Saarbruecker Zeitung

Sein Büro ist der saarländis­che Wald

Was sind eigentlich die täglichen Aufgaben eines Försters? Revierleit­er Benedikt Krächan ist seit vier Jahren für das Forstrevie­r St. Ingbert-Nord zuständig. Er berichtet, warum er seinen Beruf nicht mehr missen will.

- VON ISABELLE SCHMITT

ST. INGBERT Sein Tag beginnt um sieben Uhr morgens. Eine Tasse Kaffee, ein volles E-Mail-Postfach, ein kurzer Plausch mit den Kollegen – wirkt beinahe wie ein gewöhnlich­er Büroalltag. Zumindest in der ersten Stunde. Das Büro von Förster Benedikt Krächan liegt in der Waldarbeit­sschule des SaarForst Landesbetr­iebs in Eppelborn.

Mit dem Auto 20 Minuten entfernt liegt sein zweites Büro – das Revier 13. Seit vier Jahren ist er dort nun Forstleite­r. Sein Zuständigk­eitsbereic­h erstreckt sich von Haasel über Elversberg bis nach Rentrisch. Immer an seiner Seite: Jagdhund Anton. „Ein Hund ist in diesem Beruf kein Muss, aber es ist schön, jemanden dabei zu haben“, sagt Krächan. In der Waldarbeit­sschule sind aktuell neben Ausbildern und Revierleit­ern auch elf Azubis angestellt. Doch wie in so vielen Ausbildung­sberufen herrsche auch hier Nachwuchsm­angel. „Die Ausbildung zum Forstwirt dauert drei Jahre und findet im Blockunter­richt in Eppelborn und Bad Kreuznach statt“, erklärt der 33-Jährige. Die Empathie für Wald und Umwelt sei dabei sehr wichtig, genauso wie die Begeisteru­ng für’s „draußen sein“.

Krächan selbst hat sich nach dem Studium der Betriebswi­rtschaftsl­ehre und zwei Jahren in der freien Wirtschaft für einen Neuanfang entschiede­n. Mit 23 beginnt er sein Forstwirts­chaft-Studium. Nach drei Jahren folgt 2017 das Anwärterja­hr, um anschließe­nd als Förster ein eigenes Revier zu übernehmen. Mittlerwei­le gehören zu seinem Team Forstwirte der Waldarbeit­sschule, ein Forstwirts­chaftsmeis­ter und mehrere Jäger.

Nach der Planung am Morgen geht es für den Förster und seinen Vierbeiner los in den Wald. Je nach Jahreszeit verbringe er etwa 60 Prozent des Tages im Revier. Die Spitzenzei­t für Förster sei die Holzernte im Winter. „Da kommt und geht

man häufig mit der Dunkelheit“, erklärt Krächan. Was er an seinem Beruf zu schätzen wisse, sei die Selbstbest­immtheit. „Man ist sein eigener Herr, kann seinen Tag selbststän­dig planen.“Und zu planen gibt es einiges. Sein Revier hat mit 1340 Hektar die Größe von 1700 Fußballfel­dern – da falle einiges an Arbeit an. Der Wald in St. Ingbert sei sehr urban geprägt, ziehe also auch viele Besucher an. „Zum Förster sein gehören daher auch Kommunikat­ionsfähigk­eiten und viel Geduld.“Aufklärung sei für ihn ein wichtiger Teil der Arbeit. „Die Menschen begegnen einem ganz anders, wenn man erklärt, was gemacht wird und warum. Und ein nettes Winken und Lächeln schadet auch nie“, sagt Krächan und lacht.

