Das Trinkwasser ist teuer, die Müllabfuhr billig
Bund der Steuerzahler verglich Wohnnebenkosten in 16 deutschen Landeshauptstädten: Saarbrücken entpuppte sich als Viertteuerste.
SAARBRÜCKEN Der Müll-Service des ZKE ist außergewöhnlich billig – ganz im Gegensatz zu seinen Schmutzwassergebühren und zum Frischwasser der Stadtwerke. Die Grundsteuer liegt über dem Durchschnitt. Insgesamt ist Saarbrücken eine relativ teure Wohngegend mit der Tendenz noch teurer zu werden. 2021 jedenfalls war Saarbrücken in Sachen Wohnnebenkosten die viertteuerste Landeshauptstadt in der Bundesrepublik – hinter dem Westteil von Berlin sowie hinter Hamburg und Bremen. Ohne Berücksichtigung der Grundsteuer war Saarbrücken sogar die zweitteuerste deutsche Landeshauptstadt – hinter Potsdam.
Das ist die Quintessenz einer Untersuchung der Wohnnebenkosten in allen 16 deutschen Landeshauptstädten – ausgearbeitet vom Bund der Steuerzahler (BdSt).
Unter dem Begriff Wohnnebenkosten erscheinen in der BdSt-Studie die Wasserpreise, die Gebühren für Schmutzwasser, Niederschlagswasser und Abfall sowie die Grundsteuer.
Und all diese Kosten berechnete der BdSt in allen Landeshauptstädten für folgenden Musterhaushalt: Drei Personen leben am Stadtrand in einem zweigeschossigen Einfamilienhaus mit 120 Quadratmetern Wohnfläche auf einem Grundstück von 300 Quadratmetern, von denen 130 versiegelt sind. Das Haus ist Baujahr 2016, hat Iso-Fenster und Zentralheizung.
Die Familie verbraucht 132 Kubikmeter Wasser pro Jahr und bezahlt ebenso viel Schmutzwasser. Sie hat eine Bio- und eine Restmülltonne mit je 60 Litern Fassungsvermögen, die jede Woche geleert werden oder – falls das billiger ist – zwei 120-Liter-Tonnen, die alle 14 Tage geleert werden.
Die Vergleichsergebnisse im Einzelnen: Unter allen 16 Landeshauptstädten hat Saarbrücken das mit Abstand teuerste Trinkwasser. 510,32 Euro hätte die Musterfamilie 2021 in Saarbrücken für ihre 132 Kubikmeter bezahlen müssen, in der Stadt mit dem zweitteuersten Wasser, in Stuttgart, wären es nur 429,99 Euro gewesen, in der Stadt mit dem billigsten Wasser, in Berlin, nur 262,68 Euro. Der Durchschnittspreis lag bei 369,57 Euro.
Für Schmutzwassergebühren hätte die Musterfamilie 2021 in Saarbrücken 455,40 Euro bezahlt, in der teuersten Stadt, in Potsdam, wären es 607,44 Euro gewesen, in der billigsten Stadt, in Mainz, nur 184,80 Euro. Der Durchschnitt lag bei 308,27 Euro.
Für Niederschlagsgebühren hätte die Musterfamilie 2021 in Saarbrücken 122,85 bezahlt, in der teuersten Stadt, in Berlin, 233,61 Euro und in der billigsten Stadt, in Bremen, nichts. Der Durchschnitt lag bei 119,15 Euro.
Die Abfallgebühren hätten 2021 in Saarbrücken 194,76 Euro betragen, in der teuersten Stadt, in Hannover, 389,88 Euro und in der billigsten Stadt, in Schwerin, 135,67 Euro, Der Schnitt lag bei 241,22 Euro.
Als Grundsteuer hätte die Musterfamilie 2021 in Saarbrücken 586,04 Euro bezahlt, in der teuersten Stadt, in Hamburg wären es 1050,46 Euro gewesen und in der billigsten Stadt, in Magdeburg, 296,11 Euro. Der Schnitt lag bei 568,04 Euro.
Damit hätte die Musterfamilie 2021 in Saarbrücken für diesen Nebenkostenblock insgesamt 1869,37 Euro hinblättern müssen. In der teuersten Gegend, im Westteil von Berlin, wären es 2076,87 Euro gewesen und in der billigsten Stadt, in Mainz 1223,14 Euro. Durchschnitt: 1608,40 Euro.
Die SZ bat die Saarbrücker Verwaltung und die Stadtwerke Saarbrücken (SWS) um eine Stellungnahme zu diesem Ranking. Die SWS erklären ihren Trinkwasserpreis wie folgt: Um ihre Leitungen fit zu halten und um „hohe Trinkwasserqualität zu gewährleisten“mussten die SWS „in den zurückliegenden Jahren“sehr viel Geld ausgeben. Allein 2021 investierten die SWS demnach „rund sieben Millionen Euro“, und 2022 soll noch einmal dieselbe Summe fließen. Nach eigenen Angaben unterhalten die SWS rund 850 Ki
29,5 Millionen bezahlt Saarbrücken jährlich für die Schmutzwasser-Reinigung an den Entsorgungsverband Saar. Quelle: Stadt-Pressestelle
lometer Wasserleitungen plus 400 Kilometer Hausanschlüsse. Dazu kommen „20 Brunnen, zwei Wasserwerke, 21 Hochbehälter, sechs Pumpstationen und Druckerhöhungsanlagen“.
Der Trinkwasserpreis, so erläutern die SWS, bestehe aus „Verbrauchsund Grundpreis“. Der Verbrauchspreis liege bereits seit 2014 unverändert bei 2,21 Euro brutto pro Kubikmeter (1000 Liter).
Nur ihre „verbrauchsunabhängigen Grundpreise“– so formulieren die SWS – seien „zuletzt zum 1. Januar 2021 moderat angepasst“worden.
Insgesamt allerdings haben die SWS nach SZ-Berechnung beispielsweise den Grundpreis für ihre gängigste Wasseruhr (Qn 2,5) seit 2013 sukzessive um rund 176 Prozent erhöht – nämlich von 73,80 auf 203,40 Euro im Jahr 2021.
Den Schmutzwasserpreis des ZKE erklärte die Stadtverwaltung wie folgt: Bereits seit 1908 haben große Teile der Innenstadt eine Trennkanalisation. Dort fließen Regen und Schmutzwasser in getrennten Kanälen ab. Deshalb muss der ZKE überdurchschnittlich viele Kanäle in Schuss halten – insgesamt 1100 Kilometer. Zwar gelten – wie im Bundesdurchschnitt – jedes Jahr nur rund 18 Prozent der Saarbrücker Kanäle als dringend sanierungsbedürftig. Aber in Saarbrücken ist die Sanierung überdurchschnittlich teurer, weil die Stadt außergewöhnlich bergig ist.
Zweiter Preistreiber ist die Tatsache, dass Kommunen im Saarland keine eigenen Kläranlagen unterhalten dürfen. Also wird das Saarbrücker Schmutzwasser in die Kläranlagen des Entsorgungsverbandes Saar (EVS) geleitet, und die Stadt muss für die Reinigung bezahlen.
Deshalb fließen rund 60 Prozent der Saarbrücker Schmutzwassergebühr weiter an den EVS. Nur 40 Prozent bleiben beim ZKE und damit in der Verfügungsgewalt der Stadt.
Der EVS wurde einst gegründet, um alle Kommunen im Saarland mit gemeinsam finanzierten Kläranlagen auszustatten.
Und der EVS berechnet seine Gebühren auch nach seinem landesweiten Kostenschnitt. Dadurch wird es für Saarbrücken teurer, sein Abwasser beim EVS reinigen zu lassen, als wenn die Stadt das alleine organisieren würde.