Bernie Ecclestone plädiert auf nicht schuldig
Der frühere Formel-1-Chef muss sich wegen Betrugsvorwürfen vor einem Londoner Gericht verantworten. Dem 91-Jährigen drohen bis zu zehn Jahre Haft.
LONDON Bernie Ecclestone machte seinem Ruf als früherer Formel1-Chef alle Ehre. Dreimal fuhr sein weißer Range Rover gestern Morgen mit dem personalisierten Nummernschild am Gericht vorbei. Erst dann bahnte sich der 91-Jährige im dunkelblauen Dreiteiler seinen Weg durch die Journalistenmenge zum Westminster Magistrates‘ Court im Zentrum Londons.
Der Grund für das Medienaufgebot: Ecclestone hat auch im gehobenen Alter wieder einmal Ärger mit der Justiz. Der umstrittene Manager wird wegen Betrugs angeklagt. Ihm wird vorgeworfen, Vermögen im Ausland in Höhe von mehr als 400 Millionen Pfund (etwa 471 Millionen Euro) gegenüber den britischen
Steuerbehörden unterschlagen zu haben.
Weil er „Probleme mit dem Hören“habe, wie seine Anwältin Clare Montgomery erklärte, erlaubte Richter Paul Goldspring Ecclestone ihm, im Gerichtsaal außerhalb des gläsernen Kastens zu stehen, im welchem sich Angeklagte normalerweise aufhalten müssen. Der Brite plädierte in der nur wenige Minuten dauernden ersten Anhörung auf nicht schuldig. Danach durfte er den Gerichtssaal auf Kaution ohne Auflagen verlassen.
Laut Staatsanwaltschaft soll Ecclestone einen Trust zugunsten seiner drei erwachsenen Töchter, der 67-jährigen Deborah, der 38-jährigen Tamara und der 33-jährigen Petra nicht ordnungsgemäß angegeben haben. Die britische Finanz- und Steuerbehörde HMRC (Her Majesty‘s Revenue and Customs) wirft ihm vor, dass er selbst von dem nicht deklarierten Vermögen im Ausland profitieren wollte. Theoretisch ist eine Strafe von bis zu zehn Jahren Haft möglich.
Reich und berühmt wurde der
Brite seit den 1970er-Jahren durch die Übernahme der Werbe- und Fernsehrechte der Formel 1. Bis zu seinem Rücktritt als Chef der Formelserie im Jahr 2017 machte er diese zu einem globalen und milliardenschweren Unternehmen. Seine Kritiker bezeichneten ihn jedoch als gerissen und betonten außerdem, dass er es mit den Gesetzen nicht immer genau genommen habe.
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass sich der 91-Jährige vor Gericht verantworten muss. Im April 2013 stand er wegen des Verkaufs von Formel-1-Rechten an das Investmentunternehmen CVC Capital Partners (CVC) vor einem Gericht in München. Der Vorwurf damals: Er habe Bestechungsgelder bezahlt, um seinen Job zu behalten. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage von 100 Millionen US-Dollar eingestellt. Ecclestone gilt als unschuldig. „Es ist erledigt und abgehakt, also ist alles in Ordnung“, sagte er damals.
Überdies hat er mit umstrittenen Äußerungen im britischen Fernsehen immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt. Im Juni dieses Jahres bezeichnete der Brite Wladimir Putin im Rahmen eines Interviews als „erstklassigen Menschen“, der so gehandelt habe, „weil er dachte, dass es das Beste für Russland“sei – es ging dabei um den Krieg in der Ukraine. Der Formel-1-Rennfahrer Lewis Hamilton verurteilte Ecclestone für diese Äußerungen und sagte, dass einer Person, die das Töten von Menschen zu unterstützen scheint, keine Plattform gegeben werden sollte.
Ob Ecclestone gegen das Gesetz verstoßen hat, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Das Verfahren gegen ihn soll am 19. September im Southwark Crown Court im Süden Londons fortgesetzt werden. Es ist jenes Gericht, in welchem sich Boris Becker Anfang des Jahres wegen Betrugs verantworten musste und schließlich zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde.