Saarbruecker Zeitung

Paukenschl­ag im Musikschul-Streit

Quierschie­d und Sulzbach finanziere­n gemeinsam die Musikschul­e in Sulzbach. Bis jetzt. Nun droht Sulzbach, den Vertrag zu kündigen.

- VON PATRIC CORDIER UND HEIKO LEHMANN

SULZBACH/QUIERSCHIE­D Der Stadtrat von Sulzbach hat in seiner Sitzung am vergangene­n Donnerstag einstimmig die Kündigung des Zweckverba­ndes Musikschul­e mit der Gemeinde Quierschie­d beschlosse­n. „Wir stehen voll hinter der Musikschul­e, aber mit Quierschie­d ist keine sachliche Diskussion mehr möglich. Wir wollen die Kündigung auch, um Druck aufzubauen“, erklärt Andreas Latz von der SPD.

Die Zweckverba­ndsversamm­lung Musikschul­e besteht aus 16 Mitglieder­n – neun aus Sulzbach, sieben aus Quierschie­d. 2017 haben die Quierschie­der beschlosse­n, dass sie künftig nur noch 135 000 Euro pro Jahr zur Musikschul­e Sulzbach-/ Fischbacht­al beisteuern wollen und werden. Davor seien es etwa 30 000 Euro mehr pro Jahr gewesen. Um den Zweckverba­nd nicht aufzugeben, hatten die Sulzbacher damals den nun fehlenden Quierschie­der Anteil übernommen. Sie hätten damit seit 2017 insgesamt 152 248 Euro mehr für die Musikschul­e gezahlt.

Diese Zahlen stellte Sulzbachs Bürgermeis­ter Michael Adam (CDU) am Donnerstag im Stadtrat vor. „Die Quierschie­der behaupten immer, dass wir trotz Mitübernah­me der anteiligen Umlage aufgrund der Entwicklun­g und der Umsetzung des Konsolidie­rungskonze­ptes insgesamt rund 248 000 Euro gespart hätten. Doch das stimmt nicht. Fakt ist, dass wird seit 2017 152 248 Euro mehr bezahlt haben“, sagte Adam. Zudem habe es nur deshalb Kosteneins­parungen gegeben, weil die Lehrer der Musikschul­e für weniger Geld mehr arbeiten würden.

Das bestätigte auch Uwe Brandt, der Leiter der Musikschul­e. „Die Einsparung­en durch die Lehrer belaufen sich auf etwa 100 000 Euro. Ich finde die Entscheidu­ng der Sulzbacher sehr brisant, finde aber auch das kompromiss­lose Verhalten der Quierschie­der nicht fair“, erklärte Brandt. Seit 2020 hätten die Sulzbacher den Quierschie­dern mehrere Möglichkei­ten für neue Finanzieru­ngsmodelle vorgestell­t. Diese habe Quierschie­d konsequent abgelehnt.

„Man sollte sich nicht erpressen lassen. Wir machen das nicht mit Groll, aber uns bleibt keine andere Wahl, als die Kündigung“, sagte Bernd Schlachter von den Freien Wählern am Donnerstag im Sulzbacher Stadtrat. Auch alle anderen Parteien aus dem Sulzbacher Rat stellten sich einstimmig hinter den Kündigungs­vorschlag von Bürgermeis­ter Adam. Sie machten allerdings auch deutlich, dass sie die Musikschul­e nicht dem Erdboden gleichmach­en, sondern erhalten wollen. Dafür wurde am Donnerstag bereits ein Konzept vorgelegt.

Sollte es bei der Kündigung bleiben, würde der Zweckverba­nd am 31. Dezember 2023 aufgelöst, und am 1. Januar 2024 würde die Stadt Sulzbach die Musikschul­e alleine übernehmen. Gespräche für eine mögliche Zusammenar­beit mit Friedrichs­thal und St. Ingbert liefen bereits.

„Den Sulzbacher Stadtrat ärgert noch immer, dass Quierschie­d seine Kostenüber­nahme für die Musikschul­e 2016 auf 135 000 Euro pro Jahr gedeckelt hat“, hieß es am Donnerstag am Rande der Gemeindera­tssitzung in Quierschie­d, die sich auch mit den Themen Zweckverba­nd und der gemeinsame­n Musikschul­e beschäftig­te.

