Nicht vergleichbar mit dem Ende des Bergbaus an der Saar
Die Absage an den Ford-Standort Saarlouis war Thema bei einer RAG-Podiumsdiskussion mit Ministerpräsidentin Anke Rehlinger.
ENSDORF Nach fast zwei Jahren coronabedingter Pause hat das Steinkohle-Unternehmen RAG erneut zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Glückauf im Wandel“geladen. Zu den Gästen in Ensdorf am Freitagabend, unter anderem mit ihrer Einschätzung zur Ford-Absage an den Standort Saarlouis, zählte auch Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD).
„Strukturwandel ist etwas, was man in der Region kann, was uns nicht depressiv macht“, ist RAGRegionalbeauftragter Stefan Hager trotz der Entscheidung des Autobauers überzeugt, das neue Elektroauto in Spanien statt im Saarland vom Band rollen zu lassen.
Wie auch Rehlinger. Inwieweit man diese Entscheidung mit dem
Ende des Steinkohlenbergbaus im Saarland 2012 vergleichen könne, will Moderator Rupert Ahrens von der Regierungschefin wissen. Sie betont, dass das Bergbau-Aus „schmerzlich, aber geplant und sozialverträglich“gewesen sei. Ganz anders sehe das hingegen bei der jetzigen Entscheidung der Ford-Konzernspitze aus. „Was uns so wütend macht: Wir hatten von Anfang an keine Chance. Wenn ich noch Millionen um die Ecke gebracht hätte, es hätte nichts genutzt. Es ging nicht darum, wer der bessere ist. Das macht die Stimmungslage in unserem Land aus. Es ist ein Armutszeugnis für ein weltweit wirtschaftendes Unternehmen.“
Dennoch solle man sich jetzt nicht eine kollektive Depression einreden. „Am Ende müssen wir nicht soviel Angst haben. Der Wandel ist der ständige Begleiter unseres Bundeslandes. Der Standorte in Saarlouis hat eine Zukunft – mit oder ohne Ford. Dabei bleibt es.“, wiederholt sie ihre Aussage der Vortage und erntet dafür Applaus.
Rudolf Krumm, Prokurist der
RAG-Montan-Immobilien, bewertet die seit 20 Jahren währende Gestaltung der Bergbaulandschaft (Konversionsflächen) im Saarland überwiegend positiv. Im Bereich des Denkmalschutzes wünscht er sich mehr öffentliches Engagement, damit die Gebäude nicht gänzlich verfallen.
Neunkirchens Oberbürgermeister Jörg Aumann (SPD) hält den Strukturwandel für einen Dauerzustand. „Die Saarländer sind deshalb ein bisschen resilienter“, also hartgesottener, schlussfolgert er. Dass Neunkirchen nach der Schließung der Hütte 1982, als 20 000 Menschen auf einen Schlag ihre Arbeit verloren, heute wieder besser dastehe, liege an der erfolgreichen Anwerbungsoffensive für den Mittelstand. „Bergbau und Stahl sind nicht mehr die Retter. Ebenso wenig eine Riesenansiedlung, die nicht kommen wird und uns viel kostet“, ist er sich sicher.
Andreas Leffer sieht es ähnlich. Bereits in den 60er-Jahren stieg das von ihm geführte Unternehmen mit heute 500 Mitarbeitern aus dem Zuliefergeschäft für den Bergbau aus, weil es nicht mit den Preisen aus Fernost konkurrieren konnte. Durch das stetige Erschließen neuer Geschäftsfelder habe sich die Firma für Stahl- und Apparatebau erfolgreich gewappnet.
„Diversifikation ist ein Teil unserer Firmen-DNA, um uns krisenfest zu machen“, erläutert Leffer und fordert in Bezug auf die von Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer des Saarlandes, geforderte Weiterbildungsoffensive: „Wir brauchen Leute, die etwas bauen: Handwerker und Facharbeiter. Wir müssen das weiterhin in den Köpfen der Leute attraktiv halten. Wir brauchen nicht nur die Spitzenkräfte.“
„Der Strukturwandel ist die bleibende Herausforderung, die man als Chance begreifen sollte“, sagt Helge Maurer, Geschäftsführer des Ingenieurbüros Geotechnik Dr. Heer.