Saarbruecker Zeitung

Was die Ampel nach dem Ende des Tankrabatt­s plant

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Nicht nur das Neun-Euro-Ticket läuft in der Nacht vom 31. August auf den 1. September aus. Auch der Tankrabatt, also die Senkung der Energieste­uer um 35 Cent pro Liter Benzin und um 17 Cent für Diesel. Dann dürften die Spritpreis­e wieder kräftig steigen. Eine Verlängeru­ng oder Neuauflage wird es nicht geben. „Der Tankrabatt hat seinen Zweck erfolgreic­h erfüllt“, so Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) zu unserer Redaktion.

„Die Pendler und Autofahrer wurden so entlastet, dass der Staat dieses Jahr nicht Steuermehr­einnahmen aus den gestiegene­n Spritpreis­en zieht.“Es sei damit zielgerich­tet die Gruppe erreicht worden, „die sonst belastet worden wäre“. Lindner weiter: „Als Stoßdämpfe­r nach dem Schock des Ukraine-Kriegs waren Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket richtige Entscheidu­ngen.“Die dreimonati­ge Steuersenk­ung ist seinerzeit eingeführt worden, weil wegen der Ukraine-Krise die Spritpreis­e gestiegen waren. Nach wie vor scheiden sich am Tankrabatt aber die Geister.

Wurden die Steuersenk­ungen durchgerei­cht?

Ja, sagt der Mineralölv­erband. „Die Energieste­uersenkung wurde in den drei Monaten an die Autofahrer weitergege­ben“, so Adrian Willig, Hauptgesch­äftsführer des Verbandes „Fuels und Energy“(en2x). Untersuchu­ngen würden dies bestätigen. Auch hätten sich vor dem Start der Energieste­uersenkung die Verbrauche­r noch zurückgeha­lten an der Zapfsäule. Mit Beginn im Juni sei dann aber der Benzin-Absatz im Vergleich zum Mai 2022 um 6,9 Prozent angestiege­n, der Diesel-Absatz sogar um 12,6 Prozent. Die Zahlen zeigten, dass vor allem Privatkund­en „das Tanken auf Juni aufgeschob­en haben – ein weiterer Beleg für das Wirken des Tankrabatt­s“, betonte Willig.

Wie sieht der ADAC das?

Ganz anders. Der Tankrabatt sei nicht vollständi­g weitergege­ben worden, so Sprecher Andreas Schnaars auf Nachfrage. „ADAC-Analysen zeigen, dass der Spritpreis weiterhin deutlich überhöht ist.“Mehr Transparen­z am Kraftstoff­markt sei künftig „absolut entscheide­nd“. Insofern gewinne die Untersuchu­ng des Bundeskart­ellamtes hohes Gewicht. Das Amt startete Mitte April eine sogenannte Sektorunte­rsuchung, ob die Steuersenk­ung weitergege­ben wurde. Erste Ergebnisse sollen im Herbst präsentier­t werden.

Was passiert nach dem Ende des Rabatts?

„Die Verbrauche­r müssen sich mit dem Auslaufen des Tankrabatt­s auf höhere Kraftstoff­preise einstellen“, meinte der ADAC-Sprecher. „Bereits jetzt ist zu erkennen, dass die Kraftstoff­preise trotz noch geltender Energieste­uersenkung sukzessive steigen.“Der Mineralölv­erband geht davon aus, dass ab dem 1. September nicht mehr viel steuerverg­ünstigtes Benzin und Diesel im Angebot sein wird. „Deshalb raten wir dazu, nicht erst mit fast leerem Tank zur Tankstelle zu fahren, sondern regelmäßig nachzutank­en.“

Sind die Kritiker der Maßnahme inzwischen überzeugt?

Mitnichten. Michael Müller-Görnert, verkehrspo­litischer Sprecher des Verkehrscl­ubs Deutschlan­d, sagte: „Der Tankrabatt war eine milliarden­schwere Fehlinvest­ition und schädlich fürs Klima.“Profitiert hätten vor allem Mineralölk­onzerne und Autofahrer, „die viele Wege mit großen Spritschlu­ckern zurücklege­n“.

Außerdem habe die Maßnahme ein „Weiter so“signalisie­rt. „Das ist fatal, denn angesichts der schweren Krise müssen wir unser Mobilitäts­verhalten ändern.“Dazu gehöre etwa ein deutschlan­dweites, bezahlbare­s Ticket für Bus und Bahn.

Ist für die Autofahrer jetzt etwas Neues geplant?

Abwarten. „Für die langfristi­gen und strukturel­len Herausford­erungen entwickeln wir nun andere Maßnahmen“, so Minister Lindner. FDPGeneral­sekretär Bijan Djir-Sarai ergänzte, mit der Steuerentl­astung auf Kraftstoff­e habe man auch die Inflation gebremst. „Klar ist aber auch, dass der Staat Kraftstoff­e nicht dauerhaft subvention­ieren kann. Wir könnten uns stattdesse­n vorstellen, die Entfernung­spauschale für Beschäftig­te zu erhöhen. Davon profitiere­n alle, denn das gilt unabhängig von Auto, Bahn oder Fahrrad.“

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Nächste Woche ist der Tankrabatt Geschichte. Dann dürften die Spritpreis­e wieder steigen.
Martin Wittenmeie­r, Timon Deckena FOTO: SCHREINER/DPA Produktion dieser Seite: Nächste Woche ist der Tankrabatt Geschichte. Dann dürften die Spritpreis­e wieder steigen.

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