Japaner sammeln im Kreis Wissen zum Wald
Fachleute aus dem Land der ausgehenden Sonne informieren sich über Nachhaltigkeit im Wald. Sie interessieren sich deshalb für die Forstbetriebsgemeinschaft.
MERZIG Eine ungewöhnliche transkontinentale Zusammenarbeit auf dem Gebiet nachhaltiger Waldbewirtschaftung entwickelt sich aktuell im Landkreis Merzig-Wadern. Darin involviert ist die Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) SaarHochwald, wie deren Vorsitzender Klaus Borger mitteilt: „In diesem Frühjahr wurden Wissenschaftler aus Japan auf unsere Forstbetriebsgemeinschaft aufmerksam. Seitdem gibt es einen intensiven Austausch mit den entsprechenden Stellen und Personen aus Tokio und Tsukuba“, erzählt Borger. Daraus erwuchs eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Nationalen Forschungsinstitut für Forstwirtschaft Japan und der FBG Saar-Hochwald.
„Der Schutz der Wälder und ihre nachhaltige naturverträgliche Bewirtschaftung gewinnen vor dem Hintergrund der zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels eine zunehmende Bedeutung.“Darin sind sich Mika Okada, Forscherin am Forschungsinstitut für Forstwirtschaft, und Yasuto Hori, Forscher der staatlichen Forschungsanstalt für Forstwirtschaft und Forstprodukte, sowie FBGChef Klaus Borger einig.
Wälder produzierten nicht nur
Holz für vielfältige Verwendungen, sondern hätten eine herausragende Funktion bei der Erhaltung der natürlichen Umwelt, bei der Abschwächung des Klimawandels, bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt und bei der Schaffung von Erholungsmöglichkeiten. „Es sind die Waldbesitzer – unabhängig ob öffentliche oder private –, die diese
Wälder in unterschiedlicher Weise bewirtschaften und/oder schützen“, fahren die Kooperationspartner fort.
In Japan gibt es nach ihren Worten, wie in vielen europäischen Ländern, zahlreiche kleine private Waldbesitzer. Dort hätten die Waldbesitzer jedoch ihr Interesse an den Wäldern weitgehend verloren, weil sie nicht die erwarteten Einnahmen aus der Holzproduktion erzielen konnten. Ziel des jetzt vereinbarten Forschungsprojekts ist es demnach
zu untersuchen, wie das Interesse der Waldbesitzer am Wald erhalten beziehungsweise gefördert werden kann und welche Maßnahmen dazu erforderlich sind, um dies in der nationalen und internationalen Waldpolitik zu berücksichtigen. „Dabei können eventuell zukünftig auch neue gesellschaftspolitische Zielsetzungen (Klimaschutz, Biodiversität) neue Einkommensquellen schaffen“, heißt es in einer Erklärung von Klaus Borger.
Im Zusammenhang mit dem
Forschungsprojekt wurde ein Fragebogen entwickelt, der sich an Privatwaldbesitzer richtet. Die Fragebogenerhebung ist Teil des Forschungsprojekts „Japanische und europäische Vergleichsforschung über alternative Waldbewirtschaftungsorganisationen für Waldbesitzer“, das aus dem Forschungsbudget des japanischen Ministeriums für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie finanziert wird. Die Erhebung mittels Fragebogen wird in Japan und in mehreren europäischen Ländern gemeinsam mit regionalen Partnern durchgeführt. Dazu hatten die japanischen Wissenschaftler Kontakt zur Forstbetriebsgemeinschaft Saar-Hochwald aufgenommen. Ein wesentliches Ziel des Fragebogens sei es, die Denkweise der Waldbesitzer und ihr Verhältnis zu ihrem Waldbesitz zu erkennen.
Im Vorfeld der Befragung wird nach Auskunft von Borger Anfang Oktober eine Delegation aus Japan für eine Feldstudie die Forstbetriebsgemeinschaft Saar-Hochwald besuchen. „Es wird viele Gespräche mit Waldbesitzern, dem Holzhandel, holzverarbeitenden Betrieben et cetera geben, um mehr über die Waldwirtschaft, die die Forstbetriebsgemeinschaft praktiziert, zu erfahren“, teilt der FBG-Chef mit. Die Ergebnisse der Auswertung der
Fragebögen würden unter anderem auch in einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht. Dem Bundesministerium für Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie werde über die Umsetzung berichtet, ebenso würde dem Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei sowie dem Umweltministerium aus den gesammelten Erkenntnissen konkrete Maßnahmen zur Stärkung des Privatwaldes vorgeschlagen.
„Wir als Forstbetriebsgemeinschaft freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den Experten und Wissenschaftlern aus Japan und werden im Rahmen unserer Möglichkeiten dieses Projekt mit ganzer Kraft unterstützen“, bekundet Borger. Immerhin seien seinerzeit die Voraussetzungen im Saarland mit denen in Japan vergleichbar gewesen, erklärt er.
Borger: „Unsere Privatwaldbesitzer waren mit ihren Wäldern alleine. Und nur das Ziel, die strukturellen Nachteile des Kleinwaldbesitzes durch Kooperation zu überwinden, hat dazu geführt, dass heute der Kleinprivatwald im Saarland eine starke Interessenvertretung und Stimme hat.“