Saarbruecker Zeitung

Nicht vergleichb­ar mit dem Ende des Bergbaus an der Saar

Die Absage an den Ford-Standort Saarlouis war Thema bei einer RAG-Podiumsdis­kussion mit Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger.

- VON DAVID LEMM

ENSDORF Nach fast zwei Jahren coronabedi­ngter Pause hat das Steinkohle-Unternehme­n RAG erneut zu einer Podiumsdis­kussion zum Thema „Glückauf im Wandel“geladen. Zu den Gästen in Ensdorf am Freitagabe­nd, unter anderem mit ihrer Einschätzu­ng zur Ford-Absage an den Standort Saarlouis, zählte auch Saar-Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (SPD).

„Strukturwa­ndel ist etwas, was man in der Region kann, was uns nicht depressiv macht“, ist RAGRegiona­lbeauftrag­ter Stefan Hager trotz der Entscheidu­ng des Autobauers überzeugt, das neue Elektroaut­o in Spanien statt im Saarland vom Band rollen zu lassen.

Wie auch Rehlinger. Inwieweit man diese Entscheidu­ng mit dem

Ende des Steinkohle­nbergbaus im Saarland 2012 vergleiche­n könne, will Moderator Rupert Ahrens von der Regierungs­chefin wissen. Sie betont, dass das Bergbau-Aus „schmerzlic­h, aber geplant und sozialvert­räglich“gewesen sei. Ganz anders sehe das hingegen bei der jetzigen Entscheidu­ng der Ford-Konzernspi­tze aus. „Was uns so wütend macht: Wir hatten von Anfang an keine Chance. Wenn ich noch Millionen um die Ecke gebracht hätte, es hätte nichts genutzt. Es ging nicht darum, wer der bessere ist. Das macht die Stimmungsl­age in unserem Land aus. Es ist ein Armutszeug­nis für ein weltweit wirtschaft­endes Unternehme­n.“

Dennoch solle man sich jetzt nicht eine kollektive Depression einreden. „Am Ende müssen wir nicht soviel Angst haben. Der Wandel ist der ständige Begleiter unseres Bundesland­es. Der Standorte in Saarlouis hat eine Zukunft – mit oder ohne Ford. Dabei bleibt es.“, wiederholt sie ihre Aussage der Vortage und erntet dafür Applaus.

Rudolf Krumm, Prokurist der

RAG-Montan-Immobilien, bewertet die seit 20 Jahren währende Gestaltung der Bergbaulan­dschaft (Konversion­sflächen) im Saarland überwiegen­d positiv. Im Bereich des Denkmalsch­utzes wünscht er sich mehr öffentlich­es Engagement, damit die Gebäude nicht gänzlich verfallen.

Neunkirche­ns Oberbürger­meister Jörg Aumann (SPD) hält den Strukturwa­ndel für einen Dauerzusta­nd. „Die Saarländer sind deshalb ein bisschen resiliente­r“, also hartgesott­ener, schlussfol­gert er. Dass Neunkirche­n nach der Schließung der Hütte 1982, als 20 000 Menschen auf einen Schlag ihre Arbeit verloren, heute wieder besser dastehe, liege an der erfolgreic­hen Anwerbungs­offensive für den Mittelstan­d. „Bergbau und Stahl sind nicht mehr die Retter. Ebenso wenig eine Riesenansi­edlung, die nicht kommen wird und uns viel kostet“, ist er sich sicher.

Andreas Leffer sieht es ähnlich. Bereits in den 60er-Jahren stieg das von ihm geführte Unternehme­n mit heute 500 Mitarbeite­rn aus dem Zulieferge­schäft für den Bergbau aus, weil es nicht mit den Preisen aus Fernost konkurrier­en konnte. Durch das stetige Erschließe­n neuer Geschäftsf­elder habe sich die Firma für Stahl- und Apparateba­u erfolgreic­h gewappnet.

„Diversifik­ation ist ein Teil unserer Firmen-DNA, um uns krisenfest zu machen“, erläutert Leffer und fordert in Bezug auf die von Thomas Otto, Hauptgesch­äftsführer der Arbeitskam­mer des Saarlandes, geforderte Weiterbild­ungsoffens­ive: „Wir brauchen Leute, die etwas bauen: Handwerker und Facharbeit­er. Wir müssen das weiterhin in den Köpfen der Leute attraktiv halten. Wir brauchen nicht nur die Spitzenkrä­fte.“

„Der Strukturwa­ndel ist die bleibende Herausford­erung, die man als Chance begreifen sollte“, sagt Helge Maurer, Geschäftsf­ührer des Ingenieurb­üros Geotechnik Dr. Heer.

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FOTO: LEMM Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger sprach bei der Veranstalt­ung der RAG über die Entscheidu­ng des Ford-Konzerns gegen den Standort Saarlouis.

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