Saarbruecker Zeitung

Lindner plant Bundesbehö­rde gegen Geldwäsche

Deutschlan­d gilt vielen als Paradies der Geldwäsche. Finanzmini­ster Christian Lindner will jetzt der „ Spur des Geldes“konsequent­er folgen – und rennt damit scheinbar viele offene Türen ein.

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Mit einer neuen Bundesbehö­rde will Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) den Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkrim­inalität verstärken. „Ich schlage einen Paradigmen­wechsel vor“, sagte Lindner dem Spiegel. „Wir müssen der Spur des Geldes konsequent folgen, anstatt uns mit der Aufdeckung einer Straftat, die mit Geldwäsche in Zusammenha­ng steht, zufriedenz­ugeben.“Künftig sollten auch groß angelegte Fälle von Finanzkrim­inalität konsequent­er verfolgt und aufgedeckt werden, hieß es am Dienstag aus dem Ministeriu­m des FDP-Politikers.

Einem am Dienstag bekanntgew­ordenen Papier aus dem Bundesfina­nzminister­ium zufolge soll die Bekämpfung von Finanzkrim­inalität und die Durchsetzu­ng von Sanktionen wie aktuell gegen russische Oligarchen unter einem Dach gebündelt werden. Bisher gibt es über 300 Aufsichtsb­ehörden in den Bundesländ­ern. Diese Zahl würde das Bundesfina­nzminister­ium gerne reduzieren. Die neue Institutio­n, deren Name noch nicht feststeht, wird nach Lindners Vorstellun­gen auf drei Säulen ruhen.

Die erste, ein ebenfalls neu zu gründendes Bundesfina­nzkriminal­amt, solle aus einem eigenständ­igen Fahndungsb­ereich bestehen. Dort sollten Bundesbeam­te arbeiten, die echte Ermittlung­sbefugniss­e bekommen sollen.

Die zweite Säule solle die bereits bestehende Zentralste­lle für Finanztran­saktionsun­tersuchung­en (FIU) bilden. Sie ist dafür zuständig, mit Hilfe von Computerpr­ogrammen aus den zahlreiche­n Verdachtsm­eldungen solche Fälle herauszufi­ltern,

denen die Fahnder nachgehen sollen.

Drittes Standbein schließlic­h werde eine koordinier­ende Zentralste­lle für die Aufsicht über den Nichtfinan­zsektor sein. Darunter fallen zum Beispiel die Immobilien­wirtschaft und die Glücksspie­lbranche. In diesen Wirtschaft­szweigen wird

besonders viel Schwarzgel­d in den regulären Wirtschaft­skreislauf zurück geschleust.

Zu den Details von Lindners Vorschlag gibt es in der Ampel-Koalition wohl noch Abstimmung­sbedarf. Aus den Reihen der Grünen kam aber generelle Zustimmung. „Es ist eine gute Nachricht, dass das Bundesfina­nzminister­ium jetzt einen Aufschlag präsentier­t und eine eigenständ­ige Einheit auf Bundeseben­e schaffen möchte“, sagte der Grünen-Obmann im Innenaussc­huss, Marcel Emmerich.

Unionsparl­amentsgesc­häftsführe­r Thorsten Frei (CDU) sprach von einer „Flucht nach vorn“. „Deutschlan­d hat ein riesiges Geldwäsche­problem, das der heutige Kanzler über Jahre nicht ernst genommen und bearbeitet hat“, sagte Frei unserer Redaktion. Als Bundesfina­nzminister habe Scholz weder für eine ausreichen­de personelle Ausstattun­g noch für ausreichen­de Kompetenze­n der Financial Intelligen­ce Unit (FIU) gesorgt. „Lindners Vorschlag verweist daher vor allem auf Scholz’ Versäumnis“, sagte der CDU-Politiker.

Auch Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch begrüßte die Pläne von Bundesfina­nzminister Christian Lindner. „Die Linke fordert seit

Langem eine Bundesfina­nzpolizei, um diesen Sumpf trocken zu legen. Wenn Christian Lindner nun Ideen aufnimmt, um Steuergere­chtigkeit auf den Weg zu bringen und Verbrechen zu bekämpfen, ist das gut“, sagte Bartsch auf Anfrage. „Wir werden ihn an Taten messen, nicht an schönen Worten“, sagte Bartsch. „Der Finanzmini­ster wollte Ermöglichu­ngsund nicht Verhinderu­ngsministe­r sein. Bislang ermöglicht er ein Steuersyst­em aus dem vergangene­n Jahrhunder­t, das Gerechtigk­eit vielfach verhindert und die Spaltung der Gesellscha­ft ermöglicht“, fügte er hinzu.

Der Chef der Bürgerbewe­gung Finanzwend­e, Gerhard Schick, kritisiert­e die Pläne hingegen als nicht weitreiche­nd genug. „Die neue Bundesbehö­rde ist offensicht­lich nicht für schwere Steuerkrim­inalität zuständig. Auf dem Auge ist Christian Lindner offenbar blind“, sagte Schick unserer Redaktion.

„Deutschlan­d hat ein riesiges Geldwäsche­problem, das der heutige Kanzler über Jahre nicht ernst genommen und bearbeitet hat.“Thorsten Frei Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion

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FOTO: GATEAU/DPA Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) will die Geldwäsche stärker bekämpfen und dafür ein Bundesfina­nzkriminal­amt schaffen.

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