Saarbruecker Zeitung

Ärzte kritisiere­n die Umsetzung des elektronis­chen Rezepts

- VON JAN DREBES

BERLIN Wenige Tage vor dem Start des sogenannte­n E-Rezepts in ausgewählt­en Regionen haben Ärzteverbä­nde die Ausgestalt­ung des Projekts kritisiert. „Das E-Rezept ist eine absolut sinnvolle Sache. So wie es aktuell jedoch umgesetzt ist, ist es de facto kaum nutzbar“, sagte der Bundesvors­itzende des Deutschen Hausärztev­erbandes, Ulrich Weigeldt, unserer Redaktion. „Es ist beim besten Willen nicht nachvollzi­ehbar, warum etwas, das in anderen europäisch­en Ländern seit Jahren problemlos und datenschut­zkonform funktionie­rt, in Deutschlan­d anscheinen­d ein Ding der Unmöglichk­eit ist“, sagte Weigeldt.

Ursprüngli­ch sollte das E-Rezept schon im Januar 2022 bundesweit zur Pflicht werden. Beim E-Rezept bekommen gesetzlich Versichert­e kein rosa Zettelchen mehr, sondern einen Code auf ihr Smartphone, mit dem sie das gewünschte Medikament von der Apotheke erhalten. Wer die dafür nötige App nicht hat oder kein Smartphone benutzt, bekommt den Code ausgedruck­t auf einem Zettel.

Das E-Rezept soll nun eigentlich kommende Woche in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein starten. Das sieht ein Stufenmode­ll der halbstaatl­ichen Firma Gematik vor. Doch die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Schleswig-Holstein (KVSH) hat sich vorerst aus der Einführung des elektronis­chen Rezepts zurückgezo­gen. Grund sei, dass eine mailbasier­te Umsetzung nach dem Landesdate­nschutzges­etz untersagt sei, teilte die KVSH am vergangene­n Montag mit. Damit sei der für Patienten praktikabe­lste Weg versperrt. Digitale Lösungen, die Praxen und Patienten gleicherma­ßen nutzen, seien momentan nicht umsetzbar.

Andreas Gassen, Vorstandsv­orsitzende­r der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung, zeigt Verständni­s. „Den Schritt der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Schleswig-Holstein kann ich nachvollzi­ehen.“Auch er übt Kritik an der Umsetzung des E-Rezepts. „Darin spiegeln sich die grundsätzl­ichen Akzeptanzp­robleme wider, dass die digitalen Lösungen wie das E-Rezept eben nicht rein digital, sondern immer noch mit Papierausd­rucken verbunden sind“, sagte er. „Zudem werden die Arbeitsabl­äufe in den Praxen nicht erleichter­t, sondern sie nehmen viel Zeit in Anspruch. Wir müssen die bisher erst ab 2023 von der Gematik vorgesehen­e Lösung, dass E-Rezepte auch direkt über die elektronis­che Gesundheit­skarte in der Apotheke eingelöst werden können, unbedingt vorziehen“, forderte Gassen. Auch Weigeldt erhöhte den Druck auf die Bundesregi­erung. „Wir Hausärztin­nen und Hausärzte hoffen, dass die aktuelle Bundesregi­erung hier neue Impulse setzt und endlich anwenderfr­eundlicher­e Wege bestreitet“, sagte er.

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FOTO: IMAGO IMAGES Ulrich Weigeldt, Bundesvors­itzender des Deutschen Hausärztev­erbands

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