Ungerechtigkeit beenden
Es ist seit Jahren ein leidiges Thema, das irgendwie festzustecken scheint: Die faktische Doppelbesteuerung, der Grenzgänger unterliegen, wenn sie Kurzarbeitergeld erhalten.
Der französische Fiskus sieht das Kurzarbeitergeld als Arbeitslohn und besteuert es so. Denn Einkommen von Arbeitnehmern aus Frankreich, die in Deutschland arbeiten und Grenzgänger-Status haben, werden im Wohnsitzland besteuert.
So steht es auch im Zusatzabkommen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Frankreich von 2015: Sozialleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld sind im Wohnsitzland zu versteuern. Also in diesen Fällen in Frankreich. In Deutschland wiederum setzt die Bundesagentur für Arbeit bei der Ermittlung des Kurzarbeitergeldes bei Grenzgängern einen fiktiven Lohnsteuerabzug an. So zahlen Grenzgänger aus Frankreich seit Jahren zweimal und erhalten am Ende weniger vom Kurzarbeitergeld als ihre Kollegen, die in Deutschland wohnen. Sie können pro Monat bis zu mehrere hundert Euro einbüßen, steigende Nahrungsmittel- und Energiepreise drehen diese Ungerechtigkeitsschraube noch ein Stück fester an. Zumal auch das Bundessozialgericht in Kassel, eins der fünf obersten Gerichtshöfe des Bundes, im November 2021 entschied, dass der fiktiv anzusetzende Abzugsbetrag auf deutscher Seite in diesen Fällen tatsächlich 0 Euro betragen muss.
Dass sich im Saarland und im angrenzenden Département Mo
selle nun ein Widerstand formiert, der verdeutlicht, wie viele Grenz
gänger ernsthaft betroffen sind, sollte ein Alarmsignal an den Bund sein. Eine Klagewelle mit bis dato rund 1000 Klagen, die das Ende eines offensichtlichen – und juristisch auch als solchen beschriebenen – Missstands fordert, kommt nicht alle Tage vor und sollte die Verantwortlichen in Berlin mehr
als nur aufhorchen lassen. Auch angesichts der steigenden In
flation darf die Umsetzung des steuerlichen Zusatzabkommens und die Einhaltung des Urteils des Bundessozialgerichts von Seiten Deutschlands nicht mehr aufge
schoben werden. Rückzahlungen der zu viel besteuerten Kurzarbeitergelder könnten Weihnachten nicht nur für warme Herzen sorgen, sondern vor allem auch für warme Stuben.