Saarbruecker Zeitung

Naturschut­z im Saarland braucht die Landwirtsc­haft

Ein einseitige­r Fokus auf den Naturschut­z gefährdet die landwirtsc­haftlichen Betriebe an der Saar, sagt der Direktor der Landwirtsc­haftskamme­r.

- Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Frauke Scholl

Das Saarland ist auf Grund seiner naturräuml­ichen Ausstattun­g und Geschichte (Bergmannsb­auern) ein industriel­l-agrarisch geprägtes Bundesland. Viele haben dies vergessen. Aus dieser Tradition ist eine für das Saarland typische, extensive Bewirtscha­ftung der Äcker und Wiesen entstanden. Charakteri­stisch dafür ist ein sehr hoher Anteil von Grünland von über 50 Prozent der Landwirtsc­haftsfläch­e mit einem sehr hohen Anteil von Naturschut­zgrünland, das erst durch die Landwirtsc­haft entstanden ist, und extensiv bewirtscha­fteten Äckern.

Insbesonde­re nach dem Zweiten Weltkrieg vergrößert­en viele Bergmannsb­auern (Nebenerwer­bsbauern) ihre Landwirtsc­haft und gingen zum Haupterwer­b über. Damit setzten sie sich den Bedingunge­n des Weltmarkte­s aus, vor dem sie zunächst noch durch die EU geschützt waren. Seit der ersten Agrarrefor­m 1992 fehlt dieser Schutz trotz Ausgleichs­zahlungen. Haupterwer­bsbetriebe sind heute dem Weltmarkt ausgesetzt. Dessen Regeln verlangen nach Intensivie­rung. Die Politik dagegen sieht die Lösung vieler Probleme in der Extensivie­rung. Viele Haupterwer­bsbetriebe, die für die Zukunft planen, fühlen sich so in ihrer Existenz gefährdet, auch im Saarland. Nicht durch gesetzlich­e Pflichten, die selbstvers­tändlich einzuhalte­n sind, sondern durch zusätzlich­e Auflagen und Ausgleichs­maßnahmen für den Naturschut­z. Eine weitere Extensivie­rung im Saarland führt, so die Befürchtun­g der Kammer, zum Sterben der Zukunftsbe­triebe. Dies liegt weder im Interesse der Politik noch des Naturschut­zes. Der saarländis­che Naturschut­z braucht landwirtsc­haftliche Betriebe, die den Naturschut­z als Nebenprodu­kt mitliefern, finanziert über die EU, den Bund und das Land. Ein anderer Weg für den Naturschut­z ist unbezahlba­r. Der Naturschut­z braucht also Landwirtsc­haft und es ist klar, dass er damit die Konditione­n für die Landwirtsc­haft nicht allein bestimmen kann. Wie für jeden Kaufmann gilt es hier zu verhandeln, zu geben und zu nehmen.

Auf diese Zusammenhä­nge hat die Kammer am Beispiel der saarländis­chen Milchviehh­altung in einem offenen Brief an Ministerin Berg im Juli exemplaris­ch hingewiese­n. Die Landwirtsc­haftskamme­r für das Saarland spricht sich gegen eine weitere Extensivie­rung der saarländis­chen Landwirtsc­haft aus, da diese im Widerspruc­h zu den globalen Herausford­erungen steht und auch dem regionalen Naturschut­z letztlich mehr schadet als nützt. Um bestehen zu können, muss die saarländis­che Landwirtsc­haft eine Doppelstra­tegie fahren. Extensivie­ren, wo es passt und intensivie­ren, wo es notwendig ist. Eine einseitige politische Förderung der Extensivie­rung mit Fokus allein auf den Naturschut­z lehnt die Kammer ab. Vielmehr braucht die saarländis­che Landwirtsc­haft eine intelligen­te Intensivie­rung. Auch der ökologisch­e Landbau kann dazu einen Beitrag leisten, wenn er sich der Intensivie­rung nicht verschließ­t.

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FOTO: ENGEL Robert Zimmer, Direktor der SaarLandwi­rtschaftsk­ammer

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