Bauernverband warnt vor steigenden Preisen
Trockenheit, UkraineKrieg, Energiepreise – auch für die deutschen Landwirte sind die Zeiten herausfordernd. Trotz guter Ernte kommen auf die Verbraucher daher laut Bauernverband weiter steigende Preise zu. Grund zur Freude haben zumindest Weintrinker.
BERLIN Ernte gut, alles gut? Eher nicht. Der Bauernverband zeichnete am Dienstag bei der Vorstellung der diesjährigen Bilanz ein zwiespältiges Bild. Zwar fiel die Getreideernte in Deutschland mit 43 Millionen Tonnen etwas besser aus als im Vorjahr. Aber sie blieb sechs Prozent unter dem langjährigen Mittel. Und die Probleme der Landwirte überwiegen – steigende Kosten, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, zu wenig Regen. In der Folge werden sich die Verbraucher wohl darauf einstellen müssen, „dass das Preisniveau in der Tendenz weiter steigen wird“, so Bauernpräsident Joachim Rukwied. „Bei allen Lebensmitteln.“Eine Übersicht zur Erntebilanz.
Versorgungslage: „Die Versorgungslage ist global gesehen nach wie vor angespannt“, so der Präsident. Wegen des Ukraine-Krieges rechne man damit, dass die Bestände etwa beim Weizen zurückgingen. Der Verband begrüße es daher, dass Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) den Weg freigemacht habe, „um nicht produktive Flächen im nächsten Jahr für die Lebensmittelerzeugung nutzen zu können.“Ernährungssicherheit könne er aber nur bis Anfang 2023 garantieren, sagte Rukwied. Mit Brot und Weizen könne sich Deutschland zwar selbst versorgen. Darüber hinaus sei es offen und hänge etwa von Düngemitteln ab.
Niederschläge: Bis ins zeitige Frühjahr sei die Entwicklung der Kulturen in fast allen Landesteilen zufriedenstellend gewesen, so der Verband. Ab März habe die Niederschlagsmenge in einigen Regionen jedoch rapide abgenommen, während andernorts normale Regenmengen zu verzeichnen waren. „Die Erträge und Qualitäten fallen dementsprechend je nach Niederschlagsverteilung sehr unterschiedlich aus“, so Rukwied. Nach wie vor würden Herbstkulturen wie etwa Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben in den Dürregebieten massiv leiden, so dass regional mit erheblichen
Ertragseinbußen gerechnet werden müsse – gerade in Mitteldeutschland. 50 Prozent weniger Ernte im Herbst seien möglich.
Herausforderungen: Die sind immens. So hätten sich die Energiekosten der Landwirte verdoppelt, die Düngemittelpreise sogar vervierfacht. „Wir brauchen steigende Erlöse bei unseren Produkten“, so Rukwied. Überdies seien die Futtermittelkosten der Tierhalter stark angestiegen, die Dürre käme noch hinzu, so dass bereits „die Wintervorräte angebrochen werden, um die Futterversorgung sicherzustellen“. Mit großer Sorge schaue man auf den Plan der EU, bis 2030 die Pestizidnutzung pauschal um 50 Prozent reduzieren zu wollen. „Wir wären nicht mehr in der Lage, unsere Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln zu versorgen.“Denn dann würden bis zu fünf Millionen Hektar Nutzfläche wegfallen.
Winterweizen: Er ist nach wie vor die bedeutendste Getreideart im deutschen Ackerbau mit einer Fläche von rund 2,9 Millionen Hektar. Insgesamt wurden dieses Jahr knapp 22 Millionen Tonnen geerntet. Das sei „etwas mehr“als im Vorjahr, so Rukwied. Die Menge liege aber um acht Prozent unter dem Durchschnitt von 2014 bis 2021. Das Dürrejahr 2018 wird bei dieser Statistik nicht berücksichtigt.
Wintergerste: Der Ertrag lag im Bundesdurchschnitt bei 7,7 Tonnen pro Hektar, damit schneidet die Wintergerste laut Bauernverband besser ab als im langjährigen Mittel (7,2 Tonnen pro Hektar). In Summe wurden in 2022 zirka 9,3 Millionen Tonnen geerntet, was einer Steigerung von
475 000 Tonnen zum vergangenen Jahr entspricht.
Winterroggen: Hier gibt es einen Rückgang – nicht nur die Anbaufläche fiel mit 590 000 Hektar unter das Niveau des Vorjahres. Auch die Erntemenge ging auf rund 3,16 Millionen Tonnen zurück.
Winterraps: Er ist die wichtigste Ölpflanze im deutschen Anbau. Zur Ernte 2022 wurde Raps auf einer
Fläche von rund einer Million Hektar angebaut, was einem Anstieg von knapp neun Prozent entspricht. Insgesamt wurden vier Millionen Tonnen geerntet.
Obst: Bei Äpfeln gab es eine leicht überdurchschnittliche Ernte mit über einer Million Tonnen. 54 000 Tonnen Süß- und Sauerkirschen wurden geerntet, 31 000 Tonnen Birnen. An Erdbeeren fielen rund 126 000 Tonnen an, insgesamt gehe
in diesem Bereich aber die Anbaufläche zurück. Rukwied betonte, man erwarte wegen des angehobenen Mindestlohns einen weiteren Rückgang. „Wenn wir weiterhin deutsches Obst und Gemüse wollen, brauchen wir einen europäischen Mindestlohn auf einheitlichem Niveau“, so der Präsident.
Wein: Das ist die gute Nachricht: Der Verband erwartet „einen qualitativ hervorragenden“Jahrgang.