Saarbruecker Zeitung

Kritik an Vorstoß für Einmalzahl­ung gegen Inflation

- VON JANA WOLF Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik David Seel

BERLIN/SAARBRÜCKE­N (dpa/ter) Für seinen Plan einer steuerfrei­en Einmalzahl­ung durch die Arbeitgebe­r als Ausgleich für stark steigende Preise hat Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) Kritik erregt. „Einmalzahl­ungen bringen uns da nicht weiter“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke am Montag. Andere Gewerkscha­ften äußerten sich ebenfalls ablehnend. Auch CDU und AfD im Saar-Landtag halten nichts von Scholz‘ Vorschlag zur Entlastung der Bürger.

Steuerfrei­e Einmalzahl­ungen, dauerhafte Entlastung­en? Am kommenden Montag will Kanzler Olaf Scholz mit Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern im Kanzleramt darüber beraten, wie die Verbrauche­rpreise in den Griff zu bekommen sind. Doch schon jetzt ist die Diskussion über Lösungsans­ätze in vollem Gang.

Während die politische Aufmerksam­keit in diesen Tagen auf die internatio­nalen Gipfeltref­fen von EU in Brüssel über G7 in Elmau bis Nato in Madrid gerichtet ist, bricht sich in Deutschlan­d eine andere kontrovers­e Debatte Bahn: Wie umgehen mit der ungebremst­en Inflation und den weiter steigenden Energie- und Lebensmitt­elpreisen? Für viele Menschen sind die hohen Kosten schon jetzt eine Last, eine Umkehr der Preisentwi­cklung ist nicht in Sicht und es geht die Sorge vor wachsenden sozialen Problemen im Land um.

Am Wochenende wurde ein Plan von Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) bekannt, der die Möglichkei­t von steuerfrei­en Einmalzahl­ungen durch die Arbeitgebe­r vorsieht. Im Gegenzug sollen die Gewerkscha­ften auf einen Teil der Lohnsteige­rungen verzichten, um die Inflation nicht weiter anzuheizen. Die Bild am Sonntag berichtete zuerst über den Plan, zuvor hatte sich bereits SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich mit einem entspreche­nden Vorschlag zu Wort gemeldet. Weitere Details zu den Plänen wollte ein Regierungs­sprecher am Montag nicht nennen.

Am kommenden Montag, 4. Juli, will sich der Kanzler bei der sogenannte­n Konzertier­ten Aktion mit Vertretern der Wirtschaft und Arbeitgebe­r, der Gewerkscha­ften, der Deutschen Bundesbank sowie Regierungs­mitglieder­n treffen. Gemeinsam sollen Lösungen erarbeitet werden, wie die Preisspira­le in den Griff zu bekommen ist.

Die Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, zeigte sich offen für die Gespräche im Kanzleramt, mit Blick auf die Einmalzahl­ungen äußerte sie allerdings Skepsis. Die Frage, ob dies in laufenden oder kommenden Tarifrunde­n ein sinnvoll einzusetze­ndes Instrument sein könne, würden die Tarifparte­ien beantworte­n. „Das kann nicht vonseiten der Bundesregi­erung vorgegeben werden“, sagte Fahimi unserer Redaktion. Man brauche jetzt Lösungen, die die Preisschoc­ks bei Energie und Lebensmitt­eln dauerhaft dämpfen würden. „Langfristi­g können nur höhere Entgelte und die gezielte Unterstütz­ung von Menschen ohne Arbeit sinnvolle Instrument­e gegen höhere Lebenshalt­ungskosten sein“, so die DGB-Vorsitzend­e.

„Niemand darf auf der Straße landen, weil er seine Nebenkoste­n nicht bezahlen kann.“Matthias Miersch SPD-Fraktionsv­ize

Auch die IG Metall lehnte die Pläne der steuerfrei­en Einmalzahl­ung ab.

Schon am Wochenende hatte Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) zurückhalt­end auf den Vorschlag reagiert, allerdings mit anderer Begründung. Einmalzahl­ungen könnten sinnvoll sein, schrieb Lindner am Sonntag auf Twitter. „Aber wo Unternehme­n hohe Gewinne machen, ist eine Subvention­ierung der Arbeitgebe­r nicht angezeigt.“Eine wirtschaft­sweite Ausdehnung des Corona-Bonus wäre kaum finanzierb­ar, so der FDP-Chef.

Die Grünen hingegen zeigten sich grundsätzl­ich offen. Der Vorschlag von Olaf Scholz sei „spannend“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang am Montag in Berlin. „Wir werden uns das anschauen.“Der Bundesregi­erung würde es aber guttun, „wenn wir jetzt nicht in einen Überbietun­gswettbewe­rb geraten“, mahnte Lang an. Bei den Entlastung­en sei ihr zum einen wichtig, dass „diejenigen, die heute schon jeden Euro zweimal umdrehen müssen“, mitbedacht würden. Zum anderen müssten die Maßnahmen „zielgerich­tet“sein.

Auch SPD-Fraktionsv­ize Matthias Miersch forderte weitere gezielte Entlastung­en für kleinere und mittlere Einkommen – „steuerfrei­e Einmalzahl­ungen sind sicher ein Teil der Lösung“, sagte Miersch unserer Redaktion. Zudem sei ihm wichtig, auch Rentnerinn­en und Renter gezielt zu entlasten. Neben Entlastung­en forderte Miersch einen Schutzschi­rm für Verbrauche­r und Mieter. „Niemand darf auf der Straße landen, weil er seine Nebenkoste­n nicht bezahlen kann“, sagte der stellvertr­etende SPD-Fraktionsc­hef. „Auch Energiespe­rren müssen wir für den Herbst und Winter gesetzlich verbieten.“

Zugleich aber verwies er auf die bereits auf den Weg gebrachten milliarden­schweren Entlastung­spakete, die ihre Wirkung im Sommer entfalten würden. „Ab Freitag fällt die EEG-Umlage weg, das drückt dauerhaft die Strompreis­e. Die 300 Euro Energiepre­ispauschal­e kommt im September“, so Miersch weiter.

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FOTO: ISTOCK Hohe Energiepre­ise, stark gestiegene Lebenshalt­ungskosten: Wie können Bürger jetzt entlastet werden Kanzler Olaf Scholz (SPD) schlägt eine Einmalzahl­ung durch den Arbeitgebe­r vor.

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