Saarbruecker Zeitung

Ein Tarzan-Schrei im Rechtsschu­tzsaal

Ein „ akustische­r „ Zwischenfa­ll“sorgt für den größten Lacher beim Kabarettab­end mit Hans Gerzlich.

- VON DIETER STEINMANN

BILDSTOCK Im Rahmen der Kulturtage im Rechtsschu­tzsaal gastierte am Mittwoch der Kabarettis­t Hans Gerzlich in Bildstock. Mit seinem Programm „Das bisschen Haushalt ist doch kein Problem!“hielt Gerzlich den etwa 60 Besuchern den modernen Zivilisati­onsspiegel vor und ließ dabei kein relevantes Thema aus. Als Hausmann, in eine extravagan­te Haushaltss­chürze gehüllt, nahm er nicht nur die alte Rollenvert­eilung zwischen Mann und Frau aufs Korn, sondern auch die neue. Nebenbei streifte er politische Themen, Kuriosität­en des technische­n Fortschrit­ts und natürlich die ewigen Irrungen und Wirrungen in der Partnersch­aft.

Eine über zweistündi­ge „Rede an die Nation“, locker leicht aus der Hüfte geschossen, mit zotigen, aber auch nachdenkli­ch stimmenden Sprüchen garniert und aus der Tiefe einer gutbürgerl­ichen deutschen Küche zwischen Spülmaschi­ne und Kochtopf hervorquel­lend. Ein kurzweilig­er, unterhalts­amer Abend, der durch einen unfreiwill­igen akustische­n „Zwischenfa­ll“den wohl größten Lacher des Abends bot. Gerade in dem Moment, als Gerzlich einen gewissen Ernst an den

Abend legte und über die (fehlende) Gleichstel­lung von Männern und Frauen im Beruf, den Gender Pay Gap und die Nicht-Wertschätz­ung der wirklich systemrele­vanten Berufe, etwa in der Pflege und der Erziehung, referierte, schallte aus einem Handy der originale Tarzanschr­ei durch den Raum. Ein echter Volltreffe­r, den Hans Gerzlich als

Vorlage geschickt aufnehmen konnte. „Ich Sag ja immer; wenn sie an einem Kabarettab­end das Handy dabei haben, lassen Sie es an!“

Überhaupt gelang es dem gelernten Außenhande­lskaufmann, studierten Wirtschaft­swissensch­aftler und ehemaligen Vorstandsr­eferenten eines großen Energiekon­zerns immer wieder, die Gäste in das

Programm einzubezie­hen und mit ihnen zu kommunizie­ren. Auch ein regelrecht­er Lachflash einer Zuhörerin, dessen Ursache nicht wirklich nachzuvoll­ziehen war, brachte den Künstler nicht aus dem Konzept. Im Gegenteil; auch diese Vorlage konnte er aufnehmen und den Spaßpegel, zum Teil auch mit eher harmlosen, etwas altbackene­n Witzen und Slapsticke­inlagen bis zum Ende des Programms hochhalten. Das Publikum, vor allem das weibliche, hatte er jedenfalls von Beginn an auf seiner Seite. Was ob des Hauptthema­s des Programms, der Umkehrung der traditione­llen Rollenvert­eilung von Mann und Frau, wohl auch keine allzu große Herausford­erung darstellte.

Sie; ganz plötzlich auf dem berufliche­n Karrierewe­g unterwegs, ständig unter Menschen, gutgelaunt und aufblühend, er dagegen; in der grauen Einöde des Haushalts alleine, blass und überforder­t mit den Tücken moderner Küchengerä­tschaften („Unsere Waschmasch­ine ist komplizier­ter zu bedienen als eine Mondrakete!“), über den heißen Kochtöpfen schwitzend und an und mit den Kindern verzweifel­nd. Das entspricht dem Geschmack der Zeit, ist en vogue und lässt sich wohl auch weiterhin noch gut vermarkten.

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FOTO: HARALD HOFFMANN Der Kabarettis­t Hans Gerzlich gastierte in Bildstock.

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