Keine weitere Saarbrücker Halle für Ukrainer
Die Stadt hat mehr Flüchtlinge aufgenommen, als die Quote verlangt. Eine Sammelunterkunft und 155 Wohnplätze sind derzeit frei.
SAARBRÜCKEN Trendwende beim Flüchtlingsstrom aus der Ukraine: Noch vor kurzem sah es so aus, als würde der Flüchtlingsstrom abebben. Ein Anzeichen dafür war im Juni die stark rückläufige Nachfrage am „Infopoint Ukraine SB“in der Katholisch-Kirch-Straße 5 am St. Johanner Markt. Deshalb kündigten die Initiatoren, die Stadtverwaltung, die Initiative info.saar. ua und das Bistum Trier Anfang Juli an, dass sie den Infopoint ab 29. Juli vorerst zumachen wollten.
Aber dann kam überraschend alles anders – und der Infopoint blieb offen. Denn just an dem Tag, an dem er schließen sollte, wurde bekannt, dass der Flüchtlingsstrom wieder zunahm. Am Freitag, 29. Juli, meldete die SZ: „Die Landesaufnahmestelle ist fast voll belegt, nun könnten wieder Hallen hergerichtet werden.“
Tags zuvor hatte der saarländische Innenminister Reinhold Jost (SPD) erklärt, es sei bereits schwierig, Wohnraum zu finden: „Im Moment ist es so, dass wir am Anschlag arbeiten, nicht nur mit Blick auf die Kapazitäten in der Landesaufnahmestelle Lebach, sondern auch in den Städten und Gemeinden.“
Laut Jost hatte das Land im laufenden Jahr bis zum 11. Juli bereits 10 567 Migranten auf die Kommunen verteilt, darunter 9300 Ukrainer. Allerdings, so erläuterte Jost weiter, hätte das Saarland gemäß dem Verteilungsschlüssel des Bundes ursprünglich noch rund 3000 Menschen mehr aufnehmen sollen. (Zum Vergleich: Während der Flüchtlingskrise 2015/16 kamen insgesamt rund 13 000 Flüchtlinge ins Saarland)
Folglich dachten schon Ende Juli erste Kommunen darüber nach, Ukraine-Flüchtlinge wieder in Hallen unterzubringen. Das wird sich auf lange Sicht nicht vermeiden lassen
– glaubt der Saarländische Städte
und Gemeindetag (SSGT). Er appellierte vor knapp zwei Wochen an die Saarländer, ihren Kommunen freie Wohnungen zu melden.
Der SSGT-Präsident und Neunkircher Oberbürgermeister Jörg Aumann (SPD) versicherte der SZ, die Bürgermeister wollten so lange wie möglich keine Flüchtlinge in Hallen einquartieren: „Aber unter Umständen wird es notwendig, und wenn es notwendig wird, bitte ich alle Bürger, für die Situation ihres jeweiligen Verwaltungschefs Verständnis zu haben.“
Gleichzeitig wies Aumann darauf hin, dass aus der Ukraine ganz andere Bevölkerungsgruppen flüchten, als 2015/16 aus dem Nahen Osten. Vor dort seien überwiegend jüngere Männer gekommen. Dagegen kämen aus der Ukraine viele – auch ältere – Frauen und Familien.
Die Stadt Friedrichsthal hat bereits rund 20 Flüchtlinge in der Helenenhalle einquartiert (die SZ
berichtete) – und die Gemeinde Wadgassen hat eine Halle mit Platz für 128 Menschen vorbereitet.
Vor diesem Hintergrund keimt nun auch in Saarbrücken die Sorge, dass die Stadt bald die eine oder andere Halle mit Flüchtlingen belegen könnte.
Die SZ erkundigte sich bei der Verwaltung, ob diese Angst begründet ist – und erfuhr Folgendes: Seit dem 1. Januar hat die saarländische Ausländerbehörde insgesamt 317 Ukraine-Flüchtlinge nach Saarbrücken geschickt. Damit hat die Stadt bereits mehr Ukrainer aufgenommen, als die offizielle bundesweite Quotenregelung verlangt. Deshalb schickt die Ausländerbehörde derzeit keine weiteren Ukrainer mehr nach Saarbrücken.