Die Aufgaben als Revierleit­er seien jeden Tag unterschie­dlich. Von Holzernte über Schädlings­eindämmung bis hin zur Planung des Waldes gehöre alles mit dazu. „Es muss laufen im Revier, das ist der Anspruch, den man an sich selbst stellt.“Damit es läuft, passe man verschiede­ne Forst-Konzepte immer wieder an und überarbeit­e diese. Das Waldbaukon­zept beispielsw­eise diene dazu, den sogenannte­n Z-Bäumen („Zukunftsbä­ume“) das Wachstum zu erleichter­n. „Die von

uns markierten Z-Bäume haben Potenzial und sind wichtig für den Wald.“Diese unterstütz­e man, indem umliegende Bäume, die den ausgewählt­en Baum wegdrängen, gefällt werden. „Buchen wachsen beispielsw­eise schneller als Eichen. Steht eine Eiche nun umringt von Buchen, wird sie in ihrem Wachstum eingeschrä­nkt. Das wollen wir mit dem Fällen verhindern.“Je nach Revier sei bei dieser Arbeit die Handschrif­t der einzelnen Förster zu erkennen. „Man hat eine Vorstellun­g, wie der Wald aussehen soll und wo man unterstütz­en kann. Das ist sehr

individuel­l, da jeder seine eigenen Entscheidu­ngen trifft“, erklärt der Revierleit­er.

Das sei auch bei der Verjüngung des Waldes zu erkennen. Hier gehe es darum, den Generation­enwechsel der Bäume zu begleiten. Ansamungen der bestehende­n Bäume lasse Flächen mit neuen Keimlingen entstehen. Um die jungen Pflanzen baue man versetzt Holzgatter, um Wildverbis­s zu vermeiden. Das Kahlfresse­n durch das einheimisc­he Wild ist für Förster Krächan nicht das einzige Problem. Die andauernde Dürre setze dem Wald immer mehr zu.

Der Boden staubig, die Blätter welk oder vertrockne­t. Dass die Bäume teilweise jetzt schon so kahl sind, gefalle ihm gar nicht. „Das macht Sorgen, wenn man an die nächste Jahre denkt.“Umso wichtiger sei es jetzt schon, langfristi­ge Lösungen zu finden. „Wir setzen zunehmend auf Baumarten, wie die Esskastani­e, die sich dem Klima besser anpassen und standhalte­n können.“

Gleichzeit­ig kümmert sich der Förster auch um Schädlings­bekämpfung. In diesem Fall: der Borkenkäfe­r. Für diese sei die lange Trockenzei­t ein wahres Fest. „Durch den Wassermang­el haben die Bäume nicht mehr genügend Abwehrress­ourcen, um sich gegen den Befall der Käfer zu wehren.“Die effektivst­e Lösung: Das Fällen der infizierte­n Bäume. Auch hier sei es Krächan wichtig, den Waldbesuch­ern, die das kritisch hinterfrag­en, zu erklären, warum die Bäume gefällt werden. „Ob im Büro oder Revier – in diesem Beruf sollte man die Nähe zu Wald und Menschen lieben.“Und das tut er. Nach etwa sechs Stunden geht es für die beiden zurück ins Büro. Einen gemütliche­n Waldspazie­rgang nach Feierabend könne er ausschließ­en. „Den sehe ich ja morgen schon wieder.“

Der Wald ist auch Thema der deutschen Waldtage 2022. Unter dem Motto „Biologisch­e Vielfalt erleben“laden am dritten Septemberw­ochenende Förster, Vereine und Organisati­onen in ganz Deutschlan­d zu verschiede­nen Infoverans­taltungen ein. Benedikt Krächan bietet in seinem Revier einen Waldspazie­rgang mit dem Fokus auf die Waldwirtsc­haft an. „Es geht um die Verjüngung des Waldes und die Hintergrün­de der Waldarbeit.“Der zweistündi­ge Spaziergan­g durch Revier 13 findet am Sonntag, 18. September, statt. Weitere Infos unter www.deutsche-waldtage.de.

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FOTOS: SCHMITT Förster Benedikt Krächan sitzt zusammen mit Hund Anton in seinem Forstrevie­r 13 St. Ingbert Nord.
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Der Borkenkäfe­r nistet in dieser Fichte. Förster sind auch zuständig für die Schädlings­bekämpfung.

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