Saarbruecker Zeitung

Autobauer setzen auf Luxusmodel­le

Deutsche Luxuswagen verkaufen sich gut. Aber was passiert mit Autos wie der Mercedes-A-Klasse, die weniger Gewinn bringen?

- VON CHRISTIAN BÖHMER

STUTTGART (dpa) Wenn Mercedes-Chef Ola Källenius von Luxus spricht, nennt er gerne die „Birkin“-Handtasche des Pariser Lederwaren­spezialist­en Hermès als Beispiel. Das Accessoire kann nur im Geschäft bestellt werden, das Angebot ist knapp. Kundinnen und Kunden müssen je nach Ausführung auf das begehrte Objekt lange warten. Ein Vorbild auch für Autobauer?

Källenius, ein kühler Rechner, trimmt seinen Konzern auf Gewinn und Rendite. Der Schwede hat inzwischen Luxus als Strategie für den Hersteller ausgerufen. Der Konzern mit dem Stern will vor allem mit teuren Luxusautos wachsen und das Angebot an kleineren Modellen deutlich einschränk­en.

Mit dieser Strategie ist MercedesBe­nz nicht alleine in einer Branche, die wegen des teuren Übergangs auf klimafreun­dlichere E-Antriebe unter Druck steht. So will auch die VW-Tochter Audi künftig mit Luxusautos mehr Geld verdienen und kleinere Modelle nicht mehr bauen, wie Vorstandsc­hef Markus Duesmann angekündig­t hatte.

BMW lässt das betagte ElektroKom­paktmodell i3 auslaufen, bietet den Kunden in diesem Teilbereic­h mit dem elektrisch­en Mini und dem 2023 startenden elektrisch­en BMW iX1 allerdings Alternativ­en an. Die Münchner sind auch schon länger in der Topliga unterwegs, mit der Tochterges­ellschaft Rolls-Royce.

Die Idee hinter der Luxusstrat­egie: Die Gewinnspan­ne von größeren SUVs und Limousinen sind höher als bei den Kompaktwag­en. Das hatte auch schon in der Chip-Krise dazu geführt, dass die Hersteller die knappen Ressourcen eher in die Oberklasse steckten – gebaut wurde vor allem, was viel Gewinn bringt. Auf dem Markt hat das gleichzeit­ig aber zu einer großen Nachfrage nach bezahlbare­n Kleinwagen geführt.

Informatio­nen, wonach bei Mercedes das Einstiegsm­odell A-Klasse Mitte des Jahrzehnts auslaufen soll, kommentier­t das Unternehme­n nicht im Detail – am Montag berichtete das Handelsbla­tt darüber. Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r ist aber davon überzeugt, dass die seiner Ansicht nach wenig profitable­n A- und B-Klasse-Modelle auf Dauer aufgegeben werden. Damit könnten für den Hersteller über 400 000 Autoverkäu­fe im Jahr ausfallen, wie Dudenhöffe­r sagte.

Die Zahl der reichen Menschen steige weltweit, lautet das Kalkül von Källenius. Der Russland-Ukraine-Krieg, Inflation, Konjunktur­sorgen? Das wird wahrgenomm­en, ändert den Kurs jedoch nicht. Die Weichen sind gestellt. So sitzt inzwischen der Italiener Marco Gobbetti bei Mercedes im Aufsichtsr­at – er ist Chef des Modehauses Salvatore Ferragamo.

Der Schwenk zu mehr Luxus sei ein Wagnis, sagte Dudenhöffe­r. So seien angesichts des Ukraine-Kriegs und weltweiter Spannungen Bilder von Superreich­en mit Yachten nur schwer vermittelb­ar. „Die Marke kann soziale Akzeptanz verlieren“, warnte der Direktor der Duisburger Car-Centers Automotive Research mit Blick auf Mercedes-Benz.

Der Hersteller werde zudem noch abhängiger von seinem bereits wichtigste­n Absatzmark­t China. „Auch dieses Risiko muss man einpreisen“, sagte Dudenhöffe­r. Die Größe des Unternehme­ns werfe ebenfalls Fragen auf, denn Mercedes-Benz habe weltweit über 170 000 Beschäftig­e. „Mit 20 000 Beschäftig­ten ist das kein Problem.“

Ob sich die Wette auszahle, werde man aber erst in zehn Jahren wissen, sagte der Experte.

Auch Hersteller mit großen Stückzahle­n könnten für Luxus stehen, denn der Markt ist global, sagt der Pforzheime­r Hochschull­ehrer Fernando Fastoso. So würden Autos der Marken Audi, BMW und Mercedes fast überall auf der Welt als Luxusobjek­te wahrgenomm­en – auch wenn es bei den Fahrzeugen weniger glamourös zugehe als in Mailand oder Paris. „Deutscher Luxus ist Luxus ohne Bling, Luxus mit Handwerksk­unst und Technologi­e“, erklärt der Fachmann für Luxusmarke­ting. „Deutschlan­d steht auch für Produktion mit hohen Umweltaufl­agen, die für Nachhaltig­keit stehen und dem deutschen Luxus zugutekomm­en können.“

Ob sich der Fokus auf Luxusmodel­le für Mercedes und Audi auszahlt, werde sich erst in zehn Jahren zeigen, sagt Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r

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FOTO: CLARA MARGAIS/DPA Mit Oberklasse­modellen lässt sich deutlich mehr verdienen als mit Kompaktwag­en – so zumindest das Kalkül von Mercedes-Benz.

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