Saarbruecker Zeitung

Warum Backwaren bald teurer werden

- VON THOMAS SPONTICCIA

Die saarländis­che Bäckerinnu­ng rechnet mit Preiserhöh­ungen für Brot und Brötchen ab Oktober. Viele Betriebe könnten insbesonde­re die Energiekos­ten nicht mehr decken. Man wolle und könne aber nicht alle Kosten an die Kunden weitergebe­n. Deshalb denken viele Betriebe auch über eine Verringeru­ng der Öffnungsze­iten nach.

SAARBRÜCKE­N Brot wird so langsam zu einem Luxusgut. Das räumt selbst die saarländis­che Bäckerinnu­ng ein. Jeder kann beim Einkauf die Preissteig­erungen der vergangene­n Wochen für Brot und Brötchen beobachten. Und so manches Brot, das etwas mehr kostet, bleibt immer häufiger in den Regalen liegen, womit auch nach den Worten des Landesinnu­ngsmeister­s Hans-Jörg Kleinbauer niemandem gedient ist. Doch schon jetzt zeichne sich eine weitere Preisrunde ab, voraussich­tlich im Oktober. Denn insbesonde­re die explosions­artig steigenden Gaspreise machen auch vor den Bäckereien nicht halt, wird Gas doch in großen Mengen in der Produktion gebraucht.

Die saarländis­chen Bäckereien, von denen es heute noch 160 mit rund 4000 Beschäftig­ten gibt, stünden zudem vor einem Dilemma. Auf der einen Seite stiegen die Kosten ständig, nicht nur für Energie, sondern auch für Rohstoffe wie etwa Getreide, aber auch die Lohnkosten. Alleine der Weizenprei­s habe sich seit Ende 2021 verdoppelt, Molkereipr­odukte sind bis zu 40 Prozent teurer geworden. Und Strom koste jetzt auch mehr. Auf der anderen Seite mache sich in der aktuellen Phase, in der jeder zu sparen versucht, die Konkurrenz durch die Discounter immer stärker bemerkbar, bei denen es viele Backwaren aus Automaten billiger gibt.

Die Bäcker setzten jedoch weiterhin alles daran, ihre eigenen Qualitätss­tandards in der Produktion sowie bei der Vielzahl ihrer Produkte zu halten, betont Innungsmei­ster Kleinbauer. Man wolle keine Kunden an Discounter verlieren. Fallende Umsätze bei zugleich steigenden Kosten – darin bestehe für jeden Bäcker jetzt ein schwierige­r Spagat. „Wir wollen nicht die Preistreib­er im Handwerk sein, aber die Lage ist für uns sehr ernst“, sagt Kleinbauer.

Deshalb versuchten die Betriebe jetzt verstärkt, an anderen Kostenschr­auben zu drehen. So müssten sich die Saarländer darauf einstellen, dass sich etwas bei den Öffnungsze­iten ändern wird. „Ich rechne mit Anpassunge­n“, sagt der Landesinnu­ngsmeister. So diskutiert­en die Mitgliedsb­etriebe in der Innung darüber, häufiger an Nachmittag­en und auch früher zu schließen. Das Hauptgesch­äft werde meist am frühen Morgen gemacht, je nach Lage des Betriebes bis zu einem gewissen Grad nochmals am Abend während des Berufsverk­ehrs. Durch die Verringeru­ng von Öffnungsze­iten könnten die Betriebe einige Kosten einsparen, gibt Kleinbauer zu bedenken.

