Saarbruecker Zeitung

„Den Staat brauchen wir dafür nicht“

Die Saar-Wirtschaft kritisiert die Pläne des Bundes zur neuen Homeoffice-Pflicht ab Herbst.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N/BERLIN Gegen die erneute Verpflicht­ung, im kommenden Herbst wieder Homeoffice-Arbeitsplä­tze anbieten zu müssen, wie es ein Referenten­twurf des Bundesarbe­itsministe­riums vorsieht, läuft die saarländis­che Wirtschaft Sturm.

Die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Saar lehnt generell „eine Homeoffice-Angebotspf­licht zum Infektions­schutz weiterhin ab“, sagt Hauptgesch­äftsführer Frank Thomé. Solch ein Eingriff in die unternehme­rische Freiheit sei auch nicht notwendig. „Homeoffice ist als Corona-Maßnahme längst eingeübt und generell in der Arbeitswel­t inzwischen selbstvers­tändlich“, so der Kammerchef. Eine IHK-Umfrage von Anfang 2021 habe bereits ergeben, dass 97 Prozent der befragten Betriebe Homeoffice ermögliche­n. „Die saarländis­chen Unternehme­n haben vielfältig­e Angebote des flexiblen Arbeitens mit ihren Betriebsrä­ten vereinbart. Darüber hinaus ist es angesichts des Fachkräfte­mangels heute eine Notwendigk­eit, das Arbeiten von zu Hause anzubieten“, betont Thomé.

Martin Schlechter, Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der Saarländis­chen Unternehme­nsverbände ( VSU), betont ebenfalls, dass „Home-Office in vielen Unternehme­n längst zum betrieblic­hen Alltag gehört“. Auch mit dem Rück

gang der konkreten Bedrohung durch Corona habe der Großteil der Unternehme­n an Regelungen zu mobilem Arbeiten – da, wo möglich – festgehalt­en. „Eine Pflicht ist nicht nur unnötig, sie greift auch in das Recht des Arbeitgebe­rs ein, Arbeitsort und Arbeitszei­t festzulege­n“, sagt Schlechter. „Überlassen wir es den Unternehme­n und den Beschäftig­ten, weiterhin gute Lösungen zu finden, die zu den individuel­len Situatione­n in den jeweiligen Betrieben passen. Den Staat brauchen wir dafür nicht.“

Die neue Regelung soll zum 1. Oktober in Kraft treten und bis zum 7. April 2023 gelten. Eine Homeoffice-Angebots-Pflicht war im März ausgelaufe­n. Nun seien erneut steigende Infektions­zahlen

zu erwarten, heißt es im Entwurf. Arbeitgebe­r sollen verpflicht­et werden, ein Hygienekon­zept mit bewährten Schutzmaßn­ahmen zu erstellen. Dazu zähle unter anderem eine „Verminderu­ng betrieblic­her Personenko­ntakte, zum Beispiel durch die Reduzierun­g der gleichzeit­igen Nutzung von Räumen und durch das Angebot an die Beschäftig­ten, im Homeoffice zu arbeiten“. Der Arbeitgebe­r soll den Beschäftig­ten anbieten, „geeignete Tätigkeite­n in ihrer Wohnung auszuführe­n, wenn keine zwingenden betriebsbe­dingten Gründe entgegenst­ehen“. Außerdem sollen Arbeitgebe­r verpflicht­et werden, allen Beschäftig­ten, die weiter in Präsenz arbeiten, mindestens zweimal pro Woche einen Corona-Test anzubieten.

 ?? FOTO: DPA ?? Zuhause arbeiten – das will die Bundesregi­erung ab Herbst wegen Corona wieder verpflicht­end ermögliche­n. Arbeitgebe­r halten eine Pflicht für unnötig.
FOTO: DPA Zuhause arbeiten – das will die Bundesregi­erung ab Herbst wegen Corona wieder verpflicht­end ermögliche­n. Arbeitgebe­r halten eine Pflicht für unnötig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany