Lilo Netz-Paulik schuf auch Kunst, auf der sich sitzen lässt
Es gibt Werke, für die man nicht ins Museum gehen muss. Man kann sie im Vorübergehen betrachten. In loser Folge stellen wir solche Kunstwerke vor.
SAARBRÜCKEN Lilo Netz-Paulik war eine saarländische Bildhauerin, die einige Kunstwerke im öffentlichen Raum hinterlassen hat. Geboren 1922 in Cottbus, machte sie im Alter von 22 Jahren einen Abschluss zur Holzbildhauer-Gesellin, studierte im Anschluss an der Akademie der Bildenden Künste München in der Steinbildhauerklasse.
1948 ging sie nach Paris, besuchte hier die Académie de la Grande Chaumière und studierte bei dem berühmten Künstler und Professor Ossip Zadkine, erhielt im Jahr 1950 ein Stipendium des französischen Staates. Ab 1955 war sie als freischaffende Bildhauerin in Saarbrücken tätig, war Mitglied im Saarländischen Künstlerbund und erhielt mehrere Preise und Stipendien, darunter auch 2005 den Förderpreis des Bundespräsidenten. 2007 ist sie in Saarbrücken gestorben.
Von Netz-Paulik stammt eine der beliebtesten Sitzplastiken in Saarbrücken, die begehbare Betonplastik in der Kaltenbachstraße, am St.
Johanner Markt. Sie wurde 1980 dort aufgestellt und lädt seitdem zum Klettern, Sitzen, Ausruhen und Beobachten ein.
Auf dem Campus der Universität des Saarlandes hat sich eine Wandgestaltung von ihr aus dem Jahr 1962 erhalten. Das Betonrelief ist in Höhe des Erdgeschosses der Außenwand des Physikgebäudes C6 angebracht und ziert die gesamte Länge der Wand. Es ist 2,80 Meter hoch und rund 20 Meter lang. Lilo Netz-Paulik nutzte für das Relief dieser Wand ein geometrisches Formenvokabular, das aus Rauten-, Rechteck- und Trapezformen besteht. Dabei wechseln sich kleinteilige, geometrische Formen mit länglichen Körpern ab, die leicht aus der Wand heraustreten.
Auffällig ist auch, dass die Bildhauerin die Flächen nicht alle als eigenständigen Körper ausgeführt hat, manche Formen ergeben sich als negative Flächen, da sie von den leicht heraustretenden positiven Flächen flankiert werden. Die Wand wird dadurch lebendig gestaltet, die Strenge der Umgebung wird aufgelöst.
Denn die Gestaltung nimmt Bezug auf die strenge, monotone Gliederung der Architektur von Wandstreifen und Fensterreihen des Gebäudes und dem quadratisch gepflasterten Vorplatz. Durch diese sehr statischen Formen der Umgebung lockern die unregelmäßigen geometrischen Formen des Wandobjekts den Ort auf, die Gestaltung setzt einen Kontrapunkt zur Architektur.
Trotz der hier so lebhaft umgesetzten ungegenständlichen Wandgestaltung hat sich Lilo Netz-Paulik als Bildhauerin in ihren Werken nicht festlegen lassen. Sie arbeitete Figuren in Ton und Terrakotta, die die menschlichen Formen zwar vereinfacht, aber durchaus erkennbar wiedergeben. Daneben hinterließ sie auch großformatige, ungegenständliche Messingkonstruktionen, meterhohe Stahlskulpturen, sowie Objekte aus Weißblech und Mobiles aus Blechen.