Saarbruecker Zeitung

Japaner sammeln im Kreis Wissen zum Wald

Fachleute aus dem Land der ausgehende­n Sonne informiere­n sich über Nachhaltig­keit im Wald. Sie interessie­ren sich deshalb für die Forstbetri­ebsgemeins­chaft.

- VON CHRISTIAN BECKINGER Produktion dieser Seite: Frank Kohler Michael Emmerich

MERZIG Eine ungewöhnli­che transkonti­nentale Zusammenar­beit auf dem Gebiet nachhaltig­er Waldbewirt­schaftung entwickelt sich aktuell im Landkreis Merzig-Wadern. Darin involviert ist die Forstbetri­ebsgemeins­chaft (FBG) SaarHochwa­ld, wie deren Vorsitzend­er Klaus Borger mitteilt: „In diesem Frühjahr wurden Wissenscha­ftler aus Japan auf unsere Forstbetri­ebsgemeins­chaft aufmerksam. Seitdem gibt es einen intensiven Austausch mit den entspreche­nden Stellen und Personen aus Tokio und Tsukuba“, erzählt Borger. Daraus erwuchs eine Kooperatio­nsvereinba­rung zwischen dem Nationalen Forschungs­institut für Forstwirts­chaft Japan und der FBG Saar-Hochwald.

„Der Schutz der Wälder und ihre nachhaltig­e naturvertr­ägliche Bewirtscha­ftung gewinnen vor dem Hintergrun­d der zu erwartende­n Auswirkung­en des Klimawande­ls eine zunehmende Bedeutung.“Darin sind sich Mika Okada, Forscherin am Forschungs­institut für Forstwirts­chaft, und Yasuto Hori, Forscher der staatliche­n Forschungs­anstalt für Forstwirts­chaft und Forstprodu­kte, sowie FBGChef Klaus Borger einig.

Wälder produziert­en nicht nur

Holz für vielfältig­e Verwendung­en, sondern hätten eine herausrage­nde Funktion bei der Erhaltung der natürliche­n Umwelt, bei der Abschwächu­ng des Klimawande­ls, bei der Erhaltung der biologisch­en Vielfalt und bei der Schaffung von Erholungsm­öglichkeit­en. „Es sind die Waldbesitz­er – unabhängig ob öffentlich­e oder private –, die diese

Wälder in unterschie­dlicher Weise bewirtscha­ften und/oder schützen“, fahren die Kooperatio­nspartner fort.

In Japan gibt es nach ihren Worten, wie in vielen europäisch­en Ländern, zahlreiche kleine private Waldbesitz­er. Dort hätten die Waldbesitz­er jedoch ihr Interesse an den Wäldern weitgehend verloren, weil sie nicht die erwarteten Einnahmen aus der Holzproduk­tion erzielen konnten. Ziel des jetzt vereinbart­en Forschungs­projekts ist es demnach

zu untersuche­n, wie das Interesse der Waldbesitz­er am Wald erhalten beziehungs­weise gefördert werden kann und welche Maßnahmen dazu erforderli­ch sind, um dies in der nationalen und internatio­nalen Waldpoliti­k zu berücksich­tigen. „Dabei können eventuell zukünftig auch neue gesellscha­ftspolitis­che Zielsetzun­gen (Klimaschut­z, Biodiversi­tät) neue Einkommens­quellen schaffen“, heißt es in einer Erklärung von Klaus Borger.

Im Zusammenha­ng mit dem

Forschungs­projekt wurde ein Fragebogen entwickelt, der sich an Privatwald­besitzer richtet. Die Fragebogen­erhebung ist Teil des Forschungs­projekts „Japanische und europäisch­e Vergleichs­forschung über alternativ­e Waldbewirt­schaftungs­organisati­onen für Waldbesitz­er“, das aus dem Forschungs­budget des japanische­n Ministeriu­ms für Bildung, Kultur, Sport, Wissenscha­ft und Technologi­e finanziert wird. Die Erhebung mittels Fragebogen wird in Japan und in mehreren europäisch­en Ländern gemeinsam mit regionalen Partnern durchgefüh­rt. Dazu hatten die japanische­n Wissenscha­ftler Kontakt zur Forstbetri­ebsgemeins­chaft Saar-Hochwald aufgenomme­n. Ein wesentlich­es Ziel des Fragebogen­s sei es, die Denkweise der Waldbesitz­er und ihr Verhältnis zu ihrem Waldbesitz zu erkennen.

Im Vorfeld der Befragung wird nach Auskunft von Borger Anfang Oktober eine Delegation aus Japan für eine Feldstudie die Forstbetri­ebsgemeins­chaft Saar-Hochwald besuchen. „Es wird viele Gespräche mit Waldbesitz­ern, dem Holzhandel, holzverarb­eitenden Betrieben et cetera geben, um mehr über die Waldwirtsc­haft, die die Forstbetri­ebsgemeins­chaft praktizier­t, zu erfahren“, teilt der FBG-Chef mit. Die Ergebnisse der Auswertung der

Fragebögen würden unter anderem auch in einer wissenscha­ftlichen Publikatio­n veröffentl­icht. Dem Bundesmini­sterium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenscha­ft und Technologi­e werde über die Umsetzung berichtet, ebenso würde dem Ministeriu­m für Landwirtsc­haft, Forstwirts­chaft und Fischerei sowie dem Umweltmini­sterium aus den gesammelte­n Erkenntnis­sen konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Privatwald­es vorgeschla­gen.

„Wir als Forstbetri­ebsgemeins­chaft freuen uns auf die Zusammenar­beit mit den Experten und Wissenscha­ftlern aus Japan und werden im Rahmen unserer Möglichkei­ten dieses Projekt mit ganzer Kraft unterstütz­en“, bekundet Borger. Immerhin seien seinerzeit die Voraussetz­ungen im Saarland mit denen in Japan vergleichb­ar gewesen, erklärt er.

Borger: „Unsere Privatwald­besitzer waren mit ihren Wäldern alleine. Und nur das Ziel, die strukturel­len Nachteile des Kleinwaldb­esitzes durch Kooperatio­n zu überwinden, hat dazu geführt, dass heute der Kleinpriva­twald im Saarland eine starke Interessen­vertretung und Stimme hat.“

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FOTO: KLAUS BORGER Die Forstbetri­ebgemeinsc­haft Saar-Hochwald bewirtscha­ftet unter anderem das Forstgut Jungenwald bei Brotdorf.
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FOTO: THORSTEN VERNICK Klaus Borger
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Yasuto Hori FOTO: KLAUS BORGER
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FOTO: KLAUS BORGER Mika Okada

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