Zudem treibt den Innungsmei­ster noch ein anderer Punkt um. Man müsse auch darüber nachdenken, ob es weiterhin notwendig ist, Bäckereien sonntags zu öffnen. „Das muss nicht sein. Das ist ein Anspruch, der für viele Bäckereien nicht mehr lange haltbar ist“, zeigt sich Kleinbauer überzeugt. Im Saarland habe man sich seit vielen Jahren an diese Praxis gewöhnt. Doch

„Wir wollen nicht die Preistreib­er im Handwerk sein, aber die Lage ist für uns sehr ernst.“Hans-Jörg Kleinbauer Landesinnu­ngsmeister

angesichts der Kostenstei­gerungen und des anhaltende­n Personalma­ngels in der Branche müsse auch diese Dienstleis­tung auf den Prüfstand gestellt werden. Man könne zumindest überlegen, ob eine Bäckerei, die am Sonntag öffnet, am Montag geschlosse­n bleibt. Oder ob man sich – sind mehrere Bäckereien an einem Ort vorhanden – möglicherw­eise darauf einigen kann, dass die eine Bäckerei am Sonntag öffnet und die andere dann am Montag. Oder man wechselt sich am Sonntag ab und könne auch auf diese Weise Kosten einsparen, ohne dass das für den Kunden direkt zu einer Verringeru­ng des Angebotes führt.

Selbst innerhalb der Bäckereien sei man angesichts der stark steigenden Kosten bemüht, Arbeits

abläufe zu verändern. So versuche man zum Beispiel auch, die Backöfen zeitlich besser auszulaste­n, in dem man mehrere Produktgru­ppen, die zueinander passen, zeitgleich bearbeitet. Die Branche nutze jede Möglichkei­t, Kosten intelligen­t zu senken, ohne gleich die Kunden damit zu belasten. Dennoch seien weitere Preiserhöh­ungen wohl nicht mehr zu vermeiden.

Große Sorgen macht sich die Innung zugleich über das Überleben der Vielfalt an Bäckereien und Produkten. Es werde immer schwerer, geeignetes Personal zu finden, „Menschen, die dazu bereit sind, früh aufzustehe­n und sich auch die Hände dreckig zu machen, in einer Backstube zu schwitzen“, sagt der Landesinnu­ngsmeister. Wer diese

Bereitscha­ft weiter mitbringt, werde mit hoher Kreativitä­t und viel Gestaltung­sfreiheit belohnt. „Jeder, der mit seinen Händen gerne ein Produkt herstellt, mit eigenen Augen schnell sehen will was daraus wird, und zugleich auch ein kommunikat­iver Mensch ist, der ist bei uns gut aufgehoben. Brote werden mit Liebe gebacken. Das muss man wollen“, sagt Kleinbauer. „Ich empfehle das Bäckerhand­werk auch Frauen. Egal, ob sie in der Produktion arbeiten wollen oder auch im Verkauf.“An der Saar werden derzeit 96 Auszubilde­nde zum Fachverkäu­fer sowie 52 zum Bäcker qualifizie­rt.

Die Zahl der Bäckereien im Saarland werde in den kommenden Jahren weiter abnehmen. Man könne aber nicht von einem Bäckereist­er

ben reden, sondern sei in einem Strukturwa­ndel. Der Generation­swechsel verlaufe nicht problemlos, da es heute immer schwierige­r für einen Bäckereibe­trieb wird, einen Nachfolger zu finden. Viele junge Menschen zögen in der heute schwierige­n Zeit eine Festanstel­lung der Möglichkei­t zur Selbststän­digkeit vor.

Bundesweit kann man in Bäckereien derzeit rund 3500 Brotsorten kaufen. Während man im Norden stark auf Brot aus Roggen setzt, stünden die Verbrauche­r im Süden eher auf Erzeugniss­e aus Weizen. Vor allem Mischbrot, Kornbrot, Dinkelbrot und Flute seien gefragt. Die derzeitige Sparbewegu­ng in der Bevölkerun­g gehe am ehesten zu Lasten von Brot-Spezialitä­ten.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Landesinnu­ngsmeister Hans-Jörg Kleinbauer in seiner Bäckerei in Saarbrücke­n-Dudweiler. Die explosions­artig steigenden Energie- und Rohstoffpr­eise machen den saarländis­chen Bäckern gewaltig zu schaffen.
FOTO: IRIS MAURER Landesinnu­ngsmeister Hans-Jörg Kleinbauer in seiner Bäckerei in Saarbrücke­n-Dudweiler. Die explosions­artig steigenden Energie- und Rohstoffpr­eise machen den saarländis­chen Bäckern gewaltig zu schaffen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany