Christian Lindner ist auf dem richtigen Weg
Wenn ein Liberaler eine neue Bundesbehörde mit viel teurem Personal aus dem Boden stampfen will, muss die Not groß sein. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Lindner will genau das tun. Deutschland gilt weltweit als Eldorado für alle Geldwäscher und Mafiosi.
Das ist zwar seit Jahren bekannt, aber weder Lindners Vorgänger
Wolfgang Schäuble (CDU) noch Peer Steinbrück oder Olaf Scholz (beide SPD) haben das Übel wirksam bekämpft. Ein Bericht der internationalen Organisation FATF fällt für die größte europäische Volkswirtschaft peinlich aus: Trotz mancher Fortschritte bestehen die besonderen Missstände fort, heißt es darin. Bei Lindner löst das nun die Flucht nach vorn aus: Der FDP-Mann erklärt das Thema zur Chefsache.
Gut, richtig, überfällig ist das. Ob alle seine Pläne im Detail bereits zielführend sind, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist vor allem, das Thema trotz aller anderen dringenden Themen nach oben auf die politische Agenda zu setzen. Gelingt es, der Geldwäsche besser Herr zu werden, würde der Mafia,
autokratischen Unrechtsstaaten und Terroristen häufiger das Wasser abgegraben. Der Fiskus hätte für Zukunftsinvestitionen, etwa in den Klimaschutz und Entlastungen der Bürger mehr Geld. Das verletzte Gerechtigkeitsempfinden in der Bevölkerung würde endlich mal gestärkt.
Die Strukturen bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität sind in Deutschland bisher chaotisch. Nebeneinander tummeln sich Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften, der Zoll, der eine Spezialtruppe namens Financial Intelligence Unit (FIU) beschäftigt, die Finanzaufsicht Bafin, die sich die Bankenaufsicht mit der Bundesbank teilt, und Länderbehörden. Wer, wann und für was zuständig ist, erschließt sich selbst Beteiligten manchmal nicht. Die ineffektiven Strukturen haben Milliardenschäden wie im Wirecard- oder im Cum-Ex-Skandal möglich gemacht.
Lindner als verantwortlicher Minister will nun in seiner direkten Zuständigkeit ein neues Bundesfinanzkriminalamt schaffen, das selbst ermitteln und fahnden darf. Diese Speerspitze soll die komplexen Fälle untersuchen und auch Sanktionen durchsetzen, wie sie die Berlin gegen russische Unternehmen und Oligarchen verhängt hat. Auf scharfe Durchgriffsrechte der neuen Behörde wird es allerdings ankommen, sie muss etwa auch an Steuerdelikte herankommen können. Die Opposition wird Lindner attackieren, weil er zusätzliche Stellen im ohnehin schon aufgeblähten Beamtenapparat des Bundes schaffen will. Doch anders wird es nicht schnell genug gehen.
Auch die Länder werden ein Wörtchen mitreden wollen. Denn die Aufsicht über den Nichtfinanzsektor, etwa im Immobilienbereich, auf dem besonders viel Geldwäsche betrieben wird, fällt in ihre Zuständigkeit. Was sich hier bisher abspielt, ist erbärmlich: Es gibt 320 Institutionen, aber nur
280 Beamte, die in den Ländern Geldwäsche bekämpfen, manche in Teilzeit. Die Zahl der zuständigen Stellen soll und muss drastisch reduziert werden. Es braucht eine Zentralstelle des Bundes, die die Aktivitäten der Länder koordiniert. Hier hat Lindner den richtigen Ansatz.