Mit der Unterbringung der Flüchtlinge hatte die Stadtverwaltung bislang keine Probleme. Stadt-Sprecher Daniel Schumann versichert: „Dank der außerordentlich großen
Hilfsbereitschaft der Saarbrückerinnen und Saarbrücker konnten sehr viele Geflüchtete eigenständig eine Unterkunft finden. Außerdem boten die Bürger der Stadtverwaltung eine Vielzahl von Privatwohnungen und Großimmobilien zur Unterbringung von Geflüchteten an. Alle Menschen, die Saarbrücken von der Landesaufnahmestelle zugewiesen wurden, konnten nachhaltig mit Wohnraum versorgt werden.“
Anfang März hatte die Stadtverwaltung in St. Arnual die Scharnhorsthalle zur Sammelunterkunft umgestaltet und dort auch bis Mitte Mai Ukraine-Flüchtlinge einquartiert. Im Augenblick ist die Halle unbewohnt – aber weiter voll ausstaffiert und steht für Notfälle bereit. Daher versichert Schumann: „Aktuell besteht kein Bedarf, weitere Sporthallen als Sammelunterkünfte zu nutzen.“
Zusätzlich zur Scharnhorsthalle hält die Stadtverwaltung im Augen
blick noch 37 Wohnungen bereit – mit Platz für rund 120 Menschen. Und in der Flüchtlingsunterkunft im Dudweiler Hotel Seewald sind weitere 35 Plätze frei. Trotzdem appelliert auch Schumann: „Bürgerinnen und Bürger, die Wohnraum zur Verfügung stellen möchten, können diesen weiterhin bei der Stadt melden.“
Schumann versichert, die Verwaltung versuche, die Flüchtlinge grundsätzlich nicht nur provisorisch oder vorübergehend unterzubringen: „Wir bieten den Geflüchteten in der Regel Wohnungen an, in denen sie bleiben können, bis sie eine eigene Unterkunft finden oder die Bundesrepublik auf eigenen Wunsch wieder verlassen. Einzige Ausnahme hiervon war in diesem Jahr die Unterbringung in der Scharnhorsthalle. Die Halle wurde genutzt, um kurzfristig viele Personen aufnehmen zu können. Hier haben sich die Geflüchteten so lange aufgehalten, bis sie endgültig versorgt werden konnten – über einen Zeitraum von drei Tagen bis maximal sechs Wochen.“
Wie viele Ukraine-Flüchtlinge derzeit bereits in Saarbrücken leben, kann die Stadtverwaltung nicht mit letzter Sicherheit sagen. Mitte Juli erklärte die Pressestelle: „Eine stichtagsbezogene, belastbare Zahl hierfür gibt es nicht, da, entsprechend der Massenzustrom-Richtlinie ukrainische Kriegsflüchtlinge ohne Anmeldung und Registrierung nach Deutschland einreisen konnten.“
Aufgrund der Anträge auf Sozialleistungen schätzte die Stadtverwaltung allerdings, dass es zu diesem Zeitpunkt rund 1800 waren. Wobei die Stadt ebenfalls keine Unterlagen hat, aus denen sie entnehmen kann, wie viele Ukraine-Flüchtlinge inzwischen Arbeit gefunden haben (die SZ berichtete).
„Dank der Hilfsbereitschaft der Saarbrücker konnten sehr viele Geflüchtete eigenständig eine Unterkunft finden.“Daniel Schumann, Stadt-Pressesprecher
Der „Infopoint Ukraine SB“in der KatholischKirch-Straße 5 ist jeden Mittwoch von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Dort steht ein mehrsprachiges Helfer-Team bereit.
Der „Infopoint Ukraine SB“in der Katholisch-Kirch-Straße 5 nahe dem St. Johanner Markt ist derzeit jeden Mittwoch von 9 bis 13 Uhr geöffnet. Dort steht ein mehrsprachiges Team bereit und hilft bei der Suche nach Wohnungen, Arbeitsplätzen, Deutschkursen, Schul- und KitaPlätzen, bei Behördengängen sowie beim Kampf um die Anerkennung von ukrainischen Bildungs- oder Berufsabschlüssen.
Das städtische Zuwanderungsund Integrationsbüro informiert sowohl Ukraine-Flüchtlinge als auch Helferinnen und Helfer einbis zweimal pro Woche mit einem Newsletter über wichtige Anlaufstellen, Kontakte und Entwicklungen. Wer den Newsletter beziehen will, kann sich auf der Internetseite der Stadt anmelden.
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