für Jugend-musiziert-Preisträger und einem herausragenden Konzertabend mit Studierenden der Barenboim-Said-Akademie.
Ein Markenzeichen des SaarFestivals bleiben zudem die ungewöhnlichen und neuen Spielorte; dazu zählten jetzt die Saarbrücker Sportschule und die Industriehalle Meiser. „Organisatorisch sind solche Orte ein Riesenaufwand“, erläutert der Festivalchef, „aber es lohnt sich, weil wir so immer wieder neue Leute ansprechen können, die um Konzertsäle, Theater oder Kirchen sonst einen Bogen machen“.
Just dieser Punkt allerdings kommt das Festival jetzt deutlich teurer zu stehen, als erwartet. Mit gut 50 000 Euro hatte man für Veranstaltungstechnik kalkuliert, 100 000 Euro könnten es am Ende werden. Bei einem Gesamtetat von rund 400 000 Euro ein Riesenbatzen. In der Pandemie erlitt die Veranstaltungsbranche einen massiven personellen Aderlass. Weil es nichts zu tun gab, suchten sich die Leute andere Jobs. Jetzt fehlen sie, und die verbliebenen müssen deutlich teurer bezahlt werden. Auch sonst merke man die Preissteigerungen deutlich. Leonardy hofft aber, dass man bei der Ausgabe 2022 trotzdem „finanziell mit einem blauen Auge“davonkomme. Der eine oder andere Bittgang zu den Sponsoren steht da für den Festivalchef wohl noch an. Beruhigend ist zumindest, dass die Festspiele ihren rund 1000 Mitglieder starken Förderverein im Rücken wissen.
Trotzdem wird die Finanzierung zu einem noch drängenderen Thema. „Wir können und wollen die steigenden Kosten beim nächsten Festival nicht einfach auf die Kartenpreise aufschlagen, die Tickets müssen bezahlbar bleiben“, sagt Leonardy. Und so erneuert er seine schon oft formulierte Bitte in Richtung diverser Landesregierungen, Mittel für eine dauerhafte Festivalstruktur zur Verfügung zu stellen, sprich Geld für ein Büro und Festspiel-Mitarbeiter. „So etwas braucht ein Landesfestival einfach“, sagt Leonardy. Bleibt abzuwarten, ob die neue Landesregierung nun die Bitte erhört.