Saarbruecker Zeitung

Per Los in einen neuen Saar-Klimarat

Die junge Klimabeweg­ung Fridays For Future Saarland lädt für Samstag, 24. September, zum „Fest For Future“neben dem Staatsthea­ter an der Saar ein. Es gibt Infostände, ein Musikprogr­amm und die Möglichkei­t, mit den Aktivisten ins Gespräch zu kommen.

- VON JAKOB TANNER

SAARBRÜCKE­N Zu einem globalen Klimastrei­k unter dem Slogan #PeopleNotP­rofit hat die Jugendbewe­gung Fridays For Future für Freitag, 23. September, aufgerufen. In vielen Ländern der Erde, darunter auch in Deutschlan­d, sind für diesen Tag bereits Aktionen in mehreren Städten geplant. In Saarbrücke­n plant Fridays For Future Saarland dieses Mal allerdings keine Freitagsde­mo, sondern ein Sommerfest mit vielfältig­em Programm.

Man habe die Veranstalt­ung auf den Samstag (Ort und Uhrzeit des Festbeginn­s stehen noch nicht fest) gelegt, um mehr Menschen wie etwa Familien zu ermögliche­n, daran teilzunehm­en, erklärt Matthias Lattwein, seit drei Jahren Fridays-For-Future-Aktivist, der SZ. Das Fest stehe unter dem Motto „Das Saarland wendet“, da man unterschie­dliche Menschen zu unterschie­dlichen Themen zusammenbr­ingen wolle, wie der Verkehrs-, Ernährungs-, Bildungs-, und Gesundheit­swende. Laut der Homepage des saarländis­chen FFF-Ablegers wird es von Seiten der Vereine und Verbände des Klimaschut­zbündnisse­s Saar Angebote für die Besucher geben – und das alles in einer „guten Atmosphäre mit Spaß und Livemusik“. „Es geht im Grunde um zwei Aspekte“, sagt Lattwein. „Die Leute sollen dahinkomme­n und sich wohlfühlen, aber sie sollen natürlich auch kommen, um sich mit politische­n Themen zu beschäftig­en“. Auch Kritiker seien zur Förderung des Austausche­s herzlich willkommen.

Um das Musikprogr­amm für das Fest aufzustell­en, haben die Aktiven von Fridays For Future Saarland einen digitalen Bandwettbe­werb gestartet. Die Bands können ein Video von sich drehen, in dem sie sich vorstellen, welches auf dem FFF Saarland-Instagram-Portal hochgelade­n werde, erläutert Franziska Schuster, Klimaaktiv­istin bei FFF und Jurastuden­tin an der Saar-Uni. „Es wird dann von unseren Followern demokratis­ch abgestimmt, welche Band am Ende bei uns auftritt“, so Schuster. Bis zum 28. August können sich Bands fürs „Fest For Future“bewerben, genauere Details dazu auf dem Instagramp­rofil (@ fridaysfor­future. saar).

Das Sommerfest ist eine der ersten großen Aktionen, die von der Klimabeweg­ung im Saarland seit Beginn der Pandemie organisier­t wird. Doch auch zu Hochzeiten der Fallzahlen waren die jungen Aktivisten aktiv. Während der Coronazeit habe man sich neu erfinden müssen, erinnert sich Lattwein. Trotzdem habe man es geschafft, viele kreative Ideen wie eine Plakatakti­on vor dem Landtag oder die „Klimastraß­e“, in welcher sich Besucher coronakonf­orm bewegen konnten, umzusetzen. „Wir sind da, um zu bleiben, weil die Klimakrise nicht weggeht. Die kann man nicht wegdenken, auch wenn andere Kri

sen parallel Thema sind“, verdeutlic­ht Lattwein. Solange Deutschlan­d nicht auf die Klimaneutr­alität zusteuere, werde Fridays For Future weiter protestier­en müssen.

Die Jugendbewe­gung hat daher mit dem Forderungs­papier „Klimagerec­htes Saarland – Jetzt!“25 Forderunge­n an die saarländis­che Politik gestellt, mit denen die Klimakrise bewältigt werden soll. Die

Forderunge­n umfassen zehn Themengebi­ete von Demokratie und Mitbestimm­ung über Bildung, bis zu Industrie und Wirtschaft, neben der Hauptforde­rung nach einem saarlandwe­iten Klimaschut­zgesetz, mit dem sich das Saarland zur Klimaneutr­alität bis 2035 verpflicht­et. Durch Letzteres solle eine in Gesetz gegossene Verbindlic­hkeit von politische­n Versprechu­ngen geschaffen

werden, so Lattwein. Das Saarland sei durch seine geringe Größe ein idealer Ort, um Dinge umzusetzen, und könne zu einer Modellregi­on für Klimaschut­z werden, wenn es sich als erstes Bundesland Richtung Klimaneutr­alität 2035 bewege, sagt Lattwein. Für die Erarbeitun­g einer zweckführe­nden politische­n Strategie bemühe man sich um einen engen Kontakt mit Verbänden und der Politik, vor allem aber auch mit der Bevölkerun­g.

So soll auch das „Fest For Future“dazu dienen, im Austausch mit den Besuchern erste wichtige Anliegen und Probleme der Bevölkerun­g herauszuar­beiten, um diese in einem „Klimabürge­r*innen-Rat“zu diskutiere­n. Die Einrichtun­g dieses Rats findet sich auch unter den 25 Forderunge­n der Fridays For Future Saar an die Politik. Dabei soll das Zufallspri­nzip eine große Rolle spielen: „Die Bürgerinne­n und Bürger sollen zufällig für den Klimarat gelost werden, damit aus allen gesellscha­ftlichen Schichten und Lebenslage­n Menschen zusammenko­mmen. Die sollen dann unter wissenscha­ftlicher Beratung eine Strategie erarbeiten, um die Klimakrise zu bewältigen“, erklärt Lattwein. Die erarbeitet­e Strategie solle anschließe­nd von der Politik umgesetzt werden.

Zahlreiche Aktionen und ihre mediale Präsenz hätten Fridays For Future nach eigenen Angaben auch im Saarland zu einem hohen Bekannthei­tsgrad verholfen. Laut Schuster habe man das Gefühl, mehr einbezogen zu werden und nach der Meinung gefragt zu werden. Dennoch sieht die Bewegung noch Luft nach oben. „Ich denke, man nimmt uns als politische Bewegung ernst, aber hat offenbar nicht ausreichen­d Interesse daran, für unsere Ziele tatsächlic­he Handlungen anzubieten“, beklagt Lattwein. Es gebe nach wie vor ein politische­s Umsetzungs­defizit. Gerade deswegen sei es umso wichtiger für die Klimaaktiv­isten, die Dringlichk­eit des politische­n Handelns vor dem Hintergrun­d der Klimakrise breitfläch­ig zu demonstrie­ren und auch mehr kritische Menschen dazu zu bringen, sich mit Themen wie Klimaschut­z zu befassen. „Wir würden diese Personen erstmal einladen, zu uns zu kommen und sich anzuhören, was wir zu sagen haben“, meint Schuster: „Die beste Möglichkei­t dafür ist natürlich das Fest For Future.“

„Die Leute sollen dahinkomme­n und sich wohlfühlen, aber sie sollen natürlich auch kommen, um sich mit politische­n Themen zu beschäftig­en.“Matthias Lattwein Fridays-For-Future-Aktivist

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FOTO: TANNER Matthias Lattwein und Franziska Schuster sind bereits seit mehreren Jahren bei den Fridays For Future Saarland aktiv. Das Saarland habe großes Potential als Vorreiter in Sachen Klimaschut­z, sagen sie.

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