Mehr staatliche Hilfe gegen Waldbrände gefordert
Waldbesitzer und Feuerwehr warnen vor zunehmenden Waldbränden in Deutschland. Sie fordern ein gemeinsames Vorgehen aller Beteiligten – Bund und Länder eingeschlossen. Doch bislang fehlen abgestimmte Konzepte, wie Betroffene bemängeln.
BERLIN Es ist schon jetzt ein Sommer der Rekorde: Während die Temperaturen in den vergangenen Wochen vielerorts überdurchschnittlich hoch waren, fehlte es gleichzeitig an Regen – optimale Bedingungen für Waldbrände. Rund 700 000 Hektar Wald sind in diesem Jahr in der EU bereits verbrannt. Der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) beobachten diese Entwicklung mit Sorge. Sie warnen vor zunehmenden Waldbränden, die seit Jahren zu beobachten sind. Die Verbände sehen dringenden Handlungsbedarf von Bund, Ländern und Kommunen und fordern neben einem abgestimmten Vorgehen mehr Investitionen in die Ausrüstung für
die Waldbrandbekämpfung. Wie die Bundesregierung auf die immer häufiger auftretenden Waldbrände reagieren will, ist bislang offen.
Waldbesitzer-Präsident Andreas Bitter übt angesichts dessen scharfe Kritik an Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). „Die Waldbesitzer fragen sich, ob Minister Özdemir den Ernst der Lage erkannt hat“, sagte Bitter jüngst. Anstatt nun verstärkt in den Wald zu investie
ren, würden wichtige Finanzierungen gestrichen. Als Beispiel nannte Bitter die Förderung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, die ab 2023 um 25 Prozent gekürzt werden soll.
Dabei sind Waldbrände seit Beginn der Dürre im Jahr 2018 zu einem wachsenden Problem geworden. Zuletzt standen große Flächen in Sachsen und Branden
burg in Flammen. Auch der Brand im ausgetrockneten Grunewald in Berlin sorgte für Aufsehen, als ein Sprengplatz der Polizei in Brand geraten war. 3800 Hektar Wald sind laut AGDW in Deutschland in diesem Jahr bereits verbrannt. Die Arbeitsgemeinschaft bezifferte den bundesweit entstanden Schaden am Wald auf mindestens 20 bis 30 Millionen Euro – 28-mal höher als im letzten Jahr.
In den Ländern wird bereits reagiert. Beispiel Niedersachsen, das über große Waldflächen verfügt: „Die Waldbrandprävention und -bekämpfung besitzt vor dem Hintergrund häufigerer Waldbrände im Zuge der Trockenheit für das niedersächsische Ministerium für Landwirtschaft die höchste Relevanz“, sagte eine Sprecherin. Den Ländern obliege die Erstellung und Umsetzung konkreter Waldbrandschutzkonzepte, wie es
in Niedersachsen auch seit Jahren umgesetzt werde. Dazu gehöre zum Beispiel der seit Jahrzehnten praktizierte Umbau der Wälder hin zu weniger brennenden Mischwäldern. In Brandenburg, einem der trockensten Länder in der Bundesrepublik, sind neue Förderprogramme aufgelegt worden, um den Wald – wie in Niedersachsen – widerstandsfähiger zu machen. Seit August seien neue Förderrichtlinien zur Unterstützung des Privat- und Körperschaftswaldes möglich, wie ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums mitteilte. Die Förderbeträge wurden deutlich angehoben. Auch NRW hat kürzlich ein neues Konzept veröffentlicht, um Waldbränden vorzubeugen.
Doch ein gemeinsames Agieren von Bund, Ländern und Kommunen findet bislang nach Ansicht der Waldbesitzerverbände nicht ausreichend statt. Ein Problem, dem man sich in der Bundesregierung nun offenbar annehmen will. Die Bundesregierung unterstütze die Länder nach ihren Möglichkeiten beim Kampf gegen die Flammen, sagte Umweltministerin Steffi Lemke. „Langfristig wollen wir als Bundesumweltministerium naturnahe Waldökosysteme aufbauen, um sie robuster gegen die Folgen der Klimakrise zu machen“, erklärte die Grünen-Politikerin. Die Weiterentwicklung der Wälder zu naturnahen, klimaresilienten Ökosystemen sei ein wichtiger Baustein des Aktionsprogrammes Natürlicher Klimaschutz. „Die Waldbrände sind gefährlich für uns Menschen, wenn sie Siedlungen bedrohen, die Luft verschmutzen und CO2 freisetzen. Zugleich zerstören sie ganze Ökosysteme und ihre Funktionen: Die Waldbrände stören so die Speicherfunktion der Wälder für Wasser und Kohlenstoff massiv“, warnte Lemke.
„Die Waldbesitzer fragen sich, ob Minister Özdemir den Ernst der Lage erkannt hat.“Andreas Bitter Waldbesitzer-Präsident