Saarbruecker Zeitung

Abbrecher schüren Sorgen bei Saar-Polizei

Neue Details zu Nachwuchs-Problemen rufen die Vorsitzend­en der beiden Polizei- Gewerkscha­ften im Saarland auf den Plan. Der Polizei-Beruf sei nach dem Stellenabb­au nicht mehr attraktiv, kritisiere­n sie.

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Frauke Scholl

SAARBRÜCKE­N Aktuelle Zahlen, über die die SZ exklusiv berichtete, zeigen: Jeder sechste Kommissara­nwärter erreicht nicht das zweite Studienjah­r. Entweder brechen etliche diese Ausbildung ab. Oder der Dienstherr entlässt sie, weil sie aus verschiede­nen Gründen nicht für den Job als Polizist geeignet erscheinen.

Das überrascht David Maaß nicht im Geringsten. Hier setze sich eine seit Jahren andauernde Entwicklun­g fort, sagte der Chef der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP), am Donnerstag der SZ. Zudem sei die geringe Zahl derer alarmieren­d, die sich überhaupt für den Beruf interessie­ren. Immer weniger entschiede­n sich für die Polizeilau­fbahn.

Sein Kollege Sascha Alles von der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG) registrier­t sogar Abgänge bei Polizisten, die seit Jahren Dienst tun. Sie kündigten, um „oftmals lukrative Angebote in der freien Wirtschaft“wahrzunehm­en. Diese Wechsel „werden immer häufiger“, sagte Alles.

Grund dafür nach Maaß‘ Ansicht: „die nicht mehr vorhandene Attraktivi­tät der Arbeit bei der saarländis­chen Polizei“. Diese habe mit einem massiven Stellenabb­au begonnen. Da müsse das Innenminis­terium nun nachsteuer­n. Nur wenn die Ursachen bekannt sind, könne ein Programm aufgelegt werden, das den Job in ein besseres Licht rückt.

Darum forderte DPolG-Vorsitzend­er Alles „mindestens 150 Neueinstel­lungen“pro Jahr, um auch Abgänge wie Ruhestand und Jobwechsel nicht nur aufzufange­n, sondern auch den Stellenzuw­achs zu beschleuni­gen. Nur so sei „mittelfris­tig eine stabile Personalsi­tuation“zu erreichen. Ansonsten sei die Zahl von mindestens 2900 in den kommenden zehn Jahren nicht zu erreichen. Zurzeit sind es landesweit rund 2400 Polizisten.

Maaß, für die SPD im Landtag, wiederholt­e seine Forderunge­n, die Zulagen sowie die Besoldung zu verbessern. „Das fördert die Anerkennun­g für den Polizeidie­nst.“Gleichzeit­ig verlangte der Gewerkscha­fter, die Arbeitsbel­astung zu senken. „Jeder im Saarland kennt einen Polizisten. Wenn er ihn fragt, wie es auf der Arbeit ist, hört man oft nur, dass man nicht mehr aus den Stiefeln rauskommt.“

Deswegen müssten die durch Abbrecher frei werdenden Studienplä­tze „1:1 nachperson­alisiert“werden. Das bedeutet: Vakante Stellen dürften nicht einfach vor sich hergeschob­en werden. Ansonsten komme es durch diese außerplanm­äßigen Verluste zu einem zusätzlich­en Loch im Personalko­rsett der Polizei, „die bekannterm­aßen eh schon am personelle­n Krückstock geht“.

Nach Angaben des Saar-GdPChefs sollen im zurücklieg­enden

Jahr elf Anwärter ihr Studium hingeschmi­ssen haben oder entlassen worden sein. Zusätzlich müssten 18 das erste Studienjah­r wiederhole­n oder den Dienst wegen schlechter Leistungen quittieren.

Alles von der DPolG sieht einen Lösungsans­atz bei einem veränderte­n Einstellun­gsverfahre­n, dass auch den Weg für Bewerber mit Mittlerer Reife freimacht. Dafür lobt er Innenminis­ter Reinhold Jost (SPD).

Für die im Herbst geplanten Einstellun­gen gebe es kaum mehr geeignete Bewerber als die zu besetzende­n 130 Stellen, erklärte Maaß. Das sei einst anders gewesen. Bedeutend mehr junge Saarländer wollten Polizist werden. Wenn jetzt von ihnen noch welche aussteigen, werde es mit Nachrücker­n knapp, befürchtet Maaß.

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