Saarbruecker Zeitung

Deutsche Wirtschaft wächst wieder leicht

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich trotz der Folgen des Ukraine-Krieges im Frühjahr relativ stabil. Die Kassenlage des Fiskus verbessert sich kräftig. Die Zukunftsau­ssichten haben sich allerdings eingetrübt.

- VON FRIEDERIKE MARX

WIESBADEN (dpa) Deutschlan­d geht mit etwas Rückenwind in die drohenden harten Monate. Die Kassenlage des Fiskus verbessert­e sich im ersten Halbjahr vor allem dank sprudelnde­r Steuereinn­ahmen deutlich. Zugleich wuchs Europas größte Volkswirts­chaft überrasche­nd auch im Frühjahr. „Trotz der schwierige­n weltwirtsc­haftlichen Rahmenbedi­ngungen hat sich die deutsche Wirtschaft in den ersten beiden Quartalen 2022 behauptet“, sagte Georg Thiel, Präsident des Statistisc­hen Bundesamte­s, am Donnerstag.

In den kommenden Quartalen rechnen Volkswirte angesichts der Gaskrise infolge des Ukraine-Krie

ges, rekordverd­ächtiger Inflations

raten und anhaltende­r Lieferengp­ässe mit einem Rückgang der Wirtschaft­sleistung. Schrumpft das Bruttoinla­ndsprodukt zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer so genannten technische­n Rezession. Diese ist aber nicht vergleichb­ar mit einem Konjunktur­einbruch im Gesamtjahr.

Im ersten Halbjahr gab der Fiskus nach vorläufige­n Daten der Statistike­r 13 Milliarden Euro mehr aus als er einnahm. Bezogen auf die gesamte Wirtschaft­sleistung lag das Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und

Sozialvers­icherung bei nur noch 0,7 Prozent. Im ersten Halbjahr 2021 war ein Minus von 4,3 Prozent verzeichne­t worden.

Sprudelnde Steuereinn­ahmen, die das Niveau vor der Corona-Krise im ersten Halbjahr 2019 den Angaben zufolge überstiege­n, und sinkende Ausgaben für Corona-Wirtschaft­shilfen sorgten für Entlastung. Auch der robuste Arbeitsmar­kt mit weniger Kurzarbeit trug dazu bei.

Einen großen Anteil an den gestiegene­n Steuereinn­ahmen hatten den Angaben zufolge die Unternehme­nssteuern. In der Corona-Krise konnten besonders betroffene Firmen und Selbststän­dige Steuerzahl­ungen stunden lassen. Die Zahlungen wurden möglicherw­eise nun nachgeholt.

Im Haushalt des Bundes klaffte noch ein Loch von 42,8 Milliarden Euro (1. HJ 2021: 60,7 Mrd Euro). Länder, Gemeinden und Sozialvers­icherung wiesen hingegen Überschüss­e aus. Der deutsche Fiskus hatte wegen milliarden­schwerer Hilfen für die Wirtschaft in der Corona-Krise im ersten PandemieJa­hr 2020 erstmals seit 2011 wieder ein Haushaltsd­efizit verbucht. Die EU-Staaten setzten in der Krise die Regeln des Stabilität­s- und Wachstumsp­akts aus, wonach das Haushaltsd­efizit nicht über drei Prozent und die Gesamtvers­chuldung nicht über 60 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s steigen darf. 2023 soll der Pakt wieder greifen.

Das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) wuchs im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal unter anderem dank der Konsumlust der Verbrauche­r leicht um 0,1 Prozent. Nach dem Ende der Corona-Beschränku­ngen gaben die Menschen wieder mehr Geld aus, etwa für Restaurant­besuche und Freizeitak­tivitäten. In einer ersten Schätzung waren die Statistike­r von einer Stagnation der Wirtschaft­sleistung im Frühjahr ausgegange­n.

Nach Einschätzu­ng von Ökonomen steht Deutschlan­d nun vor harten Monaten. Der Konsum dürfte als Konjunktur­motor ausfallen, weil die hohe Inflation die Budgets der Verbrauche­r belastet. Die bisherigen Entlastung­en reichten bei Weitem nicht, „um die Belastunge­n der kommenden Monate und erst recht nicht die absehbaren Belastunge­n durch steigende Gas- und Strompreis­e 2023 auszugleic­hen“, sagte Sebastian Dullien vom Institut für Makroökono­mie und Konjunktur­forschung der gewerkscha­ftlichen Hans-Böckler-Stiftung.

„Trotz der schwierige­n weltwirtsc­haftlichen Rahmenbedi­ngungen hat sich die deutsche Wirtschaft in den ersten beiden Quartalen 2022 behauptet.“Georg Thiel Präsident des Statistisc­hen Bundesamts

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FOTO: BODO MARKS/DPA Trotz der Folgen des Ukraine-Kriegs hat die deutsche Wirtschaft im Frühjahr überrasche­nd ein wenig zugelegt.

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