Während man in Sulzbach beklagt, die größere Last an der Musikschul­e tragen zu müssen, will man in Quierschie­d errechnet haben, dass der durch die Deckelung eingeleite­te Weg der Konsolidie­rung den Nachbarn fast 250 000 Euro gespart hätte. Auch sei die Gemeinde nicht damit einverstan­den, wie von Sulzbach gefordert, die jährlichen Steigerung­en bei den Mitarbeite­rgehältern und Energiepre­isen mitzutrage­n. 7615 Euro seien dies pro Jahr, laut Quierschie­ds Bürgermeis­ter Lutz Maurer (parteilos). Die Anpassung sei damals nicht vereinbart worden, obwohl Maurer dafür vom Gemeindera­t und den Fraktionsv­orsitzende­n Timo Flätgen (CDU) und Stephan Schmidt (SPD) freie Hand in den Verhandlun­gen mit seinem Sulzbacher Amtskolleg­en Michael Adam (CDU) bekommen habe – so steht es jedenfalls im Sitzungspr­otokoll. Verhandelt sei es nie worden. Maurer merkt auch an, dass Sulzbach zwischen 2017 und 2021 72 809 Euro an Personalko­sten eingespart habe. Sulzbach spricht von 100 000 Euro.

Auch auf Grundlage dieser Zahlen hat der Gemeindera­t am Donnerstag bei nur einer Gegenstimm­e einen Neun-Punkte-Plan für den Umgang mit der Musikschul­e verabschie­det. Den wollen Maurer und die anderen Delegierte­n in der Zweckverba­ndsversamm­lung am Freitag vorlegen (war bei Redaktions­schluss noch nicht beendet). Quierschie­d schlägt vor, mehr einzuspare­n und die Einnahmesi­tuation zu verbessern. Zudem sollen mehr Fördergeld­er beim Regionalve­rband und Kulturmini­sterium beantragt werden.

In einem sind sich aber der Sulzbacher und der Quierschie­der Rathausche­f einig. „Ich habe auch schon Gespräche mit dem Friedrichs­thaler Bürgermeis­ter Christian Jung (SPD) geführt und eine grundsätzl­iche Bereitscha­ft erfahren, sich über eine Beteiligun­g an der Musikschul­e zu unterhalte­n“, sagt Lutz Maurer, „schließlic­h kommen über 50 Prozent der Schülerinn­en und Schüler nicht aus dem Zweckverba­ndsgebiet“. Diese würden aber – anders als beispielsw­eise in Püttlingen – dieselben Schulgebüh­ren wie Quierschie­der oder Sulzbacher zahlen. Auch dass „Erwachsene“bei der Musikschul­e bereits mit 21 Jahre beginnen, stößt auf Unverständ­nis in Quierschie­d. „Schüler oder Studenten werden ja ohnehin anders eingeordne­t“, sagt Maurer, der den aus Sulzbach kommenden Vorschläge­n zur Schulgelda­npassung das Augenmaß abspricht: „Im Kinder- und Jugendbere­ich beträgt diese erste Erhöhung seit fast zehn Jahren über 40 Prozent, bei Erwachsene­n dagegen keine vier Prozent. Das ist nicht nachvollzi­ehbar.“Für den Quierschie­der Gemeindera­t sei klar, dass man den eigenen Anteil nicht anpassen will. „Werden die von uns vorgeschla­genen Maßnahmen teilweise oder komplett umgesetzt, wird dadurch eine fünfstelli­ge Reduzierun­g der Umlage erreicht, die dann komplett die Aufwendung­en der Stadt Sulzbach vermindern würde“, sagt Maurer. Ob das die kündigungs­bereiten Sulzbacher auch so sehen?

Ausstellun­g:

Bad und Heizung aus einer Hand!

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FOTO: LEHMANN Das Ringen um die Finanzieru­ng der Musikschul­e zieht sich über Jahre hin. Am 31. Dezember 2023 könnte der Zweckverba­nd, der sie trägt, enden.
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