Warum Backwaren bald teurer werden
Die saarländische Bäckerinnung rechnet mit Preiserhöhungen für Brot und Brötchen ab Oktober. Viele Betriebe könnten insbesondere die Energiekosten nicht mehr decken. Man wolle und könne aber nicht alle Kosten an die Kunden weitergeben. Deshalb denken viele Betriebe auch über eine Verringerung der Öffnungszeiten nach.
SAARBRÜCKEN Brot wird so langsam zu einem Luxusgut. Das räumt selbst die saarländische Bäckerinnung ein. Jeder kann beim Einkauf die Preissteigerungen der vergangenen Wochen für Brot und Brötchen beobachten. Und so manches Brot, das etwas mehr kostet, bleibt immer häufiger in den Regalen liegen, womit auch nach den Worten des Landesinnungsmeisters Hans-Jörg Kleinbauer niemandem gedient ist. Doch schon jetzt zeichne sich eine weitere Preisrunde ab, voraussichtlich im Oktober. Denn insbesondere die explosionsartig steigenden Gaspreise machen auch vor den Bäckereien nicht halt, wird Gas doch in großen Mengen in der Produktion gebraucht.
Die saarländischen Bäckereien, von denen es heute noch 160 mit rund 4000 Beschäftigten gibt, stünden zudem vor einem Dilemma. Auf der einen Seite stiegen die Kosten ständig, nicht nur für Energie, sondern auch für Rohstoffe wie etwa Getreide, aber auch die Lohnkosten. Alleine der Weizenpreis habe sich seit Ende 2021 verdoppelt, Molkereiprodukte sind bis zu 40 Prozent teurer geworden. Und Strom koste jetzt auch mehr. Auf der anderen Seite mache sich in der aktuellen Phase, in der jeder zu sparen versucht, die Konkurrenz durch die Discounter immer stärker bemerkbar, bei denen es viele Backwaren aus Automaten billiger gibt.
Die Bäcker setzten jedoch weiterhin alles daran, ihre eigenen Qualitätsstandards in der Produktion sowie bei der Vielzahl ihrer Produkte zu halten, betont Innungsmeister Kleinbauer. Man wolle keine Kunden an Discounter verlieren. Fallende Umsätze bei zugleich steigenden Kosten – darin bestehe für jeden Bäcker jetzt ein schwieriger Spagat. „Wir wollen nicht die Preistreiber im Handwerk sein, aber die Lage ist für uns sehr ernst“, sagt Kleinbauer.
Deshalb versuchten die Betriebe jetzt verstärkt, an anderen Kostenschrauben zu drehen. So müssten sich die Saarländer darauf einstellen, dass sich etwas bei den Öffnungszeiten ändern wird. „Ich rechne mit Anpassungen“, sagt der Landesinnungsmeister. So diskutierten die Mitgliedsbetriebe in der Innung darüber, häufiger an Nachmittagen und auch früher zu schließen. Das Hauptgeschäft werde meist am frühen Morgen gemacht, je nach Lage des Betriebes bis zu einem gewissen Grad nochmals am Abend während des Berufsverkehrs. Durch die Verringerung von Öffnungszeiten könnten die Betriebe einige Kosten einsparen, gibt Kleinbauer zu bedenken.
Zudem treibt den Innungsmeister noch ein anderer Punkt um. Man müsse auch darüber nachdenken, ob es weiterhin notwendig ist, Bäckereien sonntags zu öffnen. „Das muss nicht sein. Das ist ein Anspruch, der für viele Bäckereien nicht mehr lange haltbar ist“, zeigt sich Kleinbauer überzeugt. Im Saarland habe man sich seit vielen Jahren an diese Praxis gewöhnt. Doch
„Wir wollen nicht die Preistreiber im Handwerk sein, aber die Lage ist für uns sehr ernst.“Hans-Jörg Kleinbauer Landesinnungsmeister
angesichts der Kostensteigerungen und des anhaltenden Personalmangels in der Branche müsse auch diese Dienstleistung auf den Prüfstand gestellt werden. Man könne zumindest überlegen, ob eine Bäckerei, die am Sonntag öffnet, am Montag geschlossen bleibt. Oder ob man sich – sind mehrere Bäckereien an einem Ort vorhanden – möglicherweise darauf einigen kann, dass die eine Bäckerei am Sonntag öffnet und die andere dann am Montag. Oder man wechselt sich am Sonntag ab und könne auch auf diese Weise Kosten einsparen, ohne dass das für den Kunden direkt zu einer Verringerung des Angebotes führt.
Selbst innerhalb der Bäckereien sei man angesichts der stark steigenden Kosten bemüht, Arbeits
abläufe zu verändern. So versuche man zum Beispiel auch, die Backöfen zeitlich besser auszulasten, in dem man mehrere Produktgruppen, die zueinander passen, zeitgleich bearbeitet. Die Branche nutze jede Möglichkeit, Kosten intelligent zu senken, ohne gleich die Kunden damit zu belasten. Dennoch seien weitere Preiserhöhungen wohl nicht mehr zu vermeiden.
Große Sorgen macht sich die Innung zugleich über das Überleben der Vielfalt an Bäckereien und Produkten. Es werde immer schwerer, geeignetes Personal zu finden, „Menschen, die dazu bereit sind, früh aufzustehen und sich auch die Hände dreckig zu machen, in einer Backstube zu schwitzen“, sagt der Landesinnungsmeister. Wer diese
Bereitschaft weiter mitbringt, werde mit hoher Kreativität und viel Gestaltungsfreiheit belohnt. „Jeder, der mit seinen Händen gerne ein Produkt herstellt, mit eigenen Augen schnell sehen will was daraus wird, und zugleich auch ein kommunikativer Mensch ist, der ist bei uns gut aufgehoben. Brote werden mit Liebe gebacken. Das muss man wollen“, sagt Kleinbauer. „Ich empfehle das Bäckerhandwerk auch Frauen. Egal, ob sie in der Produktion arbeiten wollen oder auch im Verkauf.“An der Saar werden derzeit 96 Auszubildende zum Fachverkäufer sowie 52 zum Bäcker qualifiziert.
Die Zahl der Bäckereien im Saarland werde in den kommenden Jahren weiter abnehmen. Man könne aber nicht von einem Bäckereister
ben reden, sondern sei in einem Strukturwandel. Der Generationswechsel verlaufe nicht problemlos, da es heute immer schwieriger für einen Bäckereibetrieb wird, einen Nachfolger zu finden. Viele junge Menschen zögen in der heute schwierigen Zeit eine Festanstellung der Möglichkeit zur Selbstständigkeit vor.
Bundesweit kann man in Bäckereien derzeit rund 3500 Brotsorten kaufen. Während man im Norden stark auf Brot aus Roggen setzt, stünden die Verbraucher im Süden eher auf Erzeugnisse aus Weizen. Vor allem Mischbrot, Kornbrot, Dinkelbrot und Flute seien gefragt. Die derzeitige Sparbewegung in der Bevölkerung gehe am ehesten zu Lasten von Brot-Spezialitäten.