Kritik an Vorstoß für Einmalzahlung gegen Inflation
BERLIN/SAARBRÜCKEN (dpa/ter) Für seinen Plan einer steuerfreien Einmalzahlung durch die Arbeitgeber als Ausgleich für stark steigende Preise hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Kritik erregt. „Einmalzahlungen bringen uns da nicht weiter“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke am Montag. Andere Gewerkschaften äußerten sich ebenfalls ablehnend. Auch CDU und AfD im Saar-Landtag halten nichts von Scholz‘ Vorschlag zur Entlastung der Bürger.
Steuerfreie Einmalzahlungen, dauerhafte Entlastungen? Am kommenden Montag will Kanzler Olaf Scholz mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Kanzleramt darüber beraten, wie die Verbraucherpreise in den Griff zu bekommen sind. Doch schon jetzt ist die Diskussion über Lösungsansätze in vollem Gang.
Während die politische Aufmerksamkeit in diesen Tagen auf die internationalen Gipfeltreffen von EU in Brüssel über G7 in Elmau bis Nato in Madrid gerichtet ist, bricht sich in Deutschland eine andere kontroverse Debatte Bahn: Wie umgehen mit der ungebremsten Inflation und den weiter steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen? Für viele Menschen sind die hohen Kosten schon jetzt eine Last, eine Umkehr der Preisentwicklung ist nicht in Sicht und es geht die Sorge vor wachsenden sozialen Problemen im Land um.
Am Wochenende wurde ein Plan von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekannt, der die Möglichkeit von steuerfreien Einmalzahlungen durch die Arbeitgeber vorsieht. Im Gegenzug sollen die Gewerkschaften auf einen Teil der Lohnsteigerungen verzichten, um die Inflation nicht weiter anzuheizen. Die Bild am Sonntag berichtete zuerst über den Plan, zuvor hatte sich bereits SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich mit einem entsprechenden Vorschlag zu Wort gemeldet. Weitere Details zu den Plänen wollte ein Regierungssprecher am Montag nicht nennen.
Am kommenden Montag, 4. Juli, will sich der Kanzler bei der sogenannten Konzertierten Aktion mit Vertretern der Wirtschaft und Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Deutschen Bundesbank sowie Regierungsmitgliedern treffen. Gemeinsam sollen Lösungen erarbeitet werden, wie die Preisspirale in den Griff zu bekommen ist.
Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, zeigte sich offen für die Gespräche im Kanzleramt, mit Blick auf die Einmalzahlungen äußerte sie allerdings Skepsis. Die Frage, ob dies in laufenden oder kommenden Tarifrunden ein sinnvoll einzusetzendes Instrument sein könne, würden die Tarifparteien beantworten. „Das kann nicht vonseiten der Bundesregierung vorgegeben werden“, sagte Fahimi unserer Redaktion. Man brauche jetzt Lösungen, die die Preisschocks bei Energie und Lebensmitteln dauerhaft dämpfen würden. „Langfristig können nur höhere Entgelte und die gezielte Unterstützung von Menschen ohne Arbeit sinnvolle Instrumente gegen höhere Lebenshaltungskosten sein“, so die DGB-Vorsitzende.
„Niemand darf auf der Straße landen, weil er seine Nebenkosten nicht bezahlen kann.“Matthias Miersch SPD-Fraktionsvize
Auch die IG Metall lehnte die Pläne der steuerfreien Einmalzahlung ab.
Schon am Wochenende hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zurückhaltend auf den Vorschlag reagiert, allerdings mit anderer Begründung. Einmalzahlungen könnten sinnvoll sein, schrieb Lindner am Sonntag auf Twitter. „Aber wo Unternehmen hohe Gewinne machen, ist eine Subventionierung der Arbeitgeber nicht angezeigt.“Eine wirtschaftsweite Ausdehnung des Corona-Bonus wäre kaum finanzierbar, so der FDP-Chef.
Die Grünen hingegen zeigten sich grundsätzlich offen. Der Vorschlag von Olaf Scholz sei „spannend“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang am Montag in Berlin. „Wir werden uns das anschauen.“Der Bundesregierung würde es aber guttun, „wenn wir jetzt nicht in einen Überbietungswettbewerb geraten“, mahnte Lang an. Bei den Entlastungen sei ihr zum einen wichtig, dass „diejenigen, die heute schon jeden Euro zweimal umdrehen müssen“, mitbedacht würden. Zum anderen müssten die Maßnahmen „zielgerichtet“sein.
Auch SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch forderte weitere gezielte Entlastungen für kleinere und mittlere Einkommen – „steuerfreie Einmalzahlungen sind sicher ein Teil der Lösung“, sagte Miersch unserer Redaktion. Zudem sei ihm wichtig, auch Rentnerinnen und Renter gezielt zu entlasten. Neben Entlastungen forderte Miersch einen Schutzschirm für Verbraucher und Mieter. „Niemand darf auf der Straße landen, weil er seine Nebenkosten nicht bezahlen kann“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef. „Auch Energiesperren müssen wir für den Herbst und Winter gesetzlich verbieten.“
Zugleich aber verwies er auf die bereits auf den Weg gebrachten milliardenschweren Entlastungspakete, die ihre Wirkung im Sommer entfalten würden. „Ab Freitag fällt die EEG-Umlage weg, das drückt dauerhaft die Strompreise. Die 300 Euro Energiepreispauschale kommt im September“, so Miersch weiter.