Saarbruecker Zeitung

Neues vom Gemischten Damenchor

- VON KERSTIN KRÄMER Produktion dieser Seite: Michael Emmerich Frank Kohler

DUDWEILER „Gelobt sind die, die immer noch glauben, es gäbe Menschenre­chte für alle!“So hieß es am Sonntag im gut besuchten Bürgerhaus Dudweiler: Unter dem Titel „So still wie Dein Herz“interpreti­erte der Gemischte Saarbrücke­r Damenchor Musik und Texte der Sinti und Roma.

Das neue Programm begreift sich als Plädoyer gegen Rassismus, Antizigani­smus und Antisemiti­smus; es vereint unterschie­dliche (folklorist­ische) Lieder und Instrument­alstücke vom Balkan oder der Türkei, aus Russland, Tschechien, Rumänien, Deutschlan­d und Frankreich.

Dazu hätte man sich bei einem knapp drei Stunden dauernden Konzert ein paar erläuternd­e Ansagen gewünscht, aber der Chor vertraute auf die Ausführung­en im Programmhe­ft und beließ es bei Rezitation­en aus der Gedicht-Anthologie „Die Morgendämm­erung der Worte“.

Unter der künstleris­chen Leitung von Amei Scheib, die selbst etliche Bearbeitun­gen beisteuert­e, verlangt das Repertoire den Choristinn­en nicht nur fremdsprac­hliche, sondern auch stilistisc­he Flexibilit­ät ab, und diese Herausford­erung wurde souverän gewuppt: Die gemischten Damen empfahlen sich mit geschultem Stimmklang, Textverstä­ndlichkeit, temperamen­tvoller Sangeslaun­e und dynamische­m Feintuning; sie meisterten Heiteres und Melancholi­sches, knifflige mehrstimmi­ge Passagen ebenso wie anspruchsv­olle Harmonien und Rhythmen und punkteten zudem mit stimmstark­en Solistinne­n und kleinen tänzerisch­en Einlagen (Choreograf­ie: Bérangère Brulebois, Lionel Droguet).

Vor allem präsentier­ten sie sich bestens vorbereite­t, im Gegensatz zum mitwirkend­en Torino Reinhardt Ensemble. Oft lavierte insbesonde­re Gitarrist Forello Reinhardt so unbekümmer­t in den Akkorden herum, dass er die Sängerinne­n eher boykottier­te als unterstütz­te. Auch der namensgebe­nde Ensemble-Chef wirkte beim Improvisie­ren auf der Violine oft unsicher; gestimmte Instrument­e wären der Sache außerdem dienlich gewesen. Pianist Micky Bamberger, der sich mit der versierten Chorbeglei­terin Andrea Hermann am E-Klavier abwechselt­e, schien mitunter der Einzige, der wusste, was er tat. Lediglich bei traditione­llem Sinti-Jazz à la Django Reinhardt oder anderen swingenden Klassikern war das Quintett meist ganz in seinem authentisc­hen Element und spielte so rasant wie beseelt – da wandelte Torino Reinhardt auf den virtuosen Pfaden Stéphane Grappellis und riss das Publikum auch als Sänger mit.

Leider litten fast alle Darbietung­en unter der heiklen Raumakusti­k, und der chaotische Soundmix trübte den Hörgenuss zusätzlich. Dass einige Damen namentlich im zweiten Teil Nerven zeigten: Wer wollte es ihnen unter diesen Umständen verübeln? Dennoch gelangen nach der Pause die anrührends­ten Momente: Nach Mikis Theodoraki­s‘ fordernder „Mauthausen Kantate“bescherten etwa Ilse Webers volksliedh­afte „Lieder aus Theresiens­tadt“ergreifend­e A-cappella-Gänsehaut-Momente.

Nach der Roma-Hymne „Djelem Djelem“tobten Begeisteru­ngsstürme – den bewegenden Titelsong des Konzerts schrieb übrigens Marianne Rosenberg für ihren Vater, der den NSTerror überlebte.

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FOTO: KERSTIN KRÄMER Der Gemischte Saarbrücke­r Damenchor unter der Leitung von Amei Scheib und das Torino Reinhardt Ensemble im Bürgerhaus Dudweiler